Kismet Knight
daran?«
»Natürlich nicht.«
Sie schien das ausgesprochen komisch zu finden, denn sie schüttelte den Kopf, legte eine Hand auf die Brust und lachte, bis ihr die Tränen über das Gesicht liefen. »Ich beneide dich um die Reise, die dir bevorsteht. Wenn du den nötigen Mut hast, wird dein Leben außergewöhnlich sein – so widerborstig du auch bist.«
Ich ließ das mit der Widerborstigkeit unkommentiert. »Was wissen Sie über die Vampire?«
»Ich bin sehr empfänglich. Ich konnte die Nichtmenschlichen – nicht nur Vampire – schon immer wahrnehmen und außerdem eine wachsende Dunkelheit, die absolut böse ist. Es gibt einige Orte auf der Welt, an denen das Böse sich manifestiert. Denver ist ein solcher Ort. Du wirst eine Schlüsselrolle spielen. Aber wichtiger noch: Du wirst lernen, zu lieben und geliebt zu werden.«
Cerridwyn hatte eine dramatische Ader, das musste man ihr lassen. Das absolut Böse in Denver? Die Nichtmenschlichen?
»Also, ich muss sagen, ich habe eine von diesen Klischeevoraussagen erwartet, und Sie waren wirklich kreativ. Ich möchte Sie für Ihre Zeit bezahlen.«
Sie griff quer über den Tisch und packte mich am Arm; ihr Gesichtsausdruck war plötzlich ernst geworden. »Heute Abend besteht Gefahr. Es ist zu spät für die junge Frau, nach der du suchst. Fürchte dich nicht vor deinen eigenen Fähigkeiten! Sie sind es, die dich retten werden.«
Das Frühstücksburrito rumorte in meinem Magen. Ich fürchtete mich davor, sie zu fragen, was sie mit ihrer Bemerkung über die junge Frau meinte, und so saß ich einfach nur da und starrte sie an.
»Ich hoffe, diese Tarotsitzung hat dir geholfen. Komm wieder zu mir, wenn du bereit bist, die richtigen Fragen zu stellen unddie Antworten zu hören.« Sie griff in ihre Tasche. »Hier ist meine Karte. Ruf mich an, wenn du den Mut gefunden hast. Denk daran: Nichts kommt zu dir, ohne eingeladen zu sein, selbst wenn du nicht weißt, dass du die Einladung ausgesprochen hast.«
Welche Einladung?
Sie gab mir ihre Visitenkarte, ordnete ihre Tarotkarten zu einem Stoß und wickelte sie in einen roten Seidenschal.
Ich fischte in meiner Tasche nach Geld und holte einen Zehndollarschein heraus. Ich legte ihn auf den Tisch, stand auf und sagte: »Sie haben mir Angst gemacht.« Ich war überrascht, diese Worte aus meinem Mund kommen zu hören, denn es sah mir nicht ähnlich, Fremden meine Gefühle mitzuteilen – oder überhaupt irgendjemandem.
Sie lachte. »Gut. Angst zu haben wird dir dabei helfen, aufmerksam zu bleiben.«
Sie nahm das Geld, schob es sich in die Tasche und schloss die Augen.
Ich fasste das als Abschied auf und kehrte zu meiner Praxis zurück, während ich ihre Worte in Gedanken durchging. Der logische Teil versuchte, die Kontrolle zu übernehmen, indem er mich daran erinnerte, dass es keine seriösen Untersuchungen gab, die hellseherische Fähigkeiten bestätigten. Es war im Grunde sowieso nur esoterisches Gewaber gewesen, und das merkwürdige Gefühl in meinem Magen waren wahrscheinlich Verdauungsbeschwerden.
Aber der vom Instinkt gesteuerte Teil ignorierte all das und rief mir stattdessen die Geschichte von den drei kleinen Schweinchen und dem einen Schweinchen ins Gedächtnis, das sich sein Haus aus Stein gebaut hatte. Was versuchte mein Unbewusstes mir zu sagen? Gab es irgendwo dort draußen wirklich einen großen bösen Wolf, der mein Haus umpusten konnte?
Kapitel 9
Der Rest des Tages verlief auf angenehm normale Art. Ich hatte mehrere Patienten. Die Aufgabe, mich auf ihre Anliegen zu konzentrieren, hielt jeden Gedanken an den morbiden Irrsinn und das bizarre Chaos fern, die sich in mein Leben eingeschlichen hatten. Der entscheidende Aspekt bei erfolgreicher Verdrängung ist, dass man sich selbst beschäftigt halten muss.
Tatsächlich entwickelte sich der Nachmittag sogar sehr befriedigend.
Spock überkam mitten in seiner begeisterten Schilderung der letzten
Star-Trek
-Convention, die er besucht hatte, eine Erleuchtung. Offenbar hatte er eine Begegnung der dritten Art mit einer Protestlerin gehabt – wobei ich mir wirklich nicht vorstellen konnte, was es bei einer
Star-Trek
-Convention zu protestieren geben konnte –, und das hatte ihm zu denken gegeben. Die Frau hatte vor dem Gebäude Flugblätter verteilt, ihn angesprochen und ihn beschuldigt, ein krankes Hirn ohne eigenes Leben zu sein.
Er unterbrach sich mitten in seinem leidenschaftlichen Monolog über die Ungerechtigkeit ihrer Vorwürfe und fragte mit entsetztem
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