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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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Lebensbedrohliches. Ich hab’s dir doch gesagt – ich hab mir ‘nen Muskel gezerrt. Ich kann nicht wegen jedem Pipifax in der Onkologie anrufen.« Er beugte sich zur Seite und reckte sich. Nach einer Weile stellte er sich wieder aufrecht hin und holte lange, gemächlich und tief Atem.
    »Besser?«
    »Viel besser. Entschuldigt die Unterbrechung. Der verfluchte Mist hat mich eiskalt erwischt.«
    »Würdest du dir bitte die Selbstdiagnose sparen und den Knaben anrufen?«
    »Ich habe eine Ärztin, du sexistischer Sack. Sei mal ein bisschen vorsichtiger mit deinen Mutmaßungen.«
    »Spar dir das blöde Geschwätz, Stace. Das ist doch nichts als Verschleierungstaktik. Du tust so, als hättest du die Kreuzschmerzen erst seit zwei Tagen, dabei jammerst du schon seit Wochen darüber. Du hättest die Docs mal einen Blick drauf werfen lassen sollen, als du im Krankenhaus warst.«
    »Da hat es nicht wehgetan.«
    »Ach, zum Kuckuck noch mal! Weißt du was? Das nennt man ›Verdrängung‹. Du versuchst ein Problem kleinzureden, das verdammt schwerwiegend sein könnte. Himmelherrgott, sag mir den Namen von dem Mädel, dann rufe ich sie selbst an.«
    »Das tust du nicht.«
    »Dann ruf du sie an.«
    »Mach ich. Wollte ich sowieso.«
    »Jetzt.«
    »Con, gib endlich Ruhe! Es ist fünf Uhr vorbei. Sie ist wahrscheinlich schon gegangen.«
    »Dann ruf beim Auftragsdienst an, hinterlass die Nummer vom CC’s und lass sie anpiepsen. Wir können warten. Wenn du sie nicht anrufst, rufe ich sie an. Ich habe dein Gejaule satt.«
    »Du weißt ja nicht mal, wie sie heißt.«
    »Das krieg ich raus.«
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Spar dir die Einwände. Vielleicht gibt sie dir ein bisschen Valium, damit du nachts besser schläfst.«
    Stacey schüttelte den Kopf. »Ich hab keine Lust, mich wegen dir zu blamieren.« Trotz seines Gemurres und Geschimpfes stand er auf und machte sich auf die Suche nach einem Telefon.
    Dolan und ich saßen da, ohne uns anzusehen. Mir war genauso unbehaglich zumute wie ihm. Schließlich sagte ich: »Ist mit Ihnen beiden alles in Ordnung? Sie wirken gereizt.«
    »Zwischen uns ist alles in Butter. Er nervt mich bloß. Es geht überhaupt nicht um seinen Rücken. Der Mann hat Depressionen. Er glaubt, der Krebs hat sich ausgebreitet, und deshalb will er sich nicht untersuchen lassen.« »Das habe ich wohl nicht mitgekriegt. Mir ist er eigentlich ganz munter vorgekommen. Abgesehen von seinem Kreuz, meine ich.«
    »Aber nur, weil er Ihnen zuliebe eine Show abzieht. Sie hätten ihn hören müssen, bevor Sie gekommen sind. Der Scheiß macht ihn fertig. Wenn er eine Pistole dabei hätte, hätte er sich schon ein Loch in den Kopf geschossen. Er steht so kurz davor.« Dolan hielt Daumen und Zeigefinger mit knapp einem Zentimeter Abstand voneinander in die Höhe.
    »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Doch. Er wollte ja nicht mal die Chemo machen, bis ich ihn dazu überredet habe. Seiner Meinung nach steht er sowieso schon mit einem Bein im Grab, also warum das Elend verlängern? Bringen wir’s hinter uns, sagt er sich.«
    »Und was, wenn der Krebs in seine Knochen gewandert ist?«
    »Verdammt, jetzt fangen Sie nicht auch noch an. Seien Sie nicht so negativ.«
    »Ich sage ja nur, dass ich verstehe, was in ihm vorgeht.«
    »Tja, behalten Sie Ihre Meinung für sich.«
    »Meine Meinung spielt keine Rolle. Er kann machen, was er will. Es ist sein Leben.«
    »Irrtum. Ein paar aufmunternde Worte würden ihm gut tun. Er braucht jemanden, der ihm klar macht, wie egoistisch das ist.«
    »Sich umzubringen? Inwiefern?«
    »Leute, die sich umbringen, sind die schlimmsten Narzissten. Wie kommt er überhaupt auf die Idee, dass sich alles um ihn dreht? Ich stecke auch mit drin. Dreißig Jahre beim Teufel, und das alles, weil er ein verfluchter, feiger Schlappschwanz ist und die Sache nicht durchsteht.« »Aber was, wenn es wirklich zu Ende geht? Ich verstehe nicht, was Sie wollen.«
    »Ich will, dass er zur Abwechslung mal an jemand anders denkt.«
    »Wenn man nicht einmal angesichts des Todes an sich selbst denken darf, wann denn dann?«, entgegnete ich.
    Kurz darauf kam Stacey zurück, und wir brachen unser Gespräch ab. Er wollte sich nicht setzen, sondern blieb mit ins Kreuz gepressten Fäusten neben dem Tisch stehen.
    Dolan zündete sich noch eine Zigarette an und hustete postwendend in seine Faust. »Was hat sie gesagt?«
    Stacey fegte den Zigarettenrauch vor seinem Gesicht beiseite. »Ich soll morgen früh gleich als Erster kommen.

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