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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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war, im selben Jahr wie ich. Er hatte am 7. Juni Geburtstag, also hatte ich ihm einen Monat und zwei Tage voraus. Auf der zu den Zellen hin gelegenen Seite gingen die Türen auf, und ein paar Häftlinge kamen auf der anderen Seite der Glaswand herein getrottet, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, was vorgeschrieben war, wenn sie von einem Ort zum anderen gebracht wurden. Pudgie kam und setzte sich auf den Hocker mir gegenüber. Er hatte ein Mondgesicht und trug eine Brille mit einem großen runden Gestell, das auf einer erstaunlich zierlichen Nase saß. Seine Gesichtsbehaarung war unregelmäßig – ein grober Vollbart, der auf dem Weg von einer Wange zur anderen sämtliche Wuchsformen von schütter bis buschig aufwies. Einzelne Schnurrbarthaare reichten ihm fast bis an die Augen. Seine dunklen Haare wirkten ausgefranst und wiesen eine Struktur auf, die man bei einer Frau einer missglückten selbst gemachten Dauerwelle zugeschrieben hätte. Er trug die übliche Gefängniskleidung: weißes T-Shirt, blaue Baumwollhose mit Gummizug am Bund und Gummischuhe. Eine ähnliche Kluft habe ich auch schon an Chirurgiepatienten auf den Fluren des St. Terry’s gesehen. Er hatte breite Schultern, und Brustkorb sowie Bizeps waren durch jahrelanges Krafttraining sichtbar gestählt. Die Haare auf seinem linken Unterarm verhüllten nur zum Teil eine ganze Galerie aufwendiger Tätowierungen: ein Spinnennetz, einen Totenschädel mit Sombrero und einen in aller Deutlichkeit dargestellten Geschlechtsakt. Dazu gesellte sich eine großbusige Frau mit langen schwarzen Haaren, deren Oberkörper sich vom Ellbogen zum Handgelenk erstreckte. Sein rechter Arm schien keine Kunstwerke zu beherbergen. Er musterte mich lange. Durch reine Selbstbeherrschung hielt ich seinem Blick stand, ohne wegzuschauen. Schließlich nahm er auf seiner Seite der Glasscheibe den Hörer ab und sagte: »Hallo, wie geht’s?«
    Ich hielt mir den Hörer locker ans Ohr. »Danke, gut, Mr. Clifton. Und selbst?«
    »Geht schon. Kenne ich Sie?«
    »Mein Name ist Kinsey Millhone. Ich bin Privatdetektivin. Danke, dass ich Sie sprechen kann.«
    »Schenken Sie sich doch den ›Mister‹-Scheiß und verraten Sie mir, was Sie wollen.« Hinter seinen runden Brillengläsern sahen sanfte haselnussbraune Augen unter zerzausten Brauen hervor.
    »Ich wollte Sie bitten, mir ein paar Fragen zu beantworten.«
    Er rang sich ein vages Lächeln ab. »Worüber?«
    »Über etwas, das 1969 passiert ist.«
    »Und warum fragen Sie mich?«
    »Es geht nicht um Sie. Es geht um jemand anders.«
    »Gut. Und wer ist das?«
    »Erinnern Sie sich daran, dass Sie im August 1969 in Lompoc festgenommen worden sind?«
    »Ja.« Er antwortete mit der Reserviertheit eines Menschen, der nicht genau weiß, worauf er sich einlässt.
    »Sie haben dem Officer eine Adresse in Creosote, Kalifornien, genannt. Können Sie mir sagen, wo das ist? Ich habe den Namen noch nie gehört.« Ich hatte es auf der Landkarte nachgesehen, hielt es aber für günstig, wie beim Lügendetektortest mit Grundfragen zu beginnen, deren Wahrheitsgehalt sich leicht überprüfen lässt. »Ist ‘ne Kleinstadt in der Nähe von Blythe. Fünf Kilometer vor der Grenze zu Arizona.«
    »Und wie sind Sie in Lompoc gelandet?«
    »Ich war auf dem Weg nach San Francisco. Ein Freund von mir war gerade wiedergekommen, nachdem er dort oben ein halbes Jahr auf den Straßen gelebt hatte. Er hat mir erzählt, dass man mitten in Haight Dope kaufen kann. Quaaludes, Gras und Shit, Peyote und Acid. Freie Liebe und Gratisbehandlung gegen Filzläuse und Tripper, wenn man sich was eingefangen hat. Ich fand, das klang gut. Klingt sogar immer noch gut. Wenn man heutzutage ein Mädchen nur anfasst, haut sie einem ja gleich eins auf die Finger.«
    Ich sah auf das Blatt, das ich aus meiner Tasche genommen hatte, obwohl ich wusste, was darauf stand. »Hier heißt es, dass Sie wegen Landstreicherei und Besitz einer illegalen Substanz festgenommen worden sind.«
    Als er das hörte, wurde er lockerer und sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. Offenbar hatte er seine ganze Laufbahn auf Drogenmissbrauch und Leugnen aufgebaut. »Das war ja vielleicht der Oberscheiß. Ich stehe am Straßenrand und halte den Daumen in den Wind, als auf einmal ein Bullenauto vorbeikommt. Zwei Faschos in Uniform. Verfluchte Schweine. Sie halten an und durchsuchen mich. Zufällig hab ich ein bisschen Shit dabeigehabt. Einen einzigen dämlichen Joint. Und dafür verknacken die mich. Ich

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