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Kismet Knight

Titel: Kismet Knight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Hilburn
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an! Ich muss zurück und mich für die Präsentation umziehen. Hey, wie wäre es damit: Warum kommst du nicht mit zu der Konferenz und hörst dir meinen Vortrag an? Wahrscheinlich hättest du wirklich eine ganze Menge davon. Was meinst du?«
    »Na ja, so verlockend das klingt«, antwortete ich, wobei der Sarkasmus seinem ernsthaften Nicken nach vollkommen an ihm vorbeiging, »ich fürchte, dass ich verzichten muss. Ich habe heute Morgen Patiententermine.«
    »Mist! Zu schade, dass du nicht mitkommen kannst, aber ich weiß ja, wie ernst du deine Arbeit nimmst.«
    So wie er das sagte, klang es geradezu bedauernd. Er hatte meine Weigerung, mich ihm auf der Überholspur anzuschließen, immer als eine Art Charakterfehler betrachtet und nicht nur als persönliche Enttäuschung.
    »Ich wollte eigentlich eine Überraschung daraus machen, aber ich nehme an, jetzt kann ich’s dir erzählen. Ich gehe davon aus,dass wir einander in nächster Zeit öfter sehen werden, weil ich in Colorado eine Reihe von Workshops gebe. Ich würde mich gern über die Möglichkeit unterhalten, vielleicht deine Praxis mitzunutzen, während ich hier bin. Können wir uns heute Abend zum Essen treffen und darüber reden?« Er schenkte mir ein strahlendes kalifornisches Lächeln.
    Willkommen in der Wunderwelt von Tom Radcliffes Ego! Es ist genug Platz für alle, Leute. Nur immer hereinspaziert, aber auf eigene Verantwortung!
    Er stand auf und begann, auf der Stelle zu rennen. »Ich sag dir was: Ich komme einfach bei dir vorbei, wenn die Konferenz um neun Uhr zu Ende ist. Ich habe deine neue Adresse, sie steht im APA-Mitgliederverzeichnis.« Bevor ich antworten konnte, hatte er sich rückwärts in Trab gesetzt und schrie nur noch zu mir zurück: »Wir sehen uns dann!«
    Ich blieb auf der Bank sitzen, schüttelte den Kopf und begann dann, laut zu lachen. Glücklicherweise waren keine Patienten in Hörweite, die den Anfall hätten mitbekommen können. Ich hatte immerhin einen Ruf zu verteidigen.
    Mit einem Mal kam mir alles und jedes an Tom Radcliffe zum Schreien komisch vor. Wie hatte ich jemals in diesen eitlen Egomanen verliebt sein können? Diesen oberflächlichen Trottel? Ich hatte die letzten beiden Jahre damit verbracht, ihm nachzutrauern, und jetzt konnte ich mich um nichts auf der Welt mehr daran erinnern, warum eigentlich. Und solange wir hinreichend Entfernung zwischen uns beiden und einem Schlafzimmer beibehielten, würde ich vielleicht auch nie mehr in Versuchung geraten, dieser Frage nachzugehen.
    Ich lächelte, während ich einen Spaziergang durch den Park machte, und pfiff auf dem gesamten Rückweg. Vielleicht machte ich ja wirklich Fortschritte.
    Das Erste, was mir auffiel, als ich etwas später in meinem Bürogebäude aus dem Aufzug kam, war ein großer prall gefüllter Packpapierumschlag, der an der Tür meiner Praxis lehnte. Ich hob ihn auf und klemmte ihn mir unter den Arm, während ich die Tür zum Wartezimmer und dann die zum Sprechzimmer aufschloss. Dann setzte ich mich an meinen Schreibtisch und inspizierte das Kuvert. Es war nicht beschriftet – keine Adresse, keine Briefmarke, nichts. Ich öffnete die Klappe. Im Umschlag steckte irgendetwas aus einem hellblauen fleckigen Stoff. Ich hatte augenblicklich ein übles Gefühl, als ich nach einem Bleistift griff und den Stoff damit aus seiner Tüte zog. Ich hatte genug Krimiserien gesehen, um zu wissen, dass Spuren möglichst unbeschädigt bleiben sollten, und mein sechster Sinn teilte mir mit, dass ich es mit etwas Fürchterlichem zu tun hatte.
    Ich verwendete den Bleistift dazu, den Stoff auf meiner Schreibtischplatte auszubreiten, und stellte fest, dass es eins von diesen Krankenhausnachthemden war, die Sorte, die hinten offen ist. Die Flecken sahen wie getrocknetes Blut aus und rochen auch so.
    Bei dem getrockneten Blut dachte ich unwillkürlich an Emerald. Ob man sie in ein solches Hemd gesteckt hatte?
    Nein. Es musste Hunderte anderer denkbarer Erklärungen dafür geben, dass dieses Hemd auf meiner Türschwelle aufgetaucht war. Wahrscheinlich hatte es überhaupt nichts mit Emerald zu tun. Jemand hatte das Kuvert einfach vor der falschen Tür deponiert.
    Ich gab mir wirklich Mühe, mich selbst zu täuschen, aber keine der Erklärungen erfüllte ihren Zweck, und mir begann etwas übel zu werden. Der Geruch erinnerte mich an meinen Traum, und ich griff unwillkürlich nach oben und berührte die Bissstelle an meinem Hals, die ich mit einem Pflaster abgedeckthatte. Dann kam mir die

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