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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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musterte mich, überlegte und trat dann zurück. »Aber keine komischen Mätzchen«, warnte sie mich. »Ich bin nie komisch«, erwiderte ich.
    Ich folgte ihr durch die kleine Diele und sah zu, wie sie ein Martiniglas von einem kleinen Beistelltisch nahm. »Ich habe mir gerade einen Drink gegönnt, falls Sie auch einen möchten...«
    »Im Moment nicht, vielen Dank.«
    Wir betraten ein Wohnzimmer, das komplett in Weiß eingerichtet war: abgetreten wirkender weißer Nylonvelours-Teppichboden, weiße Nylongardinen, weiße Kunstledersofas und ein Sessel mit weißem Vinylbezug. Es war nur eine Lampe eingeschaltet, und das Licht, das durch die Vorhänge drang, wurde durch den Regen gedämpft. Der Raum kam mir feucht vor. Auf dem Couchtisch aus Glas und Chrom standen ein großer Strauß weißer Lilien und ein Krug Martini-Cocktails. Daneben lagen mehrere Exemplare des Architectural Digest und die neueste Ausgabe von Modern Maturity. Olgas Blick fiel ungefähr im gleichen Moment darauf wie meiner. Ungeduldig beugte sie sich vor. »Die gehört meiner Freundin. Ich finde diese Hefte wirklich gräßlich. Sowie man fünfzig wird, fängt der Rentnerbund an, einen als Mitglied ködern zu wollen. Dabei bin ich noch längst nicht im Rentenalter«, versicherte sie mir. Sie schenkte sich einen weiteren Drink ein und gab Oliven dazu, die sie aus einer kleinen Schale daneben nahm. Begeistert leckte sie sich die Fingerspitzen. »Die Oliven sind das Beste daran«, meinte sie. Mir fiel auf, dass ihre Fingernägel sehr lang und dick waren, dick genug, um Acrylnägel oder schlecht gemachte Auflagen aus Seidenfaser vermuten zu lassen. »Was sind Sie von Beruf?« fragte ich. Sie bot mir einen Platz am einen Ende der Couch an, während sie sich ans andere Ende setzte und den Arm über der Rücklehne ausstreckte. »Ich bin Kosmetikerin, und falls es Ihnen nichts ausmacht ...«
      Ich hielt eine Hand in die Höhe. »Geben Sie mir keine Schönheitstips. Ich kann nichts damit anfangen.«
    Sie lachte, ein erdiges, gutturales Geräusch, das ihre Brüste zum Wackeln brachte. »Ein Versuch kann nie schaden. Falls Sie je Lust auf ein neues Styling haben, rufen Sie mich einfach an. Ich könnte aus Ihrem Haarwust etwas Sagenhaftes machen. So, was ist das jetzt für eine Geschichte mit Alfie? Ich dachte, er hätte seine Probleme ein für allemal hinter sich, der Ärmste.«
    Ich erklärte ihr, was für einen Auftrag ich hatte, wobei ich annahm, sie als Witwe würde Verständnis dafür aufbringen, dass sich Selma Newquist über den seelischen Zustand ihres Mannes in den Wochen vor seinem Tod Gedanken machte.
    »An den Namen Newquist kann ich mich erinnern. Das ist der, der zwei Wochen nach Alfies Verschwinden bei mir angerufen hat. Er meinte, es sei wichtig, aber soweit ich es beurteilen kann, war es gar nicht dringend. Ich habe ihm erzählt, dass sich Alfie noch irgendwo herumtreibt und ich ihn gern suchen würde, wenn er mir ein oder zwei Tage Zeit ließe.«
    »Wie lange war Alfie hier?«
    »Zwei Tage, vielleicht drei. Ich lasse keinen meiner Exmänner länger bleiben. Sonst schlagen die Kerle alle naselang ihr Lager auf meiner Türschwelle auf. Die wollen doch alle das gleiche.« Sie hob die rechte Hand und hakte die einzelnen Posten ab, während sie sie aufzählte. »Sie wollen Sex, die Wäsche gemacht haben und ein paar Scheine in die Tasche gesteckt kriegen, bevor man sie wieder davonschickt.«
    »Was hat Alfie dazu veranlaßt, aus dem Gramercy auszuziehen?«
    »Ich hatte den Eindruck, dass er nervös war. Außerdem kam er mir schreckhaft vor, aber er hat mir nicht verraten, warum. Alfie ist schon immer ruhelos gewesen, aber ich würde sagen, er hat einen Ort gesucht, an dem er sich verkriechen konnte. Ich glaube, er hoffte, sich auf Dauer hier niederlassen zu können, aber das wollte ich nicht. Ich versuchte ihn von längerfristigen Plänen abzuhalten. Er war ein reizender Mann, ein richtiger Schatz. Er war zwanzig Jahre jünger als ich, obwohl man das nie gesehen hätte. Acht Jahre lang waren wir verheiratet. Natürlich war er die meiste Zeit davon im Gefängnis, deshalb hat es ja auch so lange gehalten.« »Weshalb war er im Gefängnis?«
    Sie winkte ab. »Es war nie irgend etwas Großes - ungedeckte Schecks oder Bagatelldiebstahl oder öffentliche Trunkenheit. Manchmal auch Schlimmeres, deshalb kam er ja in den Bau. Aber nichts Gewalttätiges. Keine Straftaten gegen Personen. Sein Problem war, dass er nie herausfand, wie er das System überlisten

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