KISSED
Fenster zu klettern, aber ich schaffe es nicht.
Schließlich wasche ich meine schmutzigen Klamotten im Waschbecken des Badezimmers und lege mich dann auf das Himmelbett schlafen. Ich hoffe, dass ich das Haus morgen verlassen kann.
Ich schlafe den ganzen Tag, ohne mich mit irgendwelchen Mahlzeiten aufzuhalten. Es ist ein Bed and Breakfast, deshalb erwarte ich kein Mittagessen. Ich bin sowieso nicht hungrig, nur müde, so müde, dass ich fast nichts träume.
Als ich aufwache, ist es dunkel, und die Digitaluhr zeigt acht Uhr an. Ich wanke nach unten und probiere es an der Tür. Keine Chance. Ich gehe zurück ins Bett, wache aber stündlich wieder auf. Ich sitze in der Falle. Gott, ich sitzein der Falle. Werde ich jemals hier herauskommen? Bis Mitternacht versuche ich es nicht mehr an der Tür. Jetzt ist der nächste Tag angebrochen. Vielleicht kann ich immer noch ins Motel gehen. Aber nein. Ich komme nicht raus.
Ich habe zu viel Angst, zurück ins Bett zu gehen. Was, wenn ich für immer in diesem Paralleluniversumfestsitze und meine Familie nie wiedersehe? Früher oder später werde ich die Rechnung nicht mehr bezahlen können, und sie werden die Polizei holen, um mich zu vertreiben.
Bei Sonnenaufgang dusche ich, ziehe mich an und gehe nach unten.
»Sie sehen erholt aus.« Die Kaffee-Dame stellt Tabletts mit Plunderstückchen auf den Tisch. »Bereit für ein Frühstück? Wir haben frische Clotted Cream.«
Mir tut der Magen weh, kalter, roher Hunger steigt wie ein übler Geruch aus meinen Eingeweiden auf.
Ich nicke. »Auf jeden Fall. Aber zuerst muss ich das … ähm … Wetter testen.«
Sie lächelt. »Ein ziemlich heißer Tag, was sonst?«
»Darauf wette ich.« Ich gehe zur Tür. Wie ich vermutet hatte, lässt sie sich jetzt leicht öffnen, und als ich nach draußen gehe, spüre ich nur Hungerkrämpfe, nicht den stechenden Schmerz, den ich gestern gefühlt habe. Ich mache einen zweiten, dann einen dritten Schritt, dann ereilt mich ein vertrautes Gefühl, dasselbe, das ich auch bei der Arbeit hatte. Jemand beobachtet mich. Ich schaue über die Straße. Es ist der Fuchs. Er glotzt mich an. Unsere Blicke treffen sich. Dann huscht er ins Gebüsch.
Ich steige wieder die Stufen hinauf. Die Kaffee-Dame ist immer noch da, und ich sage: »Eigentlich habe ich etwas Zeit verloren, weil ich krank war und alles. Könnte ich mir vielleicht einen Muffin mitnehmen?«
»Selbstverständlich.« Die Kaffee-Dame sieht erleichtert aus, weil sie mich loswird. Das liegt wahrscheinlich an dem Umhang in meinem Rucksack. Meine Kleider habe ich zwar gewaschen, aber den Umhang habe ich nur stellenweise saubergemacht, um seine Magie nicht zu beeinflussen – vorausgesetzt, es ist überhaupt noch was davon übrig. Deswegen stinkt er. »Ich hole Ihnen eine Tüte.«
Ich gehe zum Büffettisch, schnappe mir drei Muffins und stopfe zwei davon in meinen Rucksack für den Fuchs. Um ihn zu bestechen. Als die Kaffee-Dame mit einer Tüte zurückkommt, grapsche ich mir so viel Essen, wie geht, ohne unverschämt zu sein, bedanke mich und gehe.
Ich mache mich auf die Suche nach dem Fuchs.
19
Nimm nicht den goldenen Käfig, sonst wird ein großes Unglück geschehen.
~~~ Der Feuervogel und der graue Wolf ~~~
Ich muss gar nicht nach ihm suchen. Sobald ich die Straße überquere, kommt der Fuchs hinter dem Müllcontainer hervor. Er hat schon auf mich gewartet.
»Hey«, begrüße ich ihn.
»Ich hab dir nichts zu sagen«, sagt er.
»Hör mal, ich hab’s versaut.«
»Findest du?« Der Fuchs dreht sich um und geht.
»Aber ich habe den Frosch gesehen.«
Er wendet sich wieder zu mir um und grinst hämisch mit seinen kleinen schwarzen Fuchslippen.
»Den Frosch? Oh, yeah, ich bin sicher, das war der Frosch. Idiot! Es war eine Illusion. Ich kann nicht mit jemandem arbeiten, der auf solche Tricks reinfällt. Er setzt vor dem Müllcontainer zum Sprung an. »Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich muss etwas zum Frühstück finden.«
»Warte!« Mir fallen die Muffins wieder ein. »Möchtest du etwas, das kein Abfall ist?«
Der Fuchs ist bereits abgesprungen, aber er dreht sich in der Luft und schafft es, auf seinen Füßen zu landen. Als er sich wieder gefangen hat, verengt er seine Augen zu Schlitzen und schaut mich an. »Wovon redest du?«
Ich komme näher, mache die Tüte auf und halte sie ihm hin. »Muffins. Scones. Plunderstückchen. Alle selbstgebacken von der netten Dame in dem Bed and Breakfast, in dem ich die ganze Nacht gefangen
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