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Klack: Roman (German Edition)

Klack: Roman (German Edition)

Titel: Klack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Modick
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weichen Knien versuchte, den Rhythmus zu halten, was mir nicht gelang, weil ich durch den Stoff ihres Kleids den Saum ihres Schlüpfers zu ertasten glaubte und vom süßesten, stärksten, geheimnisvollsten Gefühl, das ich je erlebt hatte, wie von einer Welle durchpulst wurde, einem Gefühl, das in seiner daunenweichen Zärtlichkeit nichts zu tun hatte mit den handfesten Phantasien, die ich unter der Bettdecke in meine Taschentücher verströmen ließ. In diesem Rausch verzweifelten, aussichtslosen Verlangens torkelte ich mehr, als zu tanzen, trampelte Clarissa steifbeinig auf die Füße und wusste nicht vor noch zurück, bis ich plötzlich spürte, dass meine zauberhafte, kleine Ballerina die Führung übernahm und wir beide im selben Takt und Rhythmus schwebten.
    »Du hast wohl schon Tanzstunden gehabt?« Ich brachte mein Gesicht dicht an ihre Wange.
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Zopf schwang hin und her.
    »Aber wie hast du Tanzen gelernt?«
    Sie lächelte. »Wozu gelernt? Es geht doch einfach so.«
    »Einfach so?«
    »Wenn man mit dem Richtigen tanzt.«
    Mit dem Richtigen! Das war also ich! Musste ich ihr nicht jetzt, in diesem Augenblick, sagen, dass ich sie liebte? Oder wusste sie das längst? Einfach so? Es ihr zu sagen konnte nicht schaden. Aber wie? Einfach sagen: Clarissa, ich liebe dich? War das nicht allzu plump? Ich rang jetzt nicht mehr mit der Schrittfolge, sondern nach Worten, aber bevor sich Worte fanden, die der Unaussprechlichkeit meines Glücks gerecht geworden wären, endete der Walzer schon.
    »Für unsere jungen Sportsfreunde«, rief der Sänger und Hammondorgelspieler ins Mikrofon, »riskieren wir jetzt mal etwas ganz Gewagtes. Die Älteren drücken ein Auge zu oder machen mit. Ist ja Karneval. Twist!«
    Ich hätte die komplette Combo erwürgen können. Ausgerechnet Twist! Das bedeutete nämlich, dass Clarissa und ich uns nicht mehr selig in den Armen liegen durften, sondern uns voneinander lösen mussten, um albern mit den Hüften zu kreisen und in die Knie zu gehen. Warum kein Foxtrott oder Tango? Warum so etwas Pubertäres, Unreifes wie Twist? Aber die Kapelle machte ihre Drohung wahr.
Das ist der Popocatepetl-Twist,
bei dem Pepito alle Mädchen küsst
und seinen alten Muli ganz vergisst,
den alten Muli vor dem Tor.
    Clarissa mit den Hüften wackeln und kreisen zu sehen war zwar herrlich, aber ich wollte gar nicht Pepito sein und alle Mädchen küssen, sondern nur die Richtige, nur sie.
Das ist der Popocatepetl-Twist,
bei dem Pepito Hahn im Korbe ist,
wenn er den alten Muli auch vergisst,
der alte Muli hat Humor.
    Clarissa lachte, drehte sich, schüttelte die Beine. Der Zopf mit der Schleife flog wie ein kleiner roter Vogel um ihre Schultern.
Ih, ih, ah! So schreit der Muli,
bleib noch da, so schreit der Muli,
ih, ih, ah! Ich hab ja so viel Zeit.
    Der humorvolle Muli hatte die Zeit, die Clarissa nicht hatte, denn als wir uns außer Atem gegenüberstanden und ich nach ihrer Hand greifen wollte, weil jetzt ein Slowfox angestimmt wurde, schaute sie auf ihre Armbanduhr und zog die Stirn kraus. Auf ihrer Nase und Oberlippe glänzten ein paar Schweißtropfen wie Perlen.
    »Mein Papa holt mich hier ab«, sagte sie. »Um zehn. Ich muss gehen.«
    Ich hätte schreien mögen, schreien wie der Muli. Ih, ih, ah! Bleib noch da! Aber ich sagte nur: »Jetzt schon?« und griff nach ihrer Hand.
    »Wenn ich nicht um zehn vorm Eingang bin, lässt mich Papa nie wieder auf so ein Fest. Manchmal ist er sehr streng.«
    »Jetzt sofort?« Ich hatte Clarissa ja noch nicht einmal meine Liebe gestanden.
    Sie nickte, löste sanft ihre Hand aus meiner und ging Richtung Damenumkleide, in der die Garderobe untergebracht war. Ich half ihr in den Mantel, wie ich es in der Tanzstunde gelernt hatte.
    »Ich bring dich vor die Tür.«
    »Lieber nicht«, sagte sie, sah mir in die Augen, hauchte mir einen Kuss auf die Wange und lief, bevor ich etwas sagen konnte, durch den Flur zum Ausgang.
    Ich stand da wie einbetoniert. Der Kuss war trocken und flüchtig, erschien mir aber wie ein Versprechen. Ich strich mit zwei Fingern über die Stelle, an der sie mich geküsst hatte, als könnte ich die Berührung ihrer Lippen von meiner Wange lösen und wie ein Souvenir nach Hause tragen.
    Ich ging noch einmal in die Halle zurück und sah den Tänzern zu. Hanna lag schon wieder oder immer noch in den starken Armen Zorros, der sich aber inzwischen seine Gesichtsmaske auf die Stirn geschoben hatte und für alle Welt sichtbar Monsieur

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