Klappe, Liebling!: Roman (German Edition)
Huschen zwischen den Bäumen entlang der Straße. Eine geisterhafte Gestalt, die schnell davonrannte. Nash? Wilder zielte mit der Glock, aber er bekam die Gestalt nicht scharf ins Visier. Sie verschwand so schnell, wie sie aufgetaucht war, und einen Augenblick lang fragte Wilder sich, ob er sich geirrt hatte.
Nein.
Wilder überlegte, ob er die Gestalt verfolgen sollte, entschied, dass er Lucy gerne noch einmal sehen würde, bevor er starb – was hoffentlich erst geschähe, wenn er alt war und mit ihr im Bett lag -, und verwarf den Gedanken.
Da trieb etwas im Wasser. Ein Fetzen eines Kleidungsstücks. Wilder fischte es heraus. Ein Stück von einem Hawaiihemd, von Blut und Sumpfwasser getränkt.
Finnegan schlief bei den Alligatoren.
18
Lucy hatte Pepper zu Daisy zurückgebracht und dabei mit halbem Ohr ihren begeisterten Erzählungen von ihren Erlebnissen mit Major LaFavre gelauscht.
»Er ist ein hervorragender Mensch«, erklärte sie Lucy.
»Na sicher ist er das«, stimmte sie zu und klopfte an Daisys Tür. Daisy öffnete mit trübem Blick. »Hey, mein kleiner Kürbis«, begrüßte sie Pepper. Dann sah sie Lucy an, und ihr Lächeln schwand. »Was?«
»Komm heute Abend nicht zur Brücke«, sagte Lucy, und Daisy trat einen Schritt zurück, um sie hereinzulassen. »Packt eure Sachen, und ich hole euch ab, sobald wir mit dem Drehen fertig sind. Wir fahren unmittelbar dann los.«
»Nach New York?«
»Vielleicht. Ich weiß nicht.« Lucy ließ sich auf die Bettkante sinken und warf dabei fast Daisys Tablettenfläschchen um. Nur noch vier Tabletten darin. Gut. »Für den Augenblick einfach nur weg von hier.«
»Was meinst du mit ›vielleicht‹?«
Lucy holte tief Atem. »Ich meine, vielleicht bleiben wir auch hier. Vielleicht fangen wir hier ganz neu an.«
Daisy setzte sich neben sie. »Wirklich?«
Lucy blickte sie an. »J. T. weiß über das Waisenhaus Bescheid.«
»Und?«
»Ich habe das vorher noch nie jemandem erzählt.«
Daisy blinzelte verwirrt. »Warum nicht?«
»Geht keinen was an.«
»Stimmt. Warum hast du’s J. T. erzählt?«
»Hab ich nicht. Er hat es erraten. Na ja, er hat erraten, dass wir keine richtigen Schwestern sind, und der Rest … kam dann einfach so raus.«
Daisy nickte. »Und was hat das damit zu tun, dass wir hier im Süden bleiben?«
Lucy schluckte. »Ich glaube, das mit J. T., das ist für immer, für den Rest meines Lebens. Ich weiß, dass ich da vorschnell bin, aber ich glaube wirklich daran. Ein neues Leben. Du willst doch auch ein neues Leben. Und ich will mit dir zusammenbleiben, ich möchte mit Pepper und ihren Barbies spielen, bis sie zu groß für die Barbies ist, dann will ich mit ihr über Jungs reden.«
»Cool« , bemerkte Pepper.
»Also werden wir uns heute Abend, wenn der Dreh vorbei ist, in den Camper setzen und nach Charleston oder Atlanta oder sonst wohin fahren, keine Ahnung, und uns ein nettes Hotel suchen, und dann setzen wir uns zusammen und besprechen, was wir beide wollen, und suchen uns den richtigen Ort aus und fangen von vorn an. Zusammen. Wir beide. Als Partner.«
Daisy holte tief Luft. »Das würde mir wirklich gut gefallen.«
Lucy nickte. »Ja. Mir auch.«
»Was ist mit deiner Karriere?«
Gute Frage . »Na ja, Atlanta ist doch eine wichtige Stadt in der Werbebranche«, meinte Lucy und versuchte, überzeugter zu klingen, als sie sich fühlte. »Ich bin sicher, die haben da eine Menge talentierter Hunde. Gloom kann die Geschäftsführung von New York aus erledigen. Mein Loft gefällt ihm doch so gut, da kann er gleich einziehen.« Eigentlich klang das Ganze, je länger sie redete, immer sinnvoller. Etwas ganz Neues. Neuer Anfang. Neuer Tag. Neue Liebe. »Das würde ich gern tun, und du würdest es gern tun, und das ist gut. Wir müssen uns die Einzelheiten noch gemeinsam überlegen …«
»Das können wir wirklich«, meinte Daisy eifrig, und Lucy sah Tränen in ihren Augen glitzern. »Das können wir so wirklich.«
Lucy fühlte selbst Tränen aufsteigen. »Du hörst dich an wie Pepper.«
Daisy schluckte. »Ich fühle mich auch wie Pepper. Wir drei wieder zusammen.«
»Und J. T.«, korrigierte Pepper, die sie mit aufgerissenen Augen beobachtete, als müsste sie noch entscheiden, ob das mit den Tränen gut war oder nicht.
»Und J. T.«, stimmte Lucy fest zu.
»Und René«, setzte Pepper hinzu.
»Wer?«, fragte Daisy.
»René«, wiederholte Pepper. »Er ist J. T.s bester Freund. Also kochen wir das Abendessen, und sie kommen zu
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