KISSED
danke.« Ich nehme alles entgegen. »Aber wir wollen wirklich den Parkaufseher sprechen.«
»Er ist nicht da. Vielleicht an einem anderen Tag. Odernächste Woche.« Sie greift in eine Schublade und gibt mir einen Aufkleber, auf dem ICH BREMSE AUCH FÜR WEISSWEDELHIRSCHE steht. »Hier. Nehmt noch einen Autoaufkleber mit.«
Das ist nicht gut. Wir müssen den Parkaufseher sprechen. »Ist er auf einer Wanderung?«
»Margaret?«, ruft eine Stimme aus dem Büro. »Hast du die Nationalgarde inzwischen erreicht?«
Margaret dreht sich um und macht die Tür einen Spalt auf. Dann flüstert sie: »Sie kommen nicht.«
»Sie kommen nicht? Aber warum?«
»Psst.« Margaret schaut wieder mich an. »Sie glauben dir nicht. Sie sagen, es sei eine moderne Legende.«
»Die Nationalgarde glaubt mir nicht?« Die Stimme wird noch lauter. »Sie sollen rüberkommen und sich umschauen. Mal sehen, ob sie es auch dann noch für eine moderne Legende halten, wenn sie ihm ins Auge sehen.«
Margaret wirft mir wieder einen Blick zu, dann flüstert sie durch die Tür. »Wendell, ich habe diesen netten jungen Leuten gerade erzählt, dass der Parkaufseher nicht da ist.«
Wendell! Das ist der Name, den mir der Fuchs genannt hat.
»Hören Sie«, sage ich. »Ich weiß, dass das der Parkaufseher ist. Ich gehe hier nicht weg, bevor ich mit ihm gesprochen habe.«
Normalerweise bin ich nicht so aufdringlich, aber wenn man mal unterirdisch eingesperrt war, wird man kühn.
»Ich kann die Polizei rufen«, sagt Margaret.
»Und was wollen Sie denen erzählen? Dass ich in einem Nationalpark bin und den Parkaufseher sprechen möchte, aber dass er nicht mit mir sprechen kann, weil er sich in seinem Büro versteckt? Ja, ich bin sicher, sie werden mich verhaften.«
Meg legt mir die Hand auf die Schulter. »Lassen Sie uns mit Wendell sprechen. Dann gehen wir.«
»Ich fürchte, das geht nicht.«
»Schon in Ordnung, Margaret.« Die Tür geht auf. »Sie werden es ohnehin alle erfahren.«
Der Parkaufseher ist ein kleiner Mann mit Halbglatze und einer braunen Uniform aus Hemd und Shorts. Er hat Sonnenbrand auf der Glatze, deshalb schält sich dort die Haut. Seine wenigen verbliebenen Haare sind ungekämmt. Er sieht aus, als hätte er noch weniger geschlafen als ich. Er winkt uns in sein Büro.
»Na schön«, sagt er, als wir hereinkommen. »Wo habt ihr es gesehen?«
»Was gesehen?«
»Ihr seid hier, um einen toten Weißwedelhirsch zu melden, nicht wahr?«
»Ja. Ich meine, nein. Ich meine, wir haben tatsächlich einen Hirsch gesehen, aber deswegen sind wir nicht hier.«
»Ihr habt also noch einen gefunden? Noch einen?«
Er bricht in Tränen aus, und zwar nicht in diese männlichen Tränen, bei denen man vorgibt, es sei einem etwas ins Auge geflogen. Nee. Er beginnt zu heulen wie einKind, das sein Eis fallen gelassen hat, und schlägt sich die Hände vors Gesicht. Schließlich setzt er sich hin und schaukelt mit dem Oberkörper vor und zurück. Dabei sagt er: »Ruiniert. Alles ruiniert.«
Margaret tritt hinter ihn und streicht ihm über den Rücken. Als er weiterhin »ruiniert« sagt, legt sie den Arm um ihn.
»Na, na!« Sie funkelt mich an. »Siehst du jetzt, was du angerichtet hast?«
»Was ich angerichtet habe?« Ich verstehe das nicht. Was ist denn schon dabei? »Ich sagte nur …«
»Das hier ist ein Weißwedelhirsch-Wildreservat.«
»Ich weiß. Und?«
»Und jemand tötet die Weißwedelhirsche. Das ist das Problem.«
»Nicht jemand«, sagt Wendell. »Etwas. Dinge. Monster. Da draußen sind Monster. Alles ist ruiniert. Niemand glaubt mir.«
»Na, na!«, wiederholt Margaret. »Alles wird gut.«
»Ich bin ein guter Wildhüter. Als ich klein war, war ich ein Naturwissenschaftsgenie, und meine Eltern wollten, dass ich Arzt werde. Aber nein. Ich wollte den Planeten retten. Und jetzt bin ich ganz allein dafür verantwortlich, dass eine ganze Tierart ausgerottet wird.«
Er fängt wieder an zu schluchzen, noch heftiger als zuvor, und was er dann noch sagt, geht in den Schluchzern unter und ist unverständlich. Ich schaue Meg an. Sie zuckt die Achseln, geht aber auf ihn zu.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagt sie. »Darf ich das Thema wechseln?«
Wendell gibt ein gewaltiges Schniefen von sich, dann holt er geräuschvoll Luft. »D-das T-Thema wechseln?«
Meg nickt. »Nur für einen Augenblick.«
»Du willst das Thema wechseln?« Noch ein Schniefen.
»Ja. Wenn es Ihnen nicht allzu viele Umstände bereitet.«
»Nein … nein. Ich würde sehr gern das
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