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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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du genau.«
    Herb starrte mich an. »Hast du überhaupt eine Pistole?«, fragte er schließlich.
    Phin griff in die Wickeltasche, nahm meinen Colt heraus und drückte ihn mir in die Hand.
    »Okay«, sagte Herb. »Bringen wir es zu Ende.«
    Wir nahmen alle auf Willies Golfwagen Platz, worauf der Hausmeister sich wortlos hinter das Steuer setzte und unseresiebenköpfige Gruppe durch den Torbogen auf das Friedhofsgelände brachte.

Luther
2. April, 3:14 Uhr
    Er fasst sich an die Nase und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Das läuft ja wie geschmiert.
    Besser könnte es gar nicht funktionieren.

Jack
2. April, 3:15 Uhr
    Luther konnte sich an jedem der beiden Gräber aufhalten. Willie setzte zuerst Tom und Roy an der Leopold-Grabstätte ab, und Herb wies die beiden an, unbedingt Funkkontakt zu halten, jede Bedrohung als potenziell lebensgefährlich anzusehen und entsprechend zu reagieren.
    Wir anderen fuhren weiter zum Loeb-Grab, vorbei an endlosen Flächen mit weißen Grabsteinen, die blass und gespenstisch zwischen den Bäumen schimmerten.
    Kaum verlangsamten wir unsere Fahrt, sah ich auch schon das Ding mitten auf dem Weg parken: ein Sattelschlepper mit dem unverkennbaren Logo des Chicago Police Department – einem schwarz-weißen Stern mit fünf Zacken. »Haben wir uns einen Sattelschlepper zugelegt, seit ich in Pension gegangen bin?«, fragte ich.
    »Nicht dass ich wüsste«, sagte Herb. Er fragte über Funk nach, ob jemand in diesem Abschnitt des Friedhofs einen Lastwagen abgestellt hatte. Dann wandte er sich Harry zu. »Du Armleuchter kommst mit mir. Phin, du bleibst bei Jack.«
    »Wir geben dir Rückendeckung«, sagte ich mit Nachdruck.
    »Kommt nicht in die Tüte.«
    »Jetzt, wo ich bewaffnet bin, lass ich mir von euch nicht mehr vorschreiben, was ich zu tun habe«, sagte ich. »Ich kann von uns allen am besten schießen. Wir geben dir Rückendeckung.«
    Herb sah aus, als wollte er mir eine scheuern, aber dann beherrschte er sich und nickte nur.
    Wir stiegen vom Golfwagen und schlichen über den Rasen auf den Lastwagen zu. Es war kalt, dunkel und still, mit Ausnahme gelegentlicher Schreie, die aus dem Franks-Mausoleum kamen. Aus dieser Entfernung klangen sie fast wie Vogelgezwitscher.
    Eigentlich wollte ich mich auf den Lastwagen konzentrieren, doch dann dachte ich mir, dass Luther ihn womöglich dort hingestellt hatte, um uns abzulenken. Also ließ ich meinen Blick stattdessen über die Bäume, die Grabsteine und die Straße schweifen, die sich durch das Friedhofsgelände schlängelte.
    Aber da es im Umkreis von mehreren Hundert Metern keine einzige Straßenlaterne gab, konnte ich nichts sehen.
    Außerdem stellte ich fest, dass ich mir schon wieder unbewusst den Bauch tätschelte.
    »Die hintere Ladeluke ist offen«, sagte McGlade, als wir bis auf fünf Meter an den Anhänger herangekommen waren. »Und da drin steht was unter einer Plane. Ich kann Reifen sehen. Sieht aus wie ein Pick-up oder Van.«
    »Luthers Van?«, flüsterte ich Herb zu.
    »Ich geh mal nachsehen«, sagte Herb. »Ihr bleibt hier.«
    »Wie willst du reinkommen, du Fettwanst?«, sagte McGlade. »Gibt es hier irgendwo ’nen Kran?«
    »Du kannst ja nachhelfen.«
    »Und mir ’nen vierfachen Leistenbruch einhandeln? Nein danke. Kann Phin nicht da reingehen?«
    »Ich lasse Jack nicht hier stehen«, sagte Phin. »Warum gehst du nicht, Harry?«
    »Weil ich nicht so blöd bin wie dieser Fettwanst hier. Nur ein Vollidiot steigt freiwillig in diesen …«
    »Oh Gott, hilf mir! Bitte hilf mir! VERDAMMT NOCH MAL, HILF MIR DOCH ENDLICH EINER!«
    Für eine halbe Sekunde erstarrten wir alle.
    Der Schrei kam aus dem Fahrzeug unter der Plane.
    Ein Mensch – schwer zu sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte –, der schreckliche Schmerzen erlitt.
    Herb rannte los, hievte sich unter großer Anstrengung in den Anhänger des Lastwagens und landete bäuchlings auf der Ladefläche. Trotz seiner massiven Körperfülle rappelte er sich schnell wieder auf und eilte dem Verletzten zu Hilfe.
    Gerade als ich den Mund aufmachte und »Vorsicht!« schrie, fiel er auf die Knie und rollte zur Seite.
    »Herb!«
    Rückblickend betrachtet war es perfekt. Für manche Fallen verwendet man Käse oder Fleisch als Köder. Diese hier machte sich die menschliche Neigung zur Hilfsbereitschaft zunutze.
    Als ich meinen früheren Kollegen und besten Freund auf dem Boden liegen sah, reagierte ich automatisch. Ich riss mich von Phin los und kletterte, ohne zu

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