Kissed by Darkness
steckte mir die Stimme in der Brust fest. Ich klang verletzt, nicht zornig. »Wie konntest du ihn töten? Du wusstest doch, dass er kein Monster war. Ich habe es dir doch gesagt. Er hat mir nicht wehgetan.«
Sie seufzte. »Es tut mir leid, aber er hat dir in den Hals gebissen. Was sollte ich denn da denken?«
Ich schüttelte leicht den Kopf. »Er hat mich nicht gebissen . Das war einer der Vamps, die wir ausgeschaltet haben. Er hat nur … wir haben nur … geknutscht.« Es klang so lächerlich.
»Du hast ihn doch kaum gekannt.« Meine Sicht war etwas verschwommen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass sie verärgert aussah. Aber ehrlich gesagt war es mir vollkommen egal, ob sie mich für eine Idiotin hielt. Vielleicht würde ich das ja später, wenn ich wieder klar im Kopf war, genauso sehen. Aber ein klarer Kopf war in letzter Zeit nicht meine Stärke gewesen. Besonders nicht, wenn es um Jack ging.
Ich strich ihm eine Haarsträhne aus den Augen. Die Pupillen waren geweitet und starr. So beschrieben sie das auch in diesen Crime-Scene-Shows, die ich mir früher, in meinem alten Leben, immer so gerne angesehen hatte. Jetzt kamen sie mir allerdings reichlich banal vor. Menschen, die sich gegenseitig umbrachten, wegen solchem Mist wie Geld oder Rache, obwohl es doch dort draußen vor echten Monstern nur so wimmelte.
Er war eindeutig tot. Mit aller Macht unterdrückte ich ein Schluchzen, als ich die Lippen auf seine Stirn legte und ihn sanft zu Boden sinken ließ. Dann schloss ich ihm die Augen.
Man sagt, wenn jemand stirbt, steigt die Seele aus den Augen zum Himmel auf. Ich fragte mich, ob Jack wohl eine Seele gehabt hatte, die aufsteigen konnte. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass er jetzt harfespielend auf einer Wolke saß, aber ich hoffte, dass er Frieden gefunden hatte. Was sollte ich jetzt nur tun, nachdem er fort war? Ich konnte nicht fassen, dass ich ihn wirklich für immer verloren hatte. Zu viele Fragen waren unbeantwortet geblieben.
Ein Gedanke regte sich in meinem Hinterkopf. Etwas stimmte hier nicht.
»Kabita, Jack ist nicht zu Asche geworden.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich hat das etwas mit seinem Sunwalker-Status zu tun. Vielleicht werden Sunwalker nicht zu Staub wie Vampire. Mach dir darüber keine Gedanken. Ich habe Inigo angerufen. Er wird uns helfen.«
Mit der Leiche. Er würde uns helfen, die Leiche loszuwerden. Sie sprach es nicht aus, aber ich wusste, was sie meinte. Schließlich konnten wir keine Cops brauchen, die neugierige Fragen stellten. Die Polizei ist in dieses ganze übernatürliche Geheimnis nicht eingeweiht, und das soll nach dem Willen der Regierung auch so bleiben. Wir wollten beide nicht erklären müssen, warum meine beste Freundin soeben jemanden erstochen hatte.
Ich fühlte mich noch immer benommen und konnte das Geschehene nicht begreifen. Mein Verstand begann abzuschweifen, was vermutlich bedeutete, dass ich mich später in den Schlaf weinen und dann tagelang nichts essen würde. So war es auch gewesen, nachdem mich mein Ex verlassen hatte. Es ist meine Art, zu trauern. Was in Anbetracht der Tatsache, dass ich Jack kaum gekannt hatte, schon merkwürdig war.
Kabita zog mich von Jacks Leichnam fort und flüsterte dabei Worte, die für mich keinen Sinn ergaben. Entweder war ich in noch schlechterer Verfassung, als ich angenommen hatte, oder es war ein Zauberspruch.
»Lass mich bloß mit deinem Voodoo-Scheiß in Ruhe«, fauchte ich sie an. Wut kochte in mir hoch und riss meinen Verstand aus seinem Fluchtreflex.
»Es ist kein Voodoo, und das weißt du genau«, schoss sie zurück. »Es ist nur ein Zauber, damit du dich besser fühlst.«
»Mir ist egal, was es ist! Ich will mich nicht besser fühlen!« Herrje, das war wirklich kindisch. Natürlich kannte ich den Unterschied zwischen Hexenkunst und Voodoo nur allzu gut. Aber ich wollte Kabita wütend machen, und nichts ärgert eine Hexe mehr als das. Gut so.
Sie seufzte und es klang sehr traurig. »Es tut mir leid, Morgan. Es tut mir wirklich leid. Ich dachte wirklich, dass er dich umbringen wollte. Wenn ich geahnt hätte … Es tut mir leid.« Das Mondlicht verwandelte sie in eine schwarze Silhouette, aber ich spürte ihren Kummer. Kummer meinetwegen, nicht wegen Jack.
Ich schloss die Augen. Hätte, wäre, könnte. »Ja, ich weiß.« Ich löste mich aus ihrem Griff und kniete mich neben Jacks Körper ins Gras. Mondschein schimmerte auf seiner Haut und färbte sein Haar schwarz. Ich strich
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