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KISSED

KISSED

Titel: KISSED Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ALEX FLINN
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aufwachen.«
    »Sie wollen, dass ich ein Fahrrad klaue?«
    »Nur leihen, falls das ein Notfall ist.«
    »Es ist ein Notfall. Aber …«
    »Du hast uns geholfen, mein Freund. Jetzt werde ich dir helfen.«
    Die Erkenntnis überwältigt mich. Es ist Harry, derSchwan aus der Lobby. Moment, nein. Er hat keine Wunde am Arm. Es muss Truman sein, sein Zwillingsbruder.
    »Aber wie …?«
    »Für Erklärungen ist später noch Zeit. Ich glaube, du hast es eilig. Lass uns erst mal das Fahrrad finden.«
    Es ist tatsächlich nicht abgeschlossen.
    Von South Beach zum Bill Baggs Park auf Key Biscayne ist es nicht gerade ein Katzensprung. Es ist kaum Verkehr, noch nicht, aber es ist immer noch dunkel und deshalb schwierig, etwas zu sehen, und nach ein paar Blocks fängt es auch noch an zu regnen – als wäre alles noch nicht schlimm genug. Wieder Regen. Ein Wolkenbruch eigentlich, dieser strömende Regen vor Sonnenaufgang, den es nur in Miami gibt und bei dem der Niederschlag einer ganzen Woche innerhalb von fünfzehn Minuten runterkommt. Ich halte nicht an, auch wenn es sich eher nach schwimmen als nach Radfahren anfühlt, auch wenn mir klar wird, dass ich nicht weiß, was ich tun soll, wenn ich dort ankomme. Ich habe keine besonderen Kräfte. Ich kann Sieglinde nicht besiegen. Trotzdem – wenn ich Meg nicht habe, dann habe ich gar nichts.
    Mit einem solchen Hirn im Kopf und solchen Füßen in den Schuhen bist du viel zu gut ausgerüstet, um eine mittelmäßige Straße zu nehmen.
    ~~~ Dr. Seuss ~~~
    Ich war nicht gut ausgerüstet. Ich habe eine Straße genommen, die nicht so gut war. Ich habe Meg verloren.
    Ich muss sie finden.
    Ich fahre über den MacArthur Causeway, und es regnet und stürmt so heftig, dass ich fast ins Wasser darunter geschleudert werde. Ich werde nicht ertrinken, nicht jetzt, wo ich weiß, dass Meg mich liebt. Ich ziehe den Lenker nach links und strample durch die Mauer aus Wind, wobei ich Downtown Miami in der Ferne kaum noch sehen kann. Irgendwann ist in die Pedale zu treten keine bewusste Handlung mehr, sondern etwas, was ich einfach tue wie ein motorbetriebenes Spielzeug ohne Sinn und Verstand.
    Wo ist sie? Was machen sie mit ihr? Denk nicht darüber nach, sage ich zu mir selbst. Denk überhaupt nicht nach. Doch ich kenne die Wahrheit: Sie haben sie mitgenommen, um mich dazu zu zwingen, Philippe zurückzubringen.
    Endlich sehe ich das Schild, auf dem BILL BAGGS STATE PARK steht. Da ist der Leuchtturm, sein Licht leuchtet vor dem inzwischen fast hellen Himmel. Jemand ist drin. Ich erreiche den dicht mit Mangroven bewachsenen Sandstrand und schiebe mein Fahrrad, bis es nicht mehr weitergeht. Meine Beine fühlen sich an, als würden sie vibrieren, und ich falle zu Boden. Der Sand ist kalt und nass an meinen schmerzenden Beinen. Wenn ich wollte, könnte ich hier für immer bleiben. Es würde so guttun, jetzt einfach hier einzuschlafen, aber ich kann nicht. Ichwerde es nicht. Ich stemme meine Hände in den Sand, bis ich wieder stehe, bis ich schließlich frankensteinmäßig über den Strand taumele. Zweimal falle ich fast hin, bevor ich den Leuchtturm erreiche.
    Die Tür des Leuchtturms ist alt, und ihre schwarze Farbe ist von der salzigen Luft weißlich angelaufen. Was wichtiger ist: Sie ist abgeschlossen. Ich ziehe mehrere Male daran, bis ich die Tatsache akzeptiere. Dann werfe ich mich dagegen und schreie mir die Lunge aus dem Hals.
    Nichts. Meine Stimme verliert sich im Tosen des Ozeans. Ich versuche es wieder. Und wieder. Aber die brechenden Wellen übertönen alles, nur nicht das Gefühl meiner eigenen Hilflosigkeit. Ich kann nichts tun. Ich habe keine besonderen Kräfte, keine Stärken. Ich bin nur ein ganz durchschnittlicher Typ, weniger noch als durchschnittlich. Wenn Meg irgendetwas zustößt, dann ist das alles meine Schuld, weil ich sie da hineingezogen habe.
    Der Gedanke verleiht mir übermenschliche Kräfte, trotz meiner schmerzenden Beine, trotz des Widerstands, den der Sand meinen Füßen entgegenbringt, und der Tatsache, dass ich nicht geschlafen habe. Ich trete zurück, ducke mich und nehme Anlauf, um mich gegen die Tür zu werfen.
    Genau in dem Moment geht sie auf.
    Mein Schwung hätte mich fast hindurchgetragen, aber mir gelingt es in letzter Sekunde abzubremsen, und ich breche auf dem Sand zusammen. Schwarze, rote und blaue Muster tanzen vor meinen Augen. Als ich wieder klar sehen kann, schaue ich nach oben.
    »Ich chabe mich schon gefrragt, wann du würrdest kommen«, sagt Sieglinde.
    Ich

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