Kismet in Kairo
Farbe ein warmes Beige zeigte, das im Licht der Lampe noch weicher wirkte.
Hier konnte man sich wohl fühlen. Hier war alles okay, auf den Gast eingestellt. Die Rosen dufteten stark. Es war schon betörend – oder betäubend?
Ich wußte es nicht. Ich wußte nur, daß ich plötzlich ziemlich müde wurde, denn der Flug und die Ereignisse danach hatten mich schon etwas mitgenommen.
Dabei war ich der festen Überzeugung gewesen, wach bleiben zu können. Bis Mitternacht war es nicht mehr lange hin. Wie ich von Hogland wußte, kam Fatima immer nach Mitternacht. Dann schlich sie sich in die Träume der Menschen ein, um sie letztendlich noch wahr werden zu lassen.
Verrückt, unerklärbar, aber für uns eine Tatsache, an der nichts vorbeiführte.
Ich floß weg.
Es ist dieses Gefühl, das jeden Menschen überkommt. Auch ich habe schon öfter darüber geschrieben. Nicht etwa, daß sich unter mir ein Loch geöffnet hätte, aber die Matratze war schon anders geworden, zu einer viel weicheren Fläche, die mich nicht mehr halten konnte und sich in ein Wasserbett verwandelte.
Ein Wunder, ein orientalisches Märchen? Seltsame Gedanken schössen mir durch den Kopf. Ich wußte nicht so recht, ob ich schon schlief oder noch wach war, aber aus den Gedanken formten sich Bilder, die ich sehr genau sah.
Eine Welt voller Farben. Gedämpft, nicht grell, aber geheimnisvoll. Aus den sanften Tönen verschwand die Trennung. Es existierten keine Grenzen mehr. Alles floß ineinander zu einem wahren Kaleidoskop, bei dem es keine scharfe Trennung mehr gab.
Das war eine Welt für sich, die aus irgendwelchen Tiefen hervorgestiegen war. Aus einer orientalischen Mystik, denn allmählich wurden die Märchen in meiner Phantasie, in dem Stadium zwischen Traum und Wachsein, zur Wahrheit. Ich schlief nicht. Ich war auch nicht wach. Ich schwebte wie jemand, der von einem Wasserstrom erwischt und mitgerissen wurde.
Der Weg führte mich weiter. Ich kannte das Ziel nicht. Es war auch nicht zu ahnen. Ich glitt einfach hinein in diese Welt zwischen Traum und Realität, die von mir nicht gelenkt werden konnte. Das übernahmen andere Kräfte.
Wohin?
Die Farben blieben. Sie bewegten sich, sie lösten sich auf, sie kamen wieder zusammen. Ich sah hin und wieder Lücken wie bei einem Himmel, dessen dicke Wolkendecke ab und zu von einem Windstoß aufgerissen wurde.
Es war einfach wunderbar. Ich fing sogar an, diesen Zustand zu genießen, und noch immer roch ich den intensiven Duft der Rosen.
Ich tat nichts, überließ mich dem anderen, das mich in seiner Gewalt hielt. Schon einmal hatte ich Ähnliches gespürt, als ich durch den Hotelgarten geschritten war. Nur war es diesmal anders, viel intensiver, und der eigene Wille war nicht mehr vorhanden.
Wieder erwischte der imaginäre Sturmstoß das Farbgebilde über mir, und es entstand eine Lücke.
Diesmal schloß sie sich nicht.
Sie blieb offen.
Sie hatte den nötigen Platz geschaffen, um etwas durchzulassen, und es glitt auf mich zu wie durch ein Tor.
Ich staunte. Ich sah die Frau, und sie kam mir nicht vor wie ein Gespenst oder ein Geist, obwohl sie sich auf eine derartige Art und Weise bewegte.
Sie schwebte nur. Sie brauchte nichts, um einen Halt finden zu können.
Sie glich einem Engel, der sich mir näherte, und sie bewegte dabei ihren Oberkörper nach vorn, um auf mich niederschauen zu können. Dabei verrutschten auch die Falten ihres Gewandes, so daß an verschiedenen Stellen die weiße Haut durchschimmerte.
Das kleine Wunder bewegte sich nicht mehr. Es blieb über mir schweben, damit ich das Gesicht genau erkennen konnte. Es hätte eigentlich im Dunkeln liegen müssen, zumindest im Schatten, aber ich erkannte die Einzelheiten trotzdem, und ich fragte mich, ob so das Gesicht eines weiblichen Teufels aussah.
Nein, bestimmt nicht, denn dieses Gesicht über mir, das war Schönheit pur.
Zu schön, zu perfekt, zu makellos. Ein Gesicht wie den Wunsch träumen vieler Männer entsprechend.
Irgendwie kam ich mit dem Gesicht nicht zurecht. Ich fühlte mich von ihm angezogen, aber zugleich auch abgestoßen. So schwebte ich in diesem Mittelraum zwischen diesen beiden Gefühlen. Die Person hatte ihren Kopf so weit gesenkt, daß ich direkt in die Augen hineinschauen konnte.
So klar, so hell, so herrlich. Ein Blick, den man einfach nicht vergessen konnte.
Und sie kam näher.
Der Vergleich mit einem Engel ohne Flügel wollte mir nicht aus dem Sinn. Rechts von mir stand die kleine Lampe. Durch ihren Schein
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