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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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abgesperrt – ihr Schutzengel hatte dafür gesorgt. Sie drehte den Knauf.
    Donaldson stand im spärlich beleuchteten Flur vor ihrer Tür und stützte sich auf den Rollstuhl. Ohne den Infusionsständer auf Rädern, der genau wie die hässlichen Krankenhaushemden inzwischen fest zu seinem und ihrem Leben gehörte, sah er vollkommen nackt aus.
    »Was machst du so lange?«, flüsterte er.
    »Sehr witzig, du Fettwanst«, sagte sie.
    »Bist du bereit?«
    »Klar doch.«
    Lucys letzte Operation lag erst neun Tage zurück. Sie waren zwar beide ziemlich lädiert, aber die Hauttransplantationen hatten sie noch mehr geschwächt.
    Sie machte drei qualvolle Schritte und ließ sich in den Rollstuhl plumpsen. Die Schmerzen, die durch ihre noch vorhandenen Nervenenden schossen, waren so schlimm, dass sie sich über die Armlehne des Rollstuhls beugte und auf den Boden kotzte.
    »Nett«, sagte Donaldson und schob den Rollstuhl los.
    »Wie sind wir zeitlich dran?«, fragte Lucy und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund.
    »Wir haben etwa eine Minute Verspätung. Alles nur wegen dir.«
    »Aber er wartet doch auf uns … oder nicht?«
    »Das will ich doch stark hoffen, bei dem, was wir diesem Arschloch bezahlen.«
    Im Gang kamen sie nur langsam voran. Bereits nach ein paar Metern mussten sie eine Rast einlegen. Donaldson schnaufte, und Lucy spürte, wie kalte Schweißtropfen von seinem künstlichen Kinn auf ihren kahlen Schädel fielen.
    »Schaffst du es noch, D?«
    »Scher dich zum Teufel.«
    Die Uhr der Krankenschwesternstation zeigte 19:15 Uhr an. Donaldson nickte der jungen Schwester zu, die gerade den bei Schichtende fälligen Papierkram erledigte.
    »Guten Abend«, krächzte er heiser.
    Sie beachtete ihn nicht.
    Donaldson schob den Rollstuhl weiter den Flur entlang und schließlich in den Aufenthaltsraum. Wie immer war er nach dem Abendessen voll. Ein Haufen Psychopathen, die früher einmal gefährlich gewesen waren, aber jetzt an diversen Krankheiten litten, saßen dicht beisammen vor einem alten Fernseher, in dem es nur jugendfreie Komödien zu sehen gab. Ein paar von ihnen glotzten Lucy an, als sie hereinrollte. Ein Querschnittsgelähmter namens Briggs, der seine Pflegerin umgebracht hatte, weil sie ihm statt seinem gewohnten Mais grüne Bohnen vorgesetzt hatte, wedelte mit der Zunge wie eine Schlange. Am liebsten hätte Lucy bei dem Kerl dort weitergemacht, wo Gott aufgehört hatte, und dafür gesorgt, dass er am ganzen Körper gelähmt war, aber im Augenblick gab es Wichtigeres zu tun.
    Sie gingen an dem leeren Tisch mit dem aufgemalten Schachbrett vorbei. Die Figuren fehlten, da das Personal sie einen Monat zuvor konfisziert hatte, nachdem ein Insasse einen anderen im Streit um einen Zug erschlagen hatte. Warum konnten psychisch kranke Gewalttäter nicht einfach nett zueinander sein?
    Sie steuerten auf die Tür am hinteren Ende des Zimmers zu.Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete Lucy den kräftigen und mürrischen Pfleger namens Gary. Er beachtete sie nicht, weil er in eine Ausgabe der Zeitschrift
US Weekly
vertieft war.
    Als sie bei der Tür ankamen, schnaufte und keuchte Donaldson schwer. Der Speichel, der auf Lucys kahlen Schädel tropfte, fühlte sich wie kalter Nieselregen an. Es ekelte sie, aber sie sagte nichts. Genau genommen tat Donaldson ihr leid.
    Was höchst seltsam war, denn Lucy hätte nie gedacht, dass sie so etwas wie Mitleid empfinden konnte.
    Sie beugte sich vor und drückte angestrengt auf den Türgriff. »Wie sieht’s aus, D?«
    »Die Luft ist rein.«
    Wie sie es schon etliche Male durchgespielt hatten, sagte Lucy laut: »Ich muss ganz dringend pinkeln.«
    »Wirklich? Das dauert ja ewig.«
    »Vergiss es. Ich mach’s selber.«
    »Wie du meinst«, brummte Donaldson und schob den Rollstuhl ins Bad.
    Ihr Schutzengel, ein mürrisch dreinschauender Kubaner namens Henry, wartete hinter einem Wäschekarren auf sie.
    Henry steckte schnell einen Schraubenzieher in den Pfosten der Tür, damit sie sich nicht öffnen ließ.
    »Warum habt ihr so lange gebraucht?«, fragte er.
    Lucy schenkte ihm ein Lächeln. Früher wäre es einladend gewesen, aber jetzt sah es nur noch grauenhaft aus. »Wir sind so schnell gekommen, wie es ging.«
    »Dann wird das Ganze eben teurer.«
    »Was soll das jetzt?«, krächzte Donaldson. »Wir haben dir alles gegeben, was wir haben.«
    »Von Geld ist hier nicht die Rede.«
    Lucy warf Donaldson einen kurzen Blick zu.
    »Ich weiß, dass ihr Medikamente gehortet habt. Gebt mir

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