Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
ganzen Tag irgendwelchen Mist anhören. Meistens rede ich nur mit Leuten, die behaupten, dass Aliens mit ihnen Experimente auf einem Raumschiff gemacht haben oder sie Bigfoot gesehen haben. Ganz gewöhnliche Irre eben.«
Ich lachte und dachte an einige der absurden Geschichten, die mir meine Klienten auftischten.
»Mach’s dir bequem!«, lud ich sie ein und wies auf die Couch. »Ich hole den Wein. Was magst du lieber: rot oder weiß?«
»Weiß.« Maxie setzte sich, und erst jetzt bemerkte ich, dass sie ganz in schwarzes Leder gekleidet war. Ein vollkommen anderer Look als die Baggyjeans und das Football-T-Shirt von heute Morgen. In diesen engen Sachen war ihre Modelfigur ungleich deutlicher zu erkennen. Eine interessante Wahl für einen beruflichen Termin. Ich fragte mich, ob der Pädophile sich von dem vielen Leder hatte einschüchtern lassen. Vielleicht trug sie es deshalb. Die Domina-Reporterin. Ich blickte an meinem Kleid hinab und entdeckte die lange schmierige Nudel, die einen selbstmörderischen Sprung von meiner Gabel gewagt hatte. Sie hatte sich an meine linke Brust geheftet. Obwohl ich normalerweise nicht viel auf Mode gab, bemühte ich mich doch, nicht mein Essen zu tragen. Plötzlich fühlte ich mich in meinem abgetakelten Aufzug neben Maxies lässiger Perfektion unsicher.
Ich pulte mir die Nudel vom Busen, schenkte Wein ein und brachte die Gläser zur Couch.
»Ich nehme an, du warst noch nie bei einer Vampirpfählung«, begann Maxie.
Während ich mich ans andere Ende der Couch hockte, antwortete ich möglichst neutral: »Wie ich bereits sagte, habe ich nicht vor, zu so einer Veranstaltung zu gehen. Wir beide wissen, dass sich dort bloß jugendliche Goths, Möchtegernvampire und Geisteskranke tummeln. Meine Anwesenheit ist vollkommen überflüssig.« Ganz abgesehen davon, dass ich die Nase voll hatte von Leuten, die mir ihre Meinungen, Wünsche und Erwartungen aufzwingen wollten. Und nun bot sich eine von vielen Gelegenheiten, mich energisch dagegen zu wehren. Ich bereitete mich auf einen Streit mit Maxie vor, wartete nur darauf, dass sie mir ihren nächsten aberwitzigen Einfall präsentierte und mich zu überzeugen versuchte, dass sie besser wüsste, wie ich meinen Abend verbringen sollte, als ich.
Stattdessen nippte sie an ihrem Weinglas. »Kann ich offen zu dir sein, Doc?«
Hmm. Damit hatte ich nicht gerechnet.
Ich konzentrierte mich auf sie. »Natürlich.« Die vor Leben strotzende Maxie schien vor meinen Augen in sich zusammenzufallen, und auf einmal wirkte sie sehr müde.
Als sie mich ansah, glänzten ihre Augen feucht. »Ich will auch nicht hingehen, aber ich muss. Allem Anschein nach habe ich Probleme bei der Zeitung, und mein Job steht auf dem Spiel. Deshalb habe ich dich gefragt, ob du mit mir kommst. Ich hoffte einfach auf ein bisschen Gesellschaft, auf, na ja, auf eine Freundin. Ich habe jede Menge Bekannte, aber keinen, auf den ich zählen kann. Und ich habe mich finanziell reingeritten, weil ich ein paar blöde Entscheidungen getroffen habe. Sollte ich jetzt meinen Job verlieren, bricht das ganze Kartenhaus über mir zusammen.«
Sie seufzte. »Du kamst mir so freundlich vor, da habe ich mich wohl ein bisschen zu sehr hinreißen lassen. Ich wollte so dringend jemanden, der mich einfach nimmt, wie ich bin – was immer das sein mag. Klar, nach außen gebe ich die Harte und zeige keinem, wie ich mich wirklich fühle. Ach was, ich gebe es ja nicht einmal vor mir selbst zu. Aber eines weiß ich: dass ich diesen Job gründlich leid bin und zugleich einen Mordsbammel habe, ihn zu verlieren. Mit anderen Worten: Ich bin total im Eimer.«
Eine dicke Träne kullerte ihr über die Wange. Sie zupfte ein Papiertuch aus der Schachtel auf dem Tisch und schneuzte sich, oder vielmehr trompetete sie verblüffend laut und über mehrere Oktaven.
Bei diesem Geräusch zogen wir beide erstaunt die Brauen hoch und starrten uns an, ehe wir in Gelächter ausbrachen.
»Wow! Wo kam denn der Krach her?«, kicherte Maxie. »Ich weiß echt, wie man Stimmung macht, was? Achtung, Freakshow, ich komme!«
Ich hielt mir in dem vergeblichen Bemühen, mein Lachen zu stoppen, die Hand vor den Mund. Mir war bewusst, dass es unmöglich war, loszugackern, nachdem mir gerade jemand sein Herz ausgeschüttet hatte. Aber es handelte sich wohl um ein ähnliches Phänomen, wie wenn Leute manchmal auf Beerdigungen lachen. Stress ruft nun einmal unerwartete Reaktionen hervor.
Ich biss mir auf die Unterlippe, um mein Kichern
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