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Kirchweihmord

Kirchweihmord

Titel: Kirchweihmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Toxin.
    Sie schob die Lamellen der Jalousie ein Stück auseinander. Menschentrauben trabten lachend und plaudernd die heißen Straßen entlang. Freitagabend. Nicht nur das Sandgebiet, die gesamte Innenstadt würde vollgestopft sein mit Menschen. Sie fragte sich, wie die Polizei Bamberg beschützen wollte. Ein Verrückter, der genug Ricin produziert hatte, würde Hunderte Menschen töten können, ohne entdeckt zu werden. Nur: Wer? Claudia Herzing selber?
    Katinka mochte unwahrscheinliche Theorien. Eine Menge Dinge im Leben geschahen, obwohl sie unwahrscheinlich waren und niemand mit ihnen gerechnet hatte. Aber Claudia Herzing, Englischlehrerin, Mama, Ehefrau, Freundin? Welches Motiv sollte sie haben? Würde sie die Chuzpe und die Fingerfertigkeit besitzen, ein biologisches Kampfgift herzustellen?
    Während Katinka ihr Textfragment ausdruckte, kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Der Gedanke schoss ihr durch den Kopf, heute lieber nicht auf die Sandkirchweih zu gehen. Motiv, Möglichkeit, Mittel. Gab es jemanden im Leben der Herzings, der Kontakte zu einschlägigen Gruppen pflegte? Der womöglich ein Labor besaß?
    Sie schaltete den Computer aus und legte das Blatt Papier in ihr Notizbuch. Grinsend verschloss sie die Arbeitszimmertür wieder. Melissas Neugier war legendär.
    Gegen 21 Uhr lief sie über die Markusbrücke auf die Sandstraße zu. Hier lag die Demarkationslinie. Der Verkehr, der sich über die Untere Sandstraße heranwälzte, wurde über die Markusbrücke komplett umgeleitet. Eine Polizeistreife parkte am Eck. Obere Sandstraße, Leinritt, selbst die Fischerei am gegenüberliegenden Ufer waren komplett verstopft mit Menschen. Lachenden, albernden, trinkenden, betrunkenen Menschen. Menschen, die sich vom Charme eines brodelnden Volksfestes anstecken ließen, den Alltag hintanstellten und das Leben und das Feiern genossen. Menschen in Gefahr. Von den Buden am Leinritt stiegen betäubende Gerüche in die samtblaue Abendluft: Steckerlfisch, Popcorn, gebrannte Mandeln, Bratwürste, Pizza, Liebesäpfel. Als Katinka sich ins Getümmel stürzte, um sich das kurze Stück bis zum Griesgarten freizuschaufeln, nahm sie das Aroma von Schweiß und Bierdunst wahr. In dem Gewimmel verschmolzen Hitze und Gerüche zu Kleister. Man könnte allein durch die Nase besoffen werden, dachte Katinka, als sie sich endlich durch den engen Gang in den Garten der Wirtschaft drückte.
    Uttenreuther saß mit dem Rücken zu ihr vor einem Seidla. Ihm gegenüber saß ein anderer Mann seines Alters. Die beiden unterhielten sich.
    »Grüß Gott!«, sagte Katinka und klopfte kurz auf die Tischplatte. Uttenreuther und der andere unterbrachen ihr Gespräch und sahen auf.
    »Palfy!«, sagte der Kommissar halbwegs erstaunt. Wie üblich trug er Jeans und ein kariertes Hemd.
    »Sie sagten, ich würde Ihnen noch ein Bier schulden«, sagte Katinka. »Ich möchte die Schuld gern einlösen.«
    Uttenreuther grinste und rutschte ein Stück.
    »Setzen Sie sich. Das ist Manfred Schröppel, ein ehemaliger Kollege.«
    »Ehemalig?«, fragte Katinka.
    »Ich bin frühpensioniert. Die Bandscheiben«, sagte Schröppel. Er wirkte mit seinem mausgrauen Haar und dem beigen Hemd völlig farblos. Seine Stimme hörte sich an wie eine verkratzte Schallplatte.
    »Hiermit stelle ich dir Privatdetektivin Palfy vor«, sagte Uttenreuther zu Schröppel. Katinka spürte dem Spötteln in seinen Worten nach, sagte aber nichts. Sie kiebitzte in den fast leeren Bierkrug des Kommissars und bestellte eine Apfelschorle für sich und ein Bier für Harduin.
    »Hier treffen sich am Sandkirchweihfreitag die Schützen«, sagte Schröppel. »Schauen Sie nur!«
    Die Männer des Schützenvereins schwitzten in ihren grauen Trachten. Weiter hinten im Garten war ein großes Zelt aufgebaut. Eine Zwei-Mann-Band richtete gerade ihre Instrumente her.
    »Hier!« Uttenreuther schob ihr einen Zettel zu. »Die heißen Frankens Fröhliche Tenöre . Wie finden Sie das?«
    O Gott, dachte Katinka. Tom würde sich einen ablästern. Auf dem gelben Zettel stand
    Wir spielen auch für Sie! Hochzeit, Geburtstag, Jubiläum? Rufen Sie Frankens Fröhliche Tenöre an! Bestellen Sie unsere CDs und MCs.
    Ich weiß, dass du mich genau beobachtest, Hardo, dachte Katinka. Sie reichte ihm den Zettel. »Hübsch!«, sagte sie.
    Uttenreuther lachte und nahm sein frisches Bier in die Faust.
    »Also, Prost Palfy.«
    Katinka stieß mit ihrer Apfelschorle an, als ein ohrenbetäubender Lärm losbrach. Sie widerstand dem ersten

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