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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Todeszeitpunkt bei Ritter?« »Oh, er muß nach Kirchners Schätzung fünf Jahre dort gelegen haben. Eine Benzinrechnung unter seinen Sachen trug ein Datum vom April 1981. Der Tankwart kann sich an alle beide erinnern.«
    »Eine ziemlich große Lücke zwischen beiden Todesfällen«, sagte ich. »Ist Ihnen je ein solcher Tathergang untergekommen?«
    »Nur im Lehrbuch. Das macht es ja so seltsam. Sehen Sie sich das mal an.« Er griff hinter sich und zog einen dünnen, übergroßen Band aus dem untersten Regalbrett. »Tomio Watanabes Atlas der Rechtsmedizin. Zum ersten Mal 1968 veröffentlicht, in Japan gedruckt, daher heute schwer zu bekommen.« Er blätterte bis zu einem Abschnitt über Strangulierungen und drehte das Buch dann um, damit ich hineinsehen konnte. Zu sehen waren Fotografien japanischer Selbstmordopfer, die offenbar von verschiedenen Polizeirevieren und gerichtsmedizinischen Instituten in Japan stammten. Eine junge Frau hatte den Hals in eine Astgabel eines Baumes gequetscht und sich so die Halsschlagader abgedrückt. Eine andere Frau hatte eine doppelte Schlinge in einen langen Strick geschlungen, ihn sich um den Hals gelegt, anschließend die Füße durchgestreckt und so eine Erdrosselung durch Abbinden erzielt. Bei der Methode, auf die sich Dr. Yee bezog, hatte ein Mann einen Strick um einen Stein gebunden und diesen auf einen Stuhl gelegt. Dann schlang er sich diesen Strick um den Hals, setzte sich mit dem Rücken zur Stuhllehne hin und kippte den Stuhl nach vorn, so dass der Stein herunterrollte und ihn strangulierte. Ich studierte die Fotos auf den nächsten Seiten, die in allen Einzelheiten den Erfindungsreichtum dokumentierten, mit dem Menschen ihrem Leben ein Ende setzten. In jedem einzelnen Fall blickte ich auf das Gesicht der Verzweiflung. Ich sah einen Moment zu Boden und ließ das Szenario in meinem Kopf ablaufen wie einen Film. »Es kann nicht sein, dass sich zwei Männer an weit entfernt liegenden Orten in Kalifornien unabhängig voneinander die gleiche Methode haben einfallen lassen.«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte ich. »Trotzdem ist es angesichts der Tatsache, dass sie befreundet waren, möglich, dass sie gehört haben, wie jemand diese Technik beschrieben hat. Wenn man Selbstmord begehen will, ist das Schöne an dieser Methode, dass es kein Zurück mehr gibt, wenn man erst einmal den Stein durch die Astgabel gerollt hat. Außerdem tritt der Tod relativ schnell ein; zwar nicht sofort, aber man verliert innerhalb einer Minute oder schneller das Bewußtsein.«
    »Und das sind die einzigen beiden Todesfälle dieser Art, von denen Sie wissen?«
    »Allerdings. Ich glaube nicht, dass es eine Serie gibt, aber diese beiden müssen zusammenhängen.«
    »Wie haben Sie von Ritters Tod erfahren?«
    »Durch Newquist. Er wußte über Ritter Bescheid, seit dessen Leichnam im März vergangenen Jahres entdeckt worden war. Als ein Wanderer auf Toth stieß, meldete er es im Sheriffbüro, und von dort aus wurde wegen des ähnlichen Tathergangs Nota Lake verständigt.« »Wäre es denkbar, dass Toth seinen Freund Ritter ermordet hat, es wie Selbstmord statt Mord aussehen lassen wollte und sich schließlich selbst auf die gleiche Weise umgebracht hat? Darin läge doch eine gewisse Ironie.« »Möglich«, sagte er zweifelnd. »Aber worauf wollen Sie hinaus? Toth begeht einen Mord, und es vergehen fünf Jahre, bevor ihn plötzlich die Schuldgefühle übermannen?«
    »Klingt nicht besonders einleuchtend, oder?« sagte ich als Reaktion auf seinen Tonfall. »Ich habe mit seiner Exfrau gesprochen, und ihren Aussagen zufolge hat er sich nicht wie ein Mann mit massiven Depressionen benommen.« Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor Dreiviertel fünf. »Aber jetzt will ich Sie nicht länger stören. Vielen Dank für die Informationen. Sie waren mir eine große Hilfe.«
    »Gern geschehen.«

17
    Als ich um fünf nach Hause kam, brannte in Henrys Küche Licht, und er saß mit einem Karteikasten vor sich am Küchentisch. Ich klopfte an die Scheibe, und er winkte mich herein. »Schenk dir eine Tasse Tee ein. Ich habe gerade eine Kanne gekocht.«
    »Danke.« Ich nahm mir einen sauberen Becher vom Abtropfbrett und goß mir Tee ein. Dann setzte ich mich an den Küchentisch und sah Henry bei der Arbeit zu.
    »Das sind Rabattscheine. Eine neue Leidenschaft von mir, für den Fall, dass du dich wunderst«, sagte er. Henry war seit jeher ein begeisterter Sparer und setzte sich Tag für Tag mit der Lokalzeitung hin, um in

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