Kismet. Wenn Liebe nur so einfach wär`
als ihr vor dem Fahrstuhl die Reisetasche aus den Händen geglitten war und durch ihr verzweifeltes Bemühen diese festzuhalten das Handtuch auf den Boden gesegelt war, hatte er ihr liebenswürdigerweise die Fahrstuhltür aufgehalten, bis sie alles zusammen gesammelt hatte. Auf die Frage, was denn mit ihrem Rücken passiert sei, hatte sie nur geantwortet „mein Liebhaber mag es etwas härter“. Sie konnte förmlich sehen, wie sein Gesicht rot anlief.
Lachend schmiss sie ihre Sachen aufs Bett und traf dabei unabsichtlich ihren Kater. Mit einer Entschuldigung murmelnd, holte sie ihm eine riesen Portion Katzenfutter und streichelte ihn eine Weile.
Kraulend ließ Caro ihren Blick über ihren Wohnraum gleiten und blieb an ihrem blauen Handy hängen, das da lag wo sie es gestern ausgeschaltet hatte. Sie griff danach und kaum hatte sie es angeschaltet, da zeigte es ihr auch schon fünf Anrufe in Abwesenheit und sechs SMS an. Die Anrufe waren alle von Steffi und von den Textnachrichten hatte sie ihr drei geschrieben. Die Ersten beiden klangen noch freundlich besorgt, sie wollte wissen wie es ihr ging.
Die Letzte hingegen war ordentlich gepfeffert und sie forderte Caro auf sich unverzüglich bei ihr zu melden. Was sonst passieren würde hatte sie nicht dazu geschrieben, aber Caro wusste dass Steffi, wenn sie wollte, ewig schmollen konnte.
Zwar hatte Caroline nicht vor gehabt ihrer Freundin brühwarm von ihrem Liebesabenteuer zu berichten, sondern wollte erst einmal selbst ihre Gedanken dazu ordnen. Andererseits war Steffis Rat immer Gold wert und sie brauchte eine Person, die ihr half die Verbände zu erneuern. Hastig wählte sie ihre Nummer und wartete auf das Freizeichen. Nachdem zwanzigsten Klingeln legte sie auf und schrieb ihr eine SMS, dass sie noch lebte und es ihr gut ging. Kurz überlegte sie, wen sie sonst um ihre medizinische Versorgung bitten könnte und ihr fiel unmittelbar Tobi ein. Er war ja auch irgendwie schuld daran, dass sie verletzt war, deshalb wählte sie spontan seine Nummer und flötete Sekunden später:„Tobilein, du musst ganz dringend her kommen, biiittttteee.“
Sie verabredeten sich für zwei Stunden später, weil Tobias noch eine Vorlesung hatte. Es war ihr ganz recht, dass sie noch etwas Zeit für sich hatte, so konnte sie wenigstens den fehlenden Schlaf der letzten Nacht nachholen. Deshalb schlüpfte sie rasch aus ihrer Jeans und kroch unter die Decke.
Caroline erwachte erst als es am Nachmittag an ihrer Tür klingelte.
„Ich komme“, rief sie, schlang sich die Decke um ihren nackten Body und taumelte schlaftrunken zur Tür. Tobias blonde Haare waren wie immer vom Wind zerzaust und er trug zu seinen dunklen Jeans ein Shirt mit dem Logo seiner Lieblingsband. Frech grinste er sie an und hielt ihr eine duftende Tüte vom Bäcker unter die Nase.
„ Ich hab uns Kuchen mit gebracht“ verkündete Tobias und seine klaren grauen Augen strahlten.
„ OH , Lecker , komm rein.“ Ebenfalls lächelnd merkte Caro wie ausgehungert sie war. Schließlich hatte sie noch nichts gegessen. Aus dem Küchenschrank holte sie Teller, Gläser, sowie Kuchengabeln und lenkte Tobi zu ihrem blauen Sofa.
„Kaffee gibt’s nicht, du kannst Cola haben“, bemerkte sie knapp und spürte, wie Tobi verwundert die hellen Augenbrauen hochzog.
Normalerweise gab es bei ihr immer literweise Kaffee oder Latte Macchiato für ihren Besuch, aber nach dem Kaffeemaschinendesaster war ihr die Lust auf Kaffee gründlich vergangen.
„Ist eine lange Geschichte“, meinte sie lakonisch und winkte ab, um weiteres nachfragen zu verhindern. Genüsslich stürzte sie sich auf ihren Streuselkuchen und mampfte ihn bis zum letzten Krümel auf.
Amüsiert hatte Tobi sie dabei beobachtet, denn für gewöhnlich war Caro alles andere als ein Vielfraß.
„Dir scheint es ja schon besser zu gehen. Willst du mir vielleicht jetzt erzählen, wieso du gestern nicht mehr im Krankenhaus warst, als ich dich besuchen wollte? Eigentlich hatte ich gedacht, dass du mindestens bis heute drin bleiben solltest, oder etwa nicht?“, wollte er neugierig wissen und sah sie aufmerksam an. Da sie wusste, das ihr unrühmlicher Abgang sowieso im Freundeskreis bald publik werden würde, Steffi war zwar allerliebst, aber auch eine kleine Plaudertasche, trank sie schnell einen Schluck Cola und berichtete ihm dann, wie sie aus dem Krankenhaus abgehauen war.
Ungläubig schaute Tobi sie an, schüttelte mit dem Kopf und fing dann doch dröhnend an zu lachen.
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