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Kirchweihmord

Kirchweihmord

Titel: Kirchweihmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Indien.«
    Das wusste Katinka schon alles. Sie zwang sich zur Ruhe, während die Finger ihrer freien Hand auf der Schreibtischplatte Etüden klimperten.
    »Das Ricin kann oral, also durch den Mund, aufgenommen werden, inhaliert oder injiziert werden. Je nach Art der Aufnahme kommt es zu unterschiedlichen Symptomen. Das Verrückte ist, dass es eine so genannte Latenzzeit von mehreren Stunden bis zu zwei Tagen gibt. Das heißt, die Vergifteten merken in der Zeit unter Umständen nichts. Haben sie das Ricin geschluckt, kommt es unter anderem zu Krämpfen und blutigen Durchfällen. Der Tod tritt durch Atemlähmung und Herzversagen ein. Das gilt für alle Vergiftungswege.«
    Dagmar holte tief Luft.
    »Gegen Ricin gibt es noch kein Gegenmittel. Soweit ich weiß, wird aber daran geforscht. Bei oraler Aufnahme gibt man medizinische Kohle. Wurde das Ricin durch die Haut aufgenommen, muss der Mensch sofort seine Klamotten ausziehen und sich mindestens zwanzig Minuten duschen.«
    »Wie sieht es bei Injektionen aus?«
    »Das kommt praktisch nicht vor. Leute verzehren vielleicht aus Versehen einen Samen, oder sie kommen mit dem Gift durch Pressrückstände in Kontakt. Bei der Herstellung von Ricinusöl aus den Samenschalen kommt es schon mal zu Intoxikationen, etwa wenn die Arbeiter nicht mit Handschuhen ausgerüstet sind oder mit ungewaschenen Händen nachher essen.«
    »Aber wenn es doch injiziert wird«, insistierte Katinka. »Was kann man dann tun?«
    »Du stellst mir Fragen«, sagte Dagmar. »Warum willst du das alles wissen? Hast du vor, jemanden um die Ecke zu bringen?«
    »Ich studiere gerade den Fall Markov«, wich Katinka aus. »Ihm wurde ein Kügelchen injiziert, das Ricin enthielt.«
    »Ach ja, die Geschichte ist legendär. Ich bin keine Medizinerin, aber ich denke mir, wenn die Kugel sofort entfernt würde und man den Patienten in der Klinik behandelt, seinen Kreislauf stabilisiert und so weiter, kann er durchkommen.«
    »Wie viel Ricin würde man brauchen, um größere Mengen an Menschen … umzubringen?«
    »Katinka! Ich glaube, ich rufe die Polizei!«, rief Dagmar in den Hörer. In ihrem scherzenden Tonfall lag eine deutliche Dosis Besorgnis.
    »Keine Bange«, sagte Katinka. Sie entschied sich für eine Notlüge. »Ich bin als freie Journalistin gerade an dieser Ricingeschichte dran. Über Georgi Markov findet man etliches an Material, aber auch über Pläne der britischen Armee, Ricinbestände als Waffe anzulegen. Das habe ich im Internet gelesen.«
    »Sag mal, wolltest du nicht Geschichte studieren? Oder Archäologie?«, fragte Dagmar skeptisch.
    »Beides«, sagte Katinka. Sie spürte, wie ihr T-Shirt schweißdurchtränkt an ihrem Körper klebte. Die Hasengasse lag ruhig. Ihr Herz dagegen raste.
    »Also, diese Bestände sollen wieder komplett vernichtet worden sein«, sagte Dagmar. »Ricin ist zwar auf der Liste der verbotenen Stoffe des Chemiewaffenübereinkommens enthalten, aber es ist im Vergleich zu Botulinum zum Beispiel nicht besonders giftig. Um es für die Vernichtung von vielen Menschenleben einzusetzen, braucht man schon große Mengen. Deswegen kann ich mir auch nicht vorstellen, dass Terroristen sich ausgerechnet auf Ricin verlegen. Eine ganze Stadt könnte man sicher anders leichter vernichten als mit Ricin. Allerdings haben Inspektoren nach dem ersten Golfkrieg im Irak mehrere Liter konzentrierter Ricinlösung gefunden, die man in Artilleriegeschosse hätte abfüllen können.«
    Katinka kritzelte alles in ihr Notizbuch. Sie verkniff sich, nachzufragen, welche Möglichkeiten für die Vernichtung einer Stadt die promovierte Chemikerin sah.
    »Aber, wenn du dich mit dem Fall Markov befasst«, machte Dagmar weiter, »dann hast du womöglich auch von Vladimir Kostov gehört. Auch ein Exil-Bulgare. Ihm ist was Verrücktes passiert: Er zog sich irgendwo eine punktförmige Wunde zu, bekam Fieber, erholte sich aber nach einigen Tagen. Er las in der Zeitung zufällig von Markovs Tod und meldete sich in einer Klinik. Man fand bei ihm die gleiche Kugel wie bei Markov, voll mit Ricin. Aber sie war in Kostovs Fettgewebe gelandet, so dass die Austrittslöcher für das Gift verschlossen wurden. Das Toxin konnte sich dann nicht mehr im Körper ausbreiten.«
    Glücklich sind die Molligen, dachte Katinka und sah Melissa vor sich.
    »Wie stellt man Ricin her?«
    »Also, hör mal!« Dagmar machte eine Kunstpause. »Ehrlich gesagt, so genau weiß ich das nicht. Ich kann es nachschlagen, wenn du willst.«
    Katinka

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