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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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sie sie mir tatsächlich zuschicken würde. Seite für Seite blätterte ich den schweren schwarzen Karton um, auf dem die Bilder mithilfe von Fotoecken befestigt waren. Manche Fotos hatten sich gelöst und klemmten nun im Buchrücken. Unter jedes Bild hatte jemand mit weißer Tinte etwas zu Bildinhalt, Datum und Anlass geschrieben. Da waren sie. Alle. Meine Mutter. Verschiedenste Onkel und Tanten. Die Hochzeit meines Großvaters Kinsey und meiner Großmutter Cornelia Straith LeGrand. Säuglinge in weißen Taufkleidern. Gruppenfotos mit Cousinen, Dienstboten und Familienhunden. Auf den meisten waren die Mienen feierlich und die Posen so steif, als hätten sich Papierpuppen auf den Seiten versammelt. Ein Weihnachtsfest auf der Ranch, bei dem sich alle vor einer gigantischen Föhre versammelt hatten, die mit Christbaumschmuck, Girlanden und Lichtern behängt war. Ein sommerliches Picknick neben dem Haus, wo grobe Erntetische im Gras standen. Lange Kleider, Schürzen, breitkrempige, mit künstlichen Blumen üppig dekorierte Strohhüte; Frauen, die vollbusig und breitschultrig wirkten und deren Taillen von Korsetts dermaßen zusammengequetscht wurden, dass ihre ausladenden Hüften doppelt so breit wirkten. Zwei Männer waren in der Uniform des Ersten Weltkriegs fotografiert worden. Einer von ihnen erschien mehrfach bei späteren Familientreffen, während der andere nie wieder auftauchte. Manchmal sah man die Männer in Hemdsärmeln, dunklen Westen und schwarzen Bowlerhüten; ein andermal trugen sie gestreifte Sommerjacketts und helle Strohhüte. Wie die Jahre verstrichen, sah ich an den kürzer werdenden Rocksäumen der Frauen und ihren zunehmend unbedeckteren Armen. An Thanksgiving 1932 waren auf einmal sämtliche kleinen Mädchen ausstaffiert wie Shirley Temple. Die Große Depression schien am Haus und seinen Bewohnern spurlos vorübergegangen zu sein, doch die Zeit nahm ihren Lauf.
    Viele dieser Menschen waren nun tot. Die Erwachsenen waren alt geworden. Die Kinder hatten geheiratet und selbst Kinder bekommen. Da war wieder meine Mutter in ihrem langen weißen Kleid bei ihrem Debüt am 5. Juli 1935. Es folgten weitere Schnappschüsse von diesem Anlass. Bei einem hätte ich schwören können, dass der Fotograf im Hintergrund meinen Vater erwischt hatte, den Blick auf sie fixiert. Ich hatte im Grunde nie ein Bild von ihm gesehen, aber ich hatte das Gefühl, ihn trotzdem erkannt zu haben. Danach blieben die Seiten urplötzlich schwarz, und das ganze letzte Drittel des Albums war leer. Das war seltsam. Ich dachte darüber nach, befremdet, dass eine bis zu diesem Punkt so akkurat dokumentierte Familiengeschichte auf einmal abgebrochen worden war.
    Oh. Konnte das stimmen?
    Meine Eltern waren miteinander durchgebrannt. Ich hatte eine Kopie ihrer Heiratsurkunde vom 18. November 1935 gesehen. Meine Großmutter war entsetzt gewesen. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, dass Rita Cynthia einen Mann heiraten sollte, den sie ihrer erstgeborenen Tochter für würdig erachtete. Stattdessen hatte sich meine Mutter in einen gewöhnlichen Briefträger verliebt, der am Tag ihres Debüts als Kellner ausgeholfen hatte. In diesem Jahr hatte offenbar kein Thanksgiving stattgefunden. Und seitdem überhaupt nur herzlich wenig Feierlichkeiten.

19
    Am Samstagmorgen nach dem Frühstück fuhren Stacey und ich zu den McPhees. Es war ein heiterer, sonniger Tag. Der Wind hatte sich gelegt, und die Wüste erstreckte sich in beige- und mauvefarbenem Dunst. Kakteen, Mesquitbäume und Kreosotbüsche wuchsen in akkurat bemessenen Intervallen, als hätte sie ein Landschaftsgärtner gepflanzt. In der Ferne fraßen Rotluchse, Füchse, Eulen, Bussarde und Kojoten unbeobachtet die kleineren Wirbeltiere. Ich hatte gelesen, dass Eselhasen für Kojoten in der Fortpflanzungsphase die halbe Ernährung ausmachten. Wenn also in schlechten Zeiten die Hasenpopulation sinkt, nimmt auch die Kojotenpopulation ab, womit das Gleichgewicht im Küchenplan der Natur erhalten bleibt.
    Wir blieben kurz auf der Straße stehen, und ich zeigte über die Wiese auf den Schuppen, wo wir den Mustang gefunden hatten. Stacey fragte: »Warum hat er sich eigentlich so aufgeregt, als der Wagen in die Polizeigarage geschleppt worden ist?«
    »Revieransprüche, schätze ich. Sie würden an seiner Stelle das Gleiche tun.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Das klingt mir nach einem Mann, der mehr weiß, als er zugibt.«
    »Vielleicht ist er auch nur ein missmutiger alter Knacker, der es

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