KISSED
fliegen Federn und Blumen herum. Dann nehmen die drei zu Männern gewordenen Schwäne jeweils ein Hemd und ziehen es den verbliebenen Schwänen über den Kopf. Schon bald erscheinen ein Mann mit einem dichten Bart, ein Mädchen mit flammend rotem Haar und ein weiteres Mädchen mit schwarzem Haar, in dem eine Blume steckt. Ernest! Mallory! Margarita!
Margarita geht zu Farnesworth hinüber. Ihr Gang ist elegant, wie der einer Tänzerin in diesen alten Schwarz-Weiß-Filmen. Sie sagt: »Tut mir leid, Farnie, aber weißt du, wie es ist, wenn man dreißig Jahre lang nichts als Vogelfutter frisst?«
»Aber wo sind sie? Was habt ihr mit ihnen gemacht?«
Er vergräbt sein Gesicht in den Händen, und ich sehe, dass ihm echte Tränen über die Wangen rollen.
Ich versuche, es zu erklären. »Sie sind wieder zu Menschen geworden. Sie waren immer Menschen. Sie standen unter einem Fluch. Vielleicht können Sie sich ein paar echte Schwäne besorgen und …«
»Raus!«, schreit er mich an. »Raus aus meiner Lobby! Raus aus meinem Hotel!«
Ist das sein Ernst? Das ist nicht meine Schuld. Na ja, im Prinzip schon, denn ich habe Caroline hierher gebracht. Aber es ist nicht meine Schuld, dass die Schwäne in Wirklichkeit Menschen sind.
Farnesworth kommt auf mich zu, sein Gesicht hat die Farbe eines Hummers im Aquarium des Hotelrestaurants. Einer der Schwäne, der bärtige, Ernest, mischt sich ein und möchte helfen. »Mr. Farnesworth. Frank. Seien Sie vernünftig. Der Junge hat nur versucht zu helfen.«
»Frank? Ich weiß noch nicht mal, wer Sie sind.«
»Ich bin Ernest, Ihr Lieblingsschwan. Sie haben stundenlang mit mir geredet, haben mir Ihren Traum anvertraut, eines Tages einen Roman zu schreiben.«
»Was soll ich Ihnen anvertraut haben? Ich habe nichts dergleichen getan. Wo sind meine Schwäne?«
»Und jetzt können wir gemeinsam schreiben. Wir können nach Key West zum Haus meines Vaters fahren, zu den Hemingway-Tagen, dem Festival, das nach meinem Namensvetter Ernest Hemingway benannt ist.«
Harry oder Truman mischt sich ein. »Wir können Freunde sein, Frank, richtige menschliche Freunde. Wir mögen dich.«
»Ich rufe gleich die Polizei. Ich will keine Freunde. Ich will meine Vögel. Und ich will, dass ihr VERSCHWINDET !«
Meg nimmt mich an der Hand und zieht mich in RichtungSchuhwerkstatt. »Ich werde dafür sorgen, dass er verschwindet, Mr. F. Er muss nur seinen Krempel ausräumen.«
»Gut!« Farnesworth bebt noch immer vor Zorn, aber er tritt zurück. Als ich gehe, versuchen die Schwäne noch immer, ihn davon zu überzeugen, dass sie echt sind.
»Meinen Krempel ausräumen?«, sage ich zu Meg. »Ich arbeite hier. Der Laden gehört meiner Mutter, erinnerst du dich? Jetzt, wo du dir einen Prinzen geschnappt hast, willst du mich wohl loswerden, was?«
»Psst.« Meg legt einen Finger auf die Lippen. »Natürlich nicht. Wir finden schon eine Lösung. Aber du willst doch nicht, dass deine Mutter vor die Tür gesetzt wird, oder?«
Da hat sie recht. »Nein.«
»Okay, dann wirst du den Ball eine Weile flach halten müssen. Ich werde Philippe nach oben zu seiner Schwester bringen.«
»Sei vorsichtig«, sage ich. »Sieglinde könnte noch immer hinter ihm her sein. Vielleicht gibt es Spione.«
»Keine Sorge«, sagt Philippe. »Isch werde sie alle besiegen.«
»Ja, klar, als hättest du deine Sache bisher so gut gemacht.«
»Komm.« Meg nimmt mich an der Hand. Ihre Finger fühlen sich so weich an, und wieder kann ich es nicht fassen, dass ich meine Chance bei ihr vertan habe. »Ich muss dir etwas zeigen.«
Ich folge ihr zur Schuhwerkstatt. Als wir dort sind, deutet sie auf das Café. »Es ist da drin.«
Es wird allmählich Zeit, dass der Laden aufmacht, und tatsächlich ist Sean, einer ihrer Brüder, da und schließt auf.
»Ihr seid zurück.«
»Gerade angekommen.«
»Wer ist der steife Kerl da?« Er deutet auf Philippe.
»Oh, der?« Meg schaut hinter sich und strahlt. »Das ist Prinz Philippe Andrew Claude von Aloria. Wir werden heiraten.«
»Ja, klar.« Sean grinst vielsagend. »Du übernimmst also diese Schicht?«
»Nein, Pech für dich. Ich muss Johnny die Sachen zeigen. Lass mich durch.«
Sie geht an ihm vorbei in die Vorratskammer, wo sie den Kaffee aufbewahren und den Zuckernachschub und all so was. Sie reißt die Tür auf. »Tada!«
»Was ist das?«
»Deine Sachen.«
Ich starre ungläubig in die Kammer. Da drin stapeln sich vom Boden bis zur Decke Schuhkartons. Aber nicht irgendwelche Schuhkartons.
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