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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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mehlige Substanz zum Vorschein, die derart beißend war, dass man davon Nasenbluten bekam. Streunende Katzen verfielen beim Kontakt damit in heftige Hustenanfälle. Ausgebüxte Hunde begannen plötzlich im Kreis herumzutorkeln, als hätten sie neurologische Ausfallserscheinungen. Natürlich hatte der Besitzer des Geländes kein Interesse daran, die Hunderttausende von Dollars lockerzumachen, die nötig gewesen wären, um diesen Höllenschlund von vergiftetem Erdreich auszubaggern, doch schließlich war die Umweltschutzbehörde eingeschritten, und nun war der Parkplatz aufgerissen worden, damit man versuchen konnte, den gesamten kontaminierten Boden abzutragen. Dabei hatte man zahlreiche Artefakte der Chumash-Indianer gefunden, und plötzlich war das Gelände zum Zankapfel zwischen verschiedenen Parteien geworden: dem Stamm, dem Grundstücksbesitzer, der Stadt und den Archäologen. Diese Streitigkeiten nahmen derartig komplexe Ausmaße an, dass nicht mehr zu überblicken war, wer auf wessen Seite stand.
    Es war ein Beleg für die Loyalität der Gäste, dass sie monatelang weiter über diesen übel riechenden Boden getrottet waren, Umwege und Unannehmlichkeiten erduldet sowie Mahnwachen, offizielle Warnschilder, Protestplakate, giftige Dämpfe, verklebte Schuhe und gelegentliche Stürze über sich hatten ergehen lassen, nur um zu ihrem täglichen Drink zu kommen. Der Parkplatz war jetzt eingezäunt, und der Zugang zur Eingangstür bestand aus einem schmalen Plankenweg, der die ganze Strecke überbrückte. Als ich mich der Kneipe näherte, fühlte ich mich wie eine Turnerin, die auf dem Schwebebalken einem schlecht koordinierten Absprung entgegen eiert.
    Das rote Neonschild über dem Eingang zischte und knisterte immer noch wie ein Anti-Mücken-Licht im Garten, und die Luft, die herauswaberte, roch nach Zigarettenrauch und im Fett von letzter Woche frittierten Mais-Tortillas. Ein kreischendes Duett zweier Mixermotoren wurde vom Kastagnettenklang klirrender Eiswürfel begleitet, die mit Tequila und Margarita-Mixtur verquirlt wurden. Das Caliente Cafe macht jeden Morgen um sechs Uhr auf und schließt erst gegen zwei Uhr nachts. Ein weiterer seiner Vorzüge besteht darin, dass es knapp jenseits der Stadtgrenze liegt und daher für Polizisten, die ihren Dienst hinter sich haben und am Ende eines harten Tages – oder nach dem Mittagessen oder Frühstück – Entspannung brauchen, ein stets erreichbares Refugium abgibt. Ich muss gestehen, dass ich, als ich über die Schwelle trat, hoffte, Cheney Phillips zu begegnen, einem Polizisten vom Drogendezernat Santa Teresa. Zwar war aus unserer langen Bekanntschaft nie eine Affäre geworden – zum Beispiel weil er eine Freundin hatte –, aber man konnte ja immer hoffen. Gerüchten zufolge hatten sich die beiden getrennt, also dachte ich mir, es könne nicht schaden, mich mal sehen zu lassen.
    Angefacht wurde mein Interesse zum Teil dadurch, dass ich seit Monaten nichts mehr von Robert Dietz gehört hatte. Er ist Privatdetektiv im Halb-Ruhestand und hat 1983 als mein Bodyguard fungiert, als ein Billigkiller auf mich angesetzt worden war. Seitdem ist unsere Beziehung gleichermaßen intensiv wie sporadisch, mit langen, unerklärlichen Intervallen zwischen den einzelnen Besuchen. Erst vor zwei Wochen hatte ich ihn in Carson City, Nevada, angerufen und eine Nachricht auf seinem Band hinterlassen. Bislang hatte er sich nicht dazu aufgerafft, mich zurückzurufen, was bedeutete, dass er entweder verreist war oder sich eine andere angelacht hatte. Obwohl ich tierisch auf Dietz stand, hatte ich ihn nie als meinen Verehrer, meinen festen Freund, meinen Lebensgefährten oder meine Beziehung (was auch immer das heißen mag) gesehen. Ja, sicher, Dietz und ich hatten im Laufe der letzten vier Jahre einiges miteinander angestellt, aber es gab keinerlei Verpflichtungen zwischen uns und weder er noch ich hatten dem anderen irgendetwas versprochen. Natürlich kränkte mich sein Schweigen ein wenig, aber es war genauso meine eigene Schuld.
    Dolan saß an der Bar. Er trug eine abgewetzte Bomberjacke aus braunem Leder. Ich blieb kurz stehen, um die Gäste zu mustern und sah, wie sein Blick in meine Richtung wanderte. Dolan war schon so lange Polizist, dass er seine Umgebung zwangsläufig im Auge behielt und permanent Gesichter taxierte, während er darauf hoffte, eines zu entdecken, das zu einem der Verbrecherfotos passte, die über seinen Schreibtisch gewandert waren. Ob er im Dienst ist oder nicht

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