Kirmes des Todes
Beziehung zwischen Küpper und Bahn freundschaftlich entwickelt. Sie sprachen offen und gerne miteinander, wenn sie ungestört waren. Unter den Augen von Kollegen hielten sie sich an die gebotene Reserviertheit.
Erfreut erwiderte Bahn den Gruß. „Heute ohne Schatten?“ Küpper mußte lachen. „Kein Angst, Wenzel kommt noch.“ Inspektor Wenzel, sein Assistent, war in Bahns Augen ein ausgemachtes Ekelpaket, ein unhöflicher Unsympath.
Wenzel näherte sich schwitzend. „Wohl wieder Polizeifunk abgehört, Herr Bahn. Oder woher wissen Sie, daß wir hier sind?“ Wenzel hielt sich nicht lange an einer Vorrede auf. „Sie stören uns nur bei unserer Arbeit.“
Bahn scherte sich nicht um die Maulerei, er hielt es mit Küpper, der bei Wenzels Genörgel sein Gehör stets auf Durchzug schaltete. „Ich kenne den Toten“, sagte er zu Küpper und schilderte seine Begegnung vom Vortag.
Wenzel durfte das Gespräch grollend zu Protokoll nehmen. „Das alles wegen eines Penners. Wissen Sie denn wenigstens, wie der richtig hieß? Kirmes-Schmitz ist doch kein Name.“
„Loden-Willi auch nicht“, fiel ihm sein Chef scharf ins Wort. „Aber wenn du jetzt endlich einmal richtig kombinieren würdest, kämest du von alleine auf die Antwort.“
Bahn mußte grinsen, während Küpper den Inspektor aufforderte, die Kleidung zu untersuchen und eine gerichtsmedizinische Überprüfung der Leiche anzufordern. „Und beeil’ dich. Ich will morgen die Ergebnisse.“
Wenzel trollte sich beleidigt. Er fühlte sich jedesmal zurückgesetzt, wenn Küpper mit Bahn zusammentraf. Der vertraut Bahn mehr als mir, dachte er sich, und er hatte allen Grund dazu, so zu denken.
Viel war am Unfallort nicht zu recherchieren. Bremsspuren waren nicht vorhanden, Glassplitter fanden sich nicht, ob es Lackreste auf der Kleidung von Kirmes-Schmitz gab, müßte das kriminaltechnische Labor herausfinden. Augenzeugen hatten sich nicht gemeldet.
„Das kann mir keiner erzählen, daß das ein Unfall war. Der Schweinehund hat den Penner voller Absicht über den Haufen gefahren“, meinte Bahn entschieden zu Küpper.
Der Kommissar nickte bedächtig. „Wollte der den Penner umfahren oder den Menschen, der gerade zufällig über die Straße ging? Das ist die Frage, die ich mir stelle, wenn ich davon ausgehe, daß es sich tatsächlich nicht um einen Unfall handelt.“ Küpper blickte sich nach Wenzel um, der lustlos an der Leiche herumfingerte. „Ist ja eigentlich egal, welche Variante wir durchspielen, es bleibt zumindest eine Unfallflucht.“ Schnell ging er zu seinem Dienstwagen und sprach ins Funkgerät.
„Da ist nix“, erklärte Wenzel nach seiner oberflächlichen Suche zu Küpper. „Jedenfalls nix, was den Typen wieder lebendig machen könnte.“
Inzwischen war der Leichenwagen gekommen. Die Leiche von Kirmes-Schmitz war rasch in den Zinksarg verstaut. „Wohin damit?“, fragte der Fahrer den Kommissar, der zurückgekommen war. „Etwa zur Obduktion?“
Küpper bejahte. Er hatte gerade mit dem Staatsanwalt das weitere Vorgehen abgesprochen.
„Auch das noch“, stöhnte Wenzel. „Alles wegen eines Penners. Der hat uns doch schon genug Geld gekostet. Muß das sein?“ Er wußte, was auf ihn zukam. Bei Obduktionen mußte immer ein Ermittler zugegen sein, und es traf immer ihn, wenn in Düren die medizinische Untersuchung einer Leiche anstand. Verärgert ging er zum Dienstwagen, in den er sich verkroch.
Küpper schüttelte nur den Kopf. „Der wird bald dreißig und hat’s immer noch nicht kapiert. Der meint immer noch, er sei der Nabel der Welt und ist dabei doch nur das Arschloch.“ Küpper blickte Bahn an. „Noch’n Bier beim Stollenwerk?“
Doch Bahn winkte dankend ab. Er wollte nach Hause. Nach dem Tod wollte er das Leben haben, mitten im Leben sein, das Leben genießen, mit Gisela reden, in ihren Armen an nichts denken. Das war ihm lieber als der Alkohol, auch wenn es Küpper war, der ihn eingeladen hatte.
„Na, dann nicht“, meinte der Kommissar, „dann fahre ich eben meine Mutter besuchen.“
Wieder wurde in Bahn die Erinnerung wach. Küppers Mutter wohnte im Schenkel-Schoeller-Stift in der Nähe von Schloß Burgau. Dort, wo Schramm gestorben war. Verdammt, bin ich denn nur von Toten umgeben, wollte Bahn die Sentimentalität beiseite wischen. Erst Schramm, jetzt Kirmes-Schmitz, beide hatten ihm nahegestanden. Ich will Leben um mich haben, sagte er sich, als er den Porsche
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