Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
Augen sehen. »Ich weiß noch, dass ich mit Hallow in einem verlassenen Gebäude war. Er hat den Radiomoderator ermordet, der an dem Morgen so unverschämt zu mir gewesen war. Und er zwang mich, die Leiche anzusehen. Er sagte, dass er es für mich getan hätte.« Nun schaute ich sie doch an. »Aber ich habe keine Erinnerung daran, dass er bei mir zu Hause war. Bist du sicher, dass du das gesehen hast? Vielleicht hattest du bloß Angst, dass es geschehen könnte, und es dir vorgestellt.«
»Ich wünschte, es wäre meine Phantasie gewesen, doch leider bin ich sicher. Weißt du noch, dass du gestern Abend ins ›Crypt‹ kamst und ziemlich … ungezügelt warst?«
»Was meinst du damit?« Ich berührte ihren Arm. »Ich soll selbst in den Club gekommen sein? Wieso erinnere ich mich nicht daran? Bist du mit mir hingegangen?«
»Nein, ich traf dich zufällig am Eingang. Du warst eindeutig anders als sonst.«
»Was habe ich denn gemacht? Eine Kneipenprügelei angefangen? Mich vor Publikum ausgezogen?« Bei diesem Gedanken krümmte ich mich und schlug mir die Hände vors Gesicht. »Nein, halt, ich schätze, das will ich gar nicht wissen. Erzähl mir bitte, dass ich mich nicht bis auf die Knochen blamiert oder meinen Ruf irreparabel beschädigt habe!«
Victoria zuckte mit den Schultern. »Keine Prügelei, kein Ausziehen, du warst schlicht … ungehemmt. Du hast ziemlich herumgeflirtet. Es ist nichts weiter passiert. Devereux’ Mitarbeiter wissen alle von Hallow und seinem Einfluss auf dich. Übrigens muss ich dir etwas gestehen. Nigel und ich waren so besorgt um dich, dass wir Devereux gesucht haben und, nun ja, ich fürchte, ich war diejenige, die ihm steckte, du würdest dich wie ein hormonüberfrachteter Teenager aufführen. Wie er mir sagte, hat er es dir gegenüber erwähnt, obwohl ich weiß, dass du dich an nichts erinnerst, was hier im Club geschah. Aber dennoch.« Sie senkte den Blick und sagte kopfschüttelnd: »Es tut mir leid. Ich wollte Devereux bloß verständlich machen, dass du dich unter dem Dämoneneinfluss zu einem jüngeren, primitiveren Teil deines Bewusstseins zurückentwickelst, damit er gar nicht erst auf die Idee kommt, deine normale Persönlichkeit würde solche Dinge tun. Verzeihst du mir?«
Ich zog einen Deckenzipfel hoch und klappte ihn mir über den Kopf, weil ich mich nur noch verkriechen wollte. »Klar verzeihe ich dir«, murmelte ich in die Daunen. »Sicher war deine Einschätzung richtig. Gott, ich bin total verwirrt! Ich weiß nicht, ob ich vor Scham im Boden versinken soll, weil alle außer mir wissen, was mit mir los ist, oder ob ich froh sein sollte, dass ich wenigstens keine bleibenden Schäden angerichtet habe.«
Victoria zupfte behutsam die Decke von meinem Kopf und nahm meine Hand. »Es gibt nichts, dessen du dich schämen musst.« Ein zartes Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht. »Du schienst dich allerdings gut zu amüsieren. Und du hattest wahrlich Schlag bei den Männern. Du warst gerade im Begriff, einen neuen Lustknaben in deine Sammlung aufzunehmen, als Devereux einschritt und dich hierunterbrachte. Soweit ich gehört habe, liefen die Dinge danach … nun … ein wenig aus dem Ruder.«
Mein Herz begann, wild zu pochen, und Angst überkam mich. »Ist es das, was Tom meinte? Habe ich tatsächlich Devereux angegriffen?«
»Nein, das glaube ich nicht. Devereux hat mir nicht alles erzählt, also weiß ich nur, dass du irgendwann während eurer … Intimität … eine Glasvase zerbrochen, ihn geschnitten und von seinem Blut getrunken hast. Das ist der Grund, weshalb du bewusstlos wurdest.«
Ich schnellte so abrupt zum Sitzen hoch, als hätte ich eine Sprungfeder im Kreuz. »Ach du Schande! Habe ich ihn verletzt?«
»Nein. Wahrscheinlich ist sein Schnitt sofort wieder verheilt. Aber du warst ausgeknipst, und Devereux weiß nicht, welche Wirkung sein Blut noch auf dich haben wird. Er stellte allerdings fest, dass aus irgendeinem bizzaren Grund sein Blut Hallows Kontrolle über dich noch verstärkt hat. Devereux sagte, dass er eine noch mächtigere Präsenz in deinem Energiefeld spüren konnte. Es könnte daran liegen, dass sie beide sehr alt sind. Wer weiß? Vielleicht ist altes Blut nun einmal, na ja, altes Blut eben.«
Sekundenlang starrte ich Victoria verständnislos an. »Kontrolliert Hallow mich jetzt? Ich fühle gar nichts. Und ich weiß alles, seit ich vorhin aufgewacht bin. Legt er womöglich nur eine Pause ein, ehe er mich wieder irgendwelche
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