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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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Escarlati zunächst, eine Vision wahrzunehmen, doch täuschte er sich nicht: Dort stand ein Spinett.
    »Hier ist es«, sagte Curro nicht ohne Stolz. Escarlati trat näher. »Wo habt ihr denn das her?« Das Instrument stand schief – sein linkes Bein war in die Erde eingesunken.
    So stellt sich das harmonische Gefälle, das wieder und wieder in die Tiefe stürzen und herabkadenzieren will, einmal realiter als schiefe Ebene dar, dachte Escarlati amüsiert.
    Der Gitarrist zeigte in Richtung der Kapelle, die man soeben passiert hatte. »Ausgeliehen.«
    »Wir bringen es zurück«, sagte ein anderer. Ein halbes Dutzend Männer und Frauen lungerten inzwischen um das Instrument herum wie um ein eingesperrtes, fremdartiges Tier.
    »Vielleicht«, grinste ein Dritter, und Montoya drohte ihm mit dem Zeigefinger.
    Das Spinett war alt und zerschunden. Auf dem Holz dunkelten getrocknete Wasserflecken wie Schwämme auf einem Baumstumpf. Die sparsamen Intarsien: ein Anker – wieso das? – und eine aufgerollte Schlange mit Flügeln, ein Meeresungetüm vielleicht, hingen wie Lappen gewellt in die Luft, nur noch lose zusammengehalten. Domingo klappte den Deckel hoch und blickte auf ein schlechtes Gebiss – naja, zumindest doch aus Ebenholz und Elfenbein. Einige der Tastenbeläge fehlten zwar, aber immerhin war die Tastatur komplett. Im Stehen griff der Meister einen Akkord und ließ dann eine Tonleiter abrollen: total verstimmt! Na, das war zu erwarten gewesen.
    Machen wir das Beste daraus!, sagte er sich, denn die Sachlage war klar: Jetzt musste er zeigen, was er konnte.
    »Das haben wir gleich«, murmelte er und fischte seinen Talisman aus dem Wams, das Einzige, was er immer bei sich trug: den Stimmschlüssel.
    »Eine Waffe. Der denkt an alles«, flüsterte einer der Jungs, die sich um das Spinett geschart hatten. Escarlati lachte und holte mit dem Werkzeug nach dem Kleinen aus.
    »Seht ihr, er kann das«, sagte Montoya.
    »Ist mein bester Freund, der da«, sagte Domingo, hob den Stimmschlüssel in die Höhe und setzte sich auf den Hocker vor dem Spinett. »Schafft Ordnung im Reich der Töne. Gäbe es nur ein ähnliches Gerät für die Welt.«
    »Die Harmonie der Welt in Ordnung zu bringen, o das wäre so schlecht nicht«, sagte Japón.
    »Fragt sich nur, woran man drehen müsste und wie groß das Werkzeug zu sein hätte«, lachte Montoya, und Escarlati winkte ab: »Kümmern wir uns zunächst um die Musik, und dann sehen wir weiter.«
    Mit geübten Griffen setzte er den Schlüssel an und begann eine Schnellstimmung. – Für Feinheiten, dachte er, ist jetzt keine Zeit. Die Leute hier wollen etwas hören, und man soll das Publikum nie zu lange warten lassen.
    Seltsamerweise war er nervös, viel unruhiger noch als vor einem Konzert am Hof. Nun, hier handelte es sich auch um Kenner!
    Was spiele ich?, überlegte er. Gleichzeitig ging er die Schwingungsverhältnisse der Töne durch, mit dem a beginnend, dann eine Quinte abwärts, dann eine Quarte aufwärts, wieder eine Quinte hinab, eine Quarte hinauf und so weiter.
    »Claro. Rein stimmen, das ist sehr schwer«, erklärte Curro den Umstehenden, die ehrfürchtig murmelten und mit den Köpfen nickten.
    »So gut es eben geht, Curro.«
    Als Domingo den Quintenzirkel einmal umrundet hatte, nahm er sich die Oktaven vor, die daran angeglichen werden mussten. Das war nicht weiter schwierig, lediglich Gewohnheit, tausendmal gemacht, doch zwei Saiten im Diskant, nein – pling! – drei hielten der Spannung nicht stand und rissen.
    Diese Töne galt es also zu vermeiden und drumherum zu spielen. Davon abgesehen war das Instrument nun einigermaßen verwendbar. Gegen den miserablen Zustand der Federkiele, welche die Saiten anrissen, konnte man natürlich nichts machen. So klang ein Ton weich, der nächste hart, einer leise, der andere laut.
    Unter das eingesunkene Bein hatte man einen Stein gelegt. Escarlati steckte sein Werkzeug in das Wams, setzte sich aufrecht, strich die Rockschöße zurück und spielte zur Probe eine langsame chromatische Tonleiter mit beiden Händen durch alle vier Oktaven. Ja, die Tonfärbungen waren grundverschieden, wie ein Flickenteppich, als sei die Skala einmal ganz nah, rücke dann für einen oder mehrere Töne in weite Ferne, um dann wieder in das Instrument zurückzuspringen – und die oberste Oktave war dreimal, dort, wo die Saiten fehlten, durch Stille perforiert.
    »Sehr ungleichmäßig«, sagte Domingo zu Curro. »Aber da kann man nichts machen. Denkt es euch

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