Kirschroter Sommer (German Edition)
klopfte. Ohne nachzusehen wusste ich sofort, wer mich da besuchte, denn bereits die Penetranz des Klopfens ließ nur auf eine einzige Person zurückschließen. Und mit den Worten »Alex, was ist so wichtig, dass du es mir nicht am Telefon erzählen konntest?«, öffnete ich die Tür. Als ich vor zwei Stunden mit ihr telefoniert hatte, hatte sie von irgendwelchen bahnbrechenden Neuigkeiten gesprochen. Um welche es sich dabei handelte, hatte sie allerdings partout nicht verraten wollen.
»Sebastian!«, trällerte Alex und schob sich voll beladen mit Einkaufstüten an mir vorbei in die Wohnung.
»Du hast ihn getroffen?« Ich blickte ihr nach, als sie sich auf mein Bett plumpsen ließ und mit ihren vielen Tüten sofort eine riesen Unordnung in den Raum brachte.
»Jaha!« Sie wippte auf und ab. »Er war gestern da!«
»Jetzt erzähl schon«, drängelte ich und setzte mich im Schneidersitz zu ihr auf die Matratze.
»Er und Elyas haben auf der Dachterrasse gesessen und Bier getrunken. Und na ja, nachdem ich eine halbe Stunde lang fast durchgedreht wäre, habe ich mich dann einfach dazu gesetzt.« Sie grinste, und so wie es den Eindruck machte, hatte sich ihr Mut wohl rentiert.
»Und dann?«
»Sebastian hat gelächelt, als er mich gesehen hat.«
»Siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass er dich mag. – Und wie ging es weiter?«
»Erst haben sie die ganze Zeit über so typischen und völlig schwachsinnigen Männerkram gequatscht …« Sie verdrehte ihre Augen. »Ich kam mir total albern daneben vor und habe schon überlegt, ob ich nicht besser wieder reingehen sollte.
»Aber dann «, fuhr sie wieder mit leuchtenden Augen fort, »hat Elyas sich plötzlich verabschiedet und ging ins Bett.«
»Oh Mann, ich hoffe, ihr habt verhütet …«, stöhnte ich, weil ich nicht viel Fantasie brauchte, um zu erahnen, wie der Abend daraufhin weiter verlaufen war.
»Ach Quatsch!«, platzte Alex sogleich dazwischen. »Wir haben uns nur unterhalten.«
Ich runzelte die Stirn. »Unterhalten?«
»Ja, ganze zwei Stunden«, sagte sie und schmolz dahin. »Er ist so toll.« Sie seufzte. »Er hat so etwas Beruhigendes an sich. – Emely, ich glaube, ich habe mich verliebt.«
Gut, das war jetzt nichts Neues, aber ich tat einfach mal so, als wäre ich überrascht.
»Tatsächlich?«
Mit einem Strahlen im Gesicht nickte sie und so niedlich wie sie dabei aussah, führte kein Weg daran vorbei, sich für dieses aufgedrehte Etwas zu freuen.
Vielleicht war Sebastian wirklich das Ende einer langen Ära von Arschlöchern, die Alex ihr Leben lang regelrecht gehortet hatte. Er war ein netter Kerl, dessen war ich mir inzwischen sicher.
»Und wie sieht es bei ihm aus?«, erkundigte ich mich.
Sie zupfte an ihrem Rock. »Ich glaube, er mag mich auch. Zumindest hat er mich gefragt, ob wir heute zusammen ins Kino gehen.«
Ah, das erklärte also die Einkaufstüten … Alex war durchschaubar wie Glas. Aber wenigstens bekam sie jetzt endlich ihr lang ersehntes Date mit Sebastian. Und das gönnte ich ihr.
»Welchen Film guckt ihr euch an?«
Sie kniff ihre Augen zusammen. »Das ist doch vollkommen egal. Wen interessiert denn bitte der blöde Film?«
»Ich nehme an, dich nicht«, antwortete ich, woraufhin ein Grinsen ihr Gesicht erhellte. »Und jetzt warst du natürlich den ganzen Tag unterwegs, um dir ein passendes Outfit zu kaufen«, lächelte ich mit Blick auf ihre Einkaufstüten und war äußerst erleichtert, dass sie nicht auf die dumme Idee gekommen war, mich mitzuschleifen.
»Genau, und jetzt brauche ich unbedingt deine Hilfe! Ich weiß einfach nicht, welches ich nehmen soll.« Kaum hatte sie ihren Satz beendet, war sie auch schon im Begriff, den Inhalt der Tüten quer auf meinem Bett zu verteilen. Reumütig blickte ich zu meinem Buch. In naher Zukunft würde ich es wohl nicht wieder sehen.
Alex streifte sich ihr Oberteil über den Kopf und konnte sich gar nicht schnell genug ein anderes überziehen. Seufzend lehnte ich mich zurück und versuchte zumindest, ihr mit meinem nicht vorhandenen Gespür für Mode eine Hilfe zu sein …
Geschlagene zwei Stunden später – die sich allerdings angefühlt hatten wie zehn – fand Alex nach zigfachem Umziehen endlich eine Kombination, mit der sie sich zufrieden gab. Sie war nach wie vor aufgeregt wie ein kleines Kind, wohingegen ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand und keine drei, sondern zwanzig Kreuze machte, als die Prozedur ein Ende fand.
»Sag mal, wann beginnt eigentlich die
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