Kiss and kill: Thriller (German Edition)
der Insel geflohen war, konnte er nicht mehr sehen. Wieso hatte er nicht jeden Millimeter abgesucht, ehe er einen Gast herbrachte? Er war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass ein früherer Mieter, wahrscheinlich vor Jahren, so ein verfluchtes Ding hiergelassen haben könnte.
Aber es machte nichts, dass sie ihm entkommen war. Inzwischen ist sie sowieso tot. Ich habe sie getroffen, entweder ins Herz oder in die Nähe des Herzens. Und wenn sie nicht tot war, würde sie es bald sein, spätestens morgen um diese Zeit. Auf keinen Fall würde sie da draußen überleben, auf dem Ozean treibend und schutzlos der Tropensonne ausgesetzt, ohne Essen, ohne Wasser, langsam verblutend. Sie würde einfach immer weiter in die Karibik hinaustreiben.
Und wenn jemand sie fand? Selbst wenn, hätten sie keine Ahnung, von wo sie kam, oder? Sie konnten sie unmöglich mit Tabora Island in Verbindung bringen. Nein, er war außer Gefahr.
Um ganz sicher zu sein, sollte er das Speedboot nehmen und ihr nachfahren. Er blickte zum Himmel, der beständig dunkler wurde. Auf lauten Donner folgten Blitze. Das Gewitter kam näher und näher.
Fahr jetzt, bevor es direkt über dir ist.
Er hängte sich das Gewehr über die Schulter, ging zurück zu seinem Motorrad und fuhr zur Anlegestelle auf der anderen Seite der Insel. Doch bereits auf halber Strecke hatte das Unwetter die Insel erreicht. Ein böiger Wind setzte ein, gleich darauf ein starker Regenguss. Bis er das Haus erreichte, war er vollkommen durchnässt.
Bei diesem Wetter konnte er nicht mit dem Boot rausfahren. Da riskierte er ja sein Leben! Lächelnd dachte er daran, wie günstig es für ihn war, dass bei diesem Tropengewitter das Boot mit LaTasha garantiert kentern würde. All seine Sorgen, ihre Leiche könnte gefunden werden, hatten sich also erledigt.
Selbstverständlich gab es keinen Grund, weshalb er nach diesem kleinen Rückschlag seine Pläne bezüglich Mia O’Dells Entführung ändern sollte. Zwar würde er die Nachrichten der nächsten Tage abwarten, doch sobald er sich vergewissert hatte, dass ihn niemand auf Tabora Island vermutete, würde er nach Birmingham fliegen und die vollbusige Samford-Studentin auf die Insel holen.
Nic klopfte an die geschlossene Arbeitszimmertür.
»Ja?«, rief Griff von drinnen.
»Kann ich reinkommen?«
»Nic? Natürlich, komm rein.«
Als sie die Tür öffnete, stand er nur noch ein Stück entfernt. Er musste gleich aufgesprungen und ihr entgegengekommen sein. Als Erstes fiel ihr auf, dass kein Licht im Zimmer brannte, und sie fragte sich, ob er hier im Dunkeln gesessen hatte. Als Zweites bemerkte sie, dass er den blauen Kaschmirpullover trug, den sie ihm heute geschenkt hatte.
»Hallo«, sagte sie.
»Hallo.«
»Ich schätze, du konntest nicht schlafen, was?«
Er schüttelte den Kopf. »Du anscheinend auch nicht. Schlecht geträumt?«
»Gar nicht geträumt. Ich war noch überhaupt nicht im Bett.«
»Komm rein. Möchtest du einen Drink? Wir können auch in die Küche gehen und Kakao oder Tee …«
»Nein danke.«
Nachdem sie ins Zimmer getreten war, schloss Griff die Tür hinter ihr. Dabei streifte sein Arm ihre Schulter.
»Ich kann nicht aufhören, an LaTasha Davies zu denken«, sagte Nic.
Griff legte eine Hand auf ihren Rücken und führte sie zum Ledersofa am Kamin. Die tanzenden Flammen wärmten den Raum und tauchten ihn in ein gedämpftes Licht.
Griff wollte die kleine Tischlampe neben der Couch einschalten, doch Nic hielt ihn davon ab. »Lass sie aus. So ist es gemütlicher.«
Sie setzten sich. Griff streckte seinen Arm auf der Sofalehne aus, direkt hinter Nics Schultern. »Willst du darüber reden?«, fragte er.
»Ja und nein. Am liebsten würde ich nicht an sie denken, mich nicht mehr fragen, wann ihre Leiche gefunden wird.« Nic sah ihn an. »Meinst du, er bringt sie nach Tampa zurück und hängt sie an einen Baum?«
»Das kommt darauf an, ob er bei seinem Muster bleibt oder das Spiel verändert.«
»Inzwischen hat er sie wahrscheinlich schon umgebracht.«
»Nic, Liebling …«
Sie legte eine Hand auf seine Schulter. »Schon gut. Ich komme damit klar.«
»Wie kann ich dir helfen?«
»Das tust du bereits«, antwortete sie und hielt ihm ihre Hand hin.
Er nahm sie, hob sie an seine Lippen und presste einen Kuss in die Innenfläche. »Es ist fast fünfzehn Jahre her, seit ich Amara verließ, und meistens schaffe ich es, jenen Abschnitt meines Lebens hinter mir zu lassen. Aber in den letzten vier Monaten, seit wir
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