Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
Vom Netzwerk:
Papst!«
    »Da war ich auch schon, habe die Finger mit den dicken Ringen geküsst, war also ganz nahe dran, an … Woran denn eigentlich?«, sagte Domingo, dem der Wein zu Kopf gestiegen war. »Habe langweilige Motetten dirigiert – und leider auch geschrieben.«
    Das obligatorische »Psst« hatte diesmal Curro übernommen.
    »Danach«, sagte Japón, »segelte man über Genova zurück nach Sevilla. Und zwei Jahre später machte sich Hasekura Tsunenaga auf den Rückweg nach Japan, nachdem es ihm gelungen war, nochmals ein Schiff zu requirieren, was nicht ganz einfach gewesen sein soll, denn schon damals, vor hundert Jahren, war sicherlich die entscheidende Frage: Wer zahlt?«
    »Wie bei uns«, sagte Curro. »Aber heute lade ich euch ein.«
    »Doch jetzt kommt’s. Die Gefolgschaft der Heimkehrer betrug nur einen Bruchteil der Zahl der Ankömmlinge! Wie das? Vielen –auch meinem Großvater – gefiel es in Spanien einfach zu gut; so gut, dass sie beschlossen hatten, zu bleiben. Sie setzten sich von der Truppe ab, möglichst unauffällig – Tsunenaga hatte ja auch andere Sorgen, nämlich, überhaupt an ein Schiff zu kommen –, einer nach dem anderen, tauchten unter, schützten Krankheiten vor oder erhielten gar, in einzelnen Fällen, beispielsweise als Händler, von höchsten Stellen eine Aufenthaltserlaubnis, dies natürlich nur unter der Bedingung, sich taufen zu lassen. Auch ich bin ja Christ, mein Großvater hat’s also ebenfalls getan.«
    Japón schlug ein Kreuz vor Stirn und Brust, präzise, als zähle er die Knöpfe seiner Weste.
    »So blieben wir Japaner fast alle im Land«, fuhr er fort. »Unsere Namen waren schwierig auszusprechen. Tanaka Taroemon zum Beispiel, derjenige meines Großvaters. So benannte man uns alle, wie eine einzige große Familie, was wir ja eigentlich auch sind, nach unserer Herkunft: Japón.
    Jeder hatte seinen eigenen Grund, nicht zurückzukehren, und auch seinen eigenen Plan. Samurais sind Abenteurer, wisst ihr. Sie ergreifen die Gelegenheit beim Schopf, bereuen nichts, jegliches Zögern ist ihnen fremd. In Sekundenschnelle können sie die wichtigsten Entscheidungen treffen, während eines Atemzuges vermögen sie, ihr Leben zu ändern. Einige wollten vielleicht Wanderer sein, das Land weiter erkunden, noch mehr von dieser neuen Welt kennenlernen, andere vom Erdboden verschwinden, in der Fremde aufgehen, zu einem anderen Menschen werden, neu beginnen. Was weiß ich. Einige von uns haben sich vielleicht verliebt. Bei euren wunderbaren andalusischen Mädchen. Wäre das denn so schwer vorstellbar?«
    »Nein«, sagte Curro.
    »O nein«, sagte Escarlati.
    »Mein Großvater, der liebte die Wärme und wollte nicht mehr frieren. Das sagte er jedenfalls und grinste dabei immer über beide Ohren. Ob er damit wirklich nur das Klima meinte? Wer weiß, bei wem er in Coria im Bett lag? Oma soll sehr hübsch gewesen sein. So wie ich.«
    Escarlati und Curro lachten.
    »Bei dir, Japón, ist man nie sicher, wie ernst du es meinst«, sagte Curro vergnügt. »Wie machst du das nur?« Japón tat beleidigt.

13
    Muster. Muster sind etwas Lustiges. Sie können vibrieren wie eine Fata Morgana, tanzen, sogar zu dir sprechen und dich verrückt machen.
    Wie das?
    Wenn man zum Beispiel schlaflos im Bett liegt und von draußen bereits das Tageslicht hereindringt, weil der König wieder einmal erst um vier Uhr morgens gespeist hat, dann starrt man an die Zimmerdecke oder in die Vorhänge und folgt den Linien der Falten, der Stuckaturen, auf und ab, auf und ab. Man sieht Gesichter in die Stoffe hinein, lässt die Streifen der Intarsien an Kleiderschrank und Kommode konkav und konvex hinüber- und herüberspringen, bis der Schlaf kommt, gar nicht mehr willkommen, weil er einem wieder den halben Tag stehlen wird.
    Die Sonne schien. Maria Barbara studierte die Azulejos, die blauen Kacheln, mit denen der Pavillon Carlos V. verkleidet war.
    Der Pavillon stand in den Gärten des Alcázar, und oft und gerne wurde darin gespeist. Auch die Bank, die ganz um das Gebäude herum führte, war gekachelt, und die Prinzessin saß darauf, neben einer grauen, pelzigen Katze, die sich in der Sonne streckte und seufzte. Niemand sonst war da.
    Maria Barbara ließ ihren Blick in den Bildern der Kacheln fremdgehen: Da gab es Schlingpflanzen, Blumenmuster, Lilien natürlich, miteinander verwobene Sterne mit Schweifen aus goldenen Strahlen, ineinander verknäuelt wie ein Haufen aus Ledergürteln, aber auch Affen, Pferde, Böcke und andere,

Weitere Kostenlose Bücher