Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
du Schande. Da fällt mir gerade etwas ein: Ich habe nur Bluejeans dabei.«
»Kein Problem. Wir müssen ja nicht reingehen. Wir können auf dem Parkplatz warten und ihnen nach Hause nachfahren.«
»Warum fahren wir dann nicht gleich zu ihrem Haus?«
»Was ist, wenn sie es sich anders überlegen und beschließen, essen zu gehen? Womöglich ist das die einzige Gelegenheit, mit ihnen allen zusammen zu sprechen.«
»Glauben Sie, Edna würde es sich entgehen lassen, ihr großes Osteressen aufzutischen?«
»Wahrscheinlich nicht, aber ich möchte gern die gesamte Gemeinde im Sonntagsstaat bewundern«, erwiderte er. »Das haben wir als Kinder auch immer gemacht.«
»Sie lassen mich einfach nicht kneifen, was?«
Er lächelte milde. »Einen schönen Abend noch.« 23
Das Telefon klingelte, als ich die Tür aufschloss. Ich ließ die Tasche fallen und nahm beim vierten oder fünften Klingeln den Hörer ab. Eine Frau sagte: »Ist da Kinsey?«
»Ja, und wer sind Sie?«
»Iona. Meine Mutter hat mir ausgerichtet, dass Sie angerufen und nach mir gesucht haben.«
»Wo sind Sie jetzt – in Creosote?«
»Peaches. Bin gerade angekommen. Was wollen Sie denn?«
»Haben Sie am Donnerstagabend mit Pudgie Clifton gesprochen?«
»Vielleicht habe ich ihn angerufen«, sagte sie vorsichtig. »Warum fragen Sie?«
»Haben Sie vereinbart, sich mit ihm zu treffen?«
»Warum sollte ich? Er ist ein mieses Schwein.«
»Seine Schwester hat gesagt, Sie wären wütend auf ihn. Weswegen?«
»Geht Sie nichts an. Das ist eine Sache zwischen ihm und mir.«
»Na gut. Dann versuchen wir’s mal anders. Ihre Mutter hat mir erzählt, dass Sie als Kind öfter mal in Lompoc waren. Haben Sie Pudgie von dem Steinbruch dort erzählt?«
Absolutes Schweigen.
»Wissen Sie noch, ob Sie ihm von dem Steinbruch erzählt haben? Ich meine den, wo man das tote Mädchen gefunden hat.«
»Woher soll ich wissen, wo man das tote Mädchen gefunden hat?«
»Ach, kommen Sie, Iona. Spielen Sie keine Spielchen mit mir. Es ist mir egal, ob Sie ihm davon erzählt haben. Ich will es nur wissen.« »Vielleicht hab ich es ihm erzählt.«
»Vielleicht oder ganz bestimmt?«
»Okay, ich hab’s ihm erzählt, aber das ist Jahre her. Ich bin sogar mal mit ihm hingefahren, als wir unterwegs waren.«
»Haben Sie Charisse Quinn gekannt?«
»Nein.«
»Wollen Sie mich nicht fragen, wer das ist?«
»Ich bin ja nicht blöd. Ich nehme an, das ist das Mädchen, das man tot aufgefunden hat, nachdem Cathy Lee umgekommen ist. Ich habe Frankie nach der Sache gefragt, und er sagt, er hatte nichts damit zu tun. Er hat sie nicht einmal gekannt.«
»Wissen Sie, er ist auch nicht blöd. Wenn er das Mädchen umgebracht hat, dann wird er Ihnen das wohl kaum erzählen.«
»Warum sind Sie dermaßen gegen ihn? Können Sie den Mann nicht in Ruhe lassen? Er hat Ihnen doch nichts getan.«
»Es geht nicht um mich, Iona. Es geht um Charisse. Ist Frankie zufällig bei Ihnen? Ich würde gern selbst mit ihm sprechen.«
»Er ist am Freitagmorgen gefahren. Er war für Freitagnacht zur Arbeit eingeteilt und musste zurück.«
»Dann war es ja nur ein kurzer Besuch, was?«
»Na und?«, gab sie verärgert zurück.
»Was haben Sie ihm über Pudgie erzählt?«
Es folgte weiteres Schweigen, und ich hörte, wie sie in mein Ohr atmete.
»Iona?«
»Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, ich hab ihm erzählt, dass Pudgie ein beschissener Verräter ist. Frank wusste, dass ihn jemand hingehängt hat. Sowie Sie Pudgie erwähnt haben, war mir klar, dass er es gewesen ist.«
»Waren Sie deshalb so wütend auf ihn?« »Da bin ich nicht die Einzige. Frankie ist auch stinksauer. Pudgie hat für sich etwas rausgeschunden, und im Gegenzug hat er Frankie die Schuld daran zugeschoben, was mit dem Mädchen passiert ist.«
Ein Hauch von Angst lief mir wie ein Tausendfüßler den Rücken hinab. »Woher haben Sie das?«
»Es stimmt doch, oder?«
»Nein.«
»Doch. Frankie hat nämlich nachgeforscht. Er kennt da so einen Typen im Bezirksgefängnis, der dreißig Tage absitzen muss. Und der hat ihm erzählt, dass Pudgie Besuch bekommen hat – von so einer Privatdetektivin, die Fragen über den Mord gestellt hat. Das waren doch Sie, oder?«
»Ja, sicher, aber Pudgie hat nichts rausgeschunden.«
»Doch, hat er. Wissen Sie, woher ich das weiß? Er ist nämlich gleich am nächsten Tag rausgekommen. Das hat der Typ gesagt.«
»Weil die Haftzeit abgelaufen war. Er hatte seine Strafe abgesessen und ist freigelassen
Weitere Kostenlose Bücher