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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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zweitausenddrei hat niemand mehr wieder etwas von Andy gehört.« Sie klang auf einmal eisig und abweisend. »Und ehrlich gesagt habe ich es satt, der Polizei gegenüber seine Unschuld beteuern zu müssen.«
    Ich wartete, da ich noch etwas mehr Zeit benötigte, um für ihre Stimme einen Grundton festzulegen. Stimmanalyse funktionierte im Prinzip wie ein Lügendetektor. Um eine Person beim Lügen zu ertappen, brauchte die Software zu Vergleichszwecken eine Kostprobe normalen Sprechverhaltens.
    »Sind Sie noch da, Lieutenant? Wie gesagt, ich beantworte keine Fragen über Andy mehr. Alle sind anscheinend schnell bei der Hand, wenn es darum geht, ihm die Morde in die Schuhe zu schieben. Aber bis jetzt hat noch niemand ernsthaft versucht, ihn zu finden oder seinen guten Ruf wiederherzustellen.«
    Auf dem Computerbildschirm erschien die Meldung ANGENOMMEN. Ich klickte auf Pause.
    »Ich glaube nicht, dass er schuldig ist«, warf ich schnell ein. Völlig gelogen war das nicht, denn ich war mir nicht sicher. »Ich würde ihn gerne finden und weiß womöglich, wo er sich zurzeit aufhält.« Das allerdings stimmte überhaupt nicht – aber genau genommen hatte ich bereits mit dem Lügen angefangen, als ich mich mit meinem alten Dienstgrad vorstellte.
    »Wissen Sie, ich habe immer wieder betont, dass Andy unschuldig ist, seit …«
    »Miss Mathis, ich hab’s eilig. Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie mir einfach nur ein paar Fragen beantworten könnten. Und wer weiß, vielleicht springt am Ende sogar ein Buch dabei raus.«
    »Ich verstehe. Schießen Sie los.«
    »Sagt Ihnen der Name Luther Kite etwas?« Ich klickte auf ANALYSE.
    »Noch nie gehört«, sagte sie.
    WAHRHEIT, blinkte es auf meinem Bildschirm.
    »Wissen Sie irgendetwas über Orson, Mr Thomas’ Bruder?«
    »Nein. Andy hat ihn nie erwähnt.«
    WAHRHEIT.
    »Und Walter Lancing?«
    »Der ist mir nie begegnet, aber ich wusste, dass er mit Andy befreundet war. Er befand sich unter den Mordopfern. Andy hätte Walter nie etwas zuleide getan.«
    WAHRHEIT.
    »Haben Sie jemals in einem Online-Forum den Usernamen ALONEAGAIN verwendet?«
    Nach einer kurzen Pause antwortete sie: »Nein, hab ich nicht. Wieso sollte ich das?«
    WAHRHEIT.
    »Kannten Sie Karen Prescott?«
    »Klar kannte ich die. Wir hatten öfter miteinander zu tun. Sie war ja eine Zeit lang Andys Lektorin. Sie hat er übrigens auch nicht umgebracht.«
    WAHRHEIT.
    Ich warf einen Blick auf den Wikipedia-Artikel, für den ich ein anderes Fenster geöffnet hatte. »Wissen Sie, wo Violet King sich momentan aufhält?«
    »Violet King? Tut mir leid, dieser Name sagt mir nichts.«
    LÜGE.
    Ich setzte mich etwas aufrechter. »Sie war Polizistin und ist zur gleichen Zeit wie Andy verschwunden, unmittelbar nach dem Massaker auf der Kinnakeet-Fähre. Wollen Sie mir sagen, Sie wissen nicht, wo sie ist?«
    »Ich hab keine Ahnung, wo sie sein könnte.«
    LÜGE.
    »Miss Mathis, es ist wirklich wichtig, dass Sie mir reinen Wein einschenken. Den Aufenthaltsort von Andy zu ermitteln, wird nicht einfach werden. Violet ist womöglich der Schlüssel dazu.«
    »Ich kenne die Frau überhaupt nicht.«
    »Oh doch, Cynthia. Ich bin bei der Polizei und weiß genau, wenn mich jemand anlügt.«
    Vor allem mithilfe der richtigen Software.
    Cynthia seufzte. »Violet ist mir nie persönlich begegnet und ich hab nur einmal mit ihr gesprochen.«
    WAHRHEIT.
    »Worum ging es in diesem Gespräch?«, fragte ich.
    »Nachdem Andy untergetaucht war, erhielt ich einen Brief in seiner Handschrift. Darin wurde ich gebeten, alle seine zukünftigen Tantiemen an Miss King zu überweisen. Ich rief sie an, um herauszufinden, was ihre Beziehung zu Andy war. Sie hatte jedoch einen Unfall erlitten und konnte wegen ihrer starken Schmerzen meine Fragen nicht beantworten. Ich stellte sie ihrschriftlich und bekam eine nette Antwort, in der sie mir mitteilte, sie wüsste nicht, wo Andy sich aufhielt. Außerdem wollte sie kein Geld von ihm. Trotzdem löst sie die Schecks ein, die ich ihr zweimal im Jahr zusende.«
    WAHRHEIT.
    »Haben Sie die Briefe noch? Die von Andy und Violet?«
    »Bestimmt. Ich werfe eigentlich nie etwas weg.«
    Ich gab ihr meine Faxnummer und fragte sie noch, ob sie bezüglich Violet irgendeinen Verdacht hatte.
    »Sie meinen, ob sie Andy gezwungen hat, diesen Brief zu schreiben? Natürlich kam mir dieser Gedanke. Ich vertrete ziemlich viele Krimiautoren. Aber dann habe ich mir den Poststempel genauer angesehen. Er war auf ein paar Wochen nach Violets

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