Klappohrkatze auf Reisen
anfassen kann, ohne mir am Papier fast bis auf den Knochen in den Finger zu schneiden? Das ist einfach nicht fair.) Außerdem bekamen wir eine erste Ahnung davon, wie viel Französisch wir noch lernen mussten.
Wir hatten uns für eine Schlossführung entschieden, und eine Frau erklärte uns – auf Französisch –, was wir sahen. Sie war offenbar gut geschult, was Touristen anging, denn ihr war klar, dass nur sehr wenige von uns sprachbegabt waren, und sie sprach s… ee… hrrr … laaaangsammm. Ich dachte, ich hätte mich gut geschlagen und fast alles verstanden, bis ich nachher Janis fragte, was um alles in der Welt die Führerin uns eigentlich sagen wollte, als sie die Geschichte von den Schuhmachern erzählte.
»Was für Schuhmacher ?«, wollte Janis wissen.
»Du weißt schon«, sagte ich. »Die Schuhmacher im Wald, die herumrannten und – da bin ich nicht ganz mitgekommen – Schuhe fanden und sie dem König mitbrachten?«
Nie werde ich den Gesichtsausdruck meiner Liebsten vergessen (oder, wie die Franzosen sagen, auf dem Gesicht meines petit chou-chou – meines kleinen Rosenkohls), als sie begriff, worauf ich hinauswollte. Es war ein Blick, in dem sich Erstaunen, Ehrfurcht und eine beträchtliche Portion Grauen mischten.
Die Führerin hatte diese lange und, wie ich fand, verworrene Geschichte von den chasseurs erzählt, die auszogen, um ihr Ding für König François Premier zu machen (oder, für Sie, Franz I.). Ich kam einfach nicht dahinter, warum chasseurs – Schuhmacher, wie ich dachte – im Wald nach Pumps und Mokassins suchten. Wie sich herausstellte, sind Schuhmacher cha u sseurs. Und sie durchstöberten den Garten des Königs nicht nach Lederwaren. Ch a sseurs sind Jäger . Und sie brachten Frankie auch keine Stiefel mit, sondern Wild, das sie geschossen hatten. Zu behaupten, ich hätte nicht kapiert, worum es ging, wäre eine geringfügige Untertreibung, besonders da ich den ganzen Rest dieses Vortrags unter dem Gesichtspunkt der Schuhgeschichte betrachtet hatte. Ganz besonders verwirrte mich das alljährliche Fest der offenen Sandalen .
Ach ja. Also war ich noch nicht so weit, meine Dinner mit Polanski und Konsorten wiederaufzunehmen und das Gespräch an mich zu reißen. Bald, versicherte ich meinen beiden Reisegefährten. Aber weder Janis noch Norton wirkten überzeugt.
Immerhin war ich so weit – und mindestens einer der beiden auch –, Wein zu trinken. Also begannen wir mit dem dégustation -Teil unserer Loire-Reise.
Unser erster Halt war Azay-le-Rideau, das nicht nur einen köstlichen Weißwein hat, sondern auch ein Schloss von Weltklasse. Wir besuchten ein paar caves , probierten den einheimischen vin und zeigten dann Norton sein zweites château . Ich erinnerte mich daran, Azay-le-Rideau vor fast zwanzig Jahren besucht zu haben, und war mir sicher, dass es damals hieß, hier habe die Legende von Dornröschen ihren Ursprung.
»Stell dir das vor«, sagte ich immer wieder zu Janis, »hier soll Dornröschen geschlafen haben.«
»Beweise es mir«, erwiderte Janis jedes Mal, denn tatsächlich, nirgendwo – in keinem Reiseführer und an keiner Stelle im Schloss – war diese doch ganz wundervolle Tatsache erwähnt.
»Das ist das Problem mit der modernen Welt«, grummelte ich, als mir klar wurde, dass mein Wort gegen den Guide Michelin stand. »Keine Romantik.«
»Vielleicht kamen hier früher irgendwelche Schuhmacher hin«, sagte Janis, aber ich machte ihr unmissverständlich klar, dass mich dieser Ansatz auch nicht glücklicher machte.
Am Ende besichtigten wir noch weitere drei Tage lang châteaux und schöne Loire-Städte. Wir machten keine Pläne und suchten uns auf gut Glück Hotels. Zweimal übernachteten wir in einheimischen Quartieren, die völlig in Ordnung waren, und einmal in einem umgebauten Schloss. Norton gefiel dieser Raum am besten von allen, weil ein wunderschöner, großer roter Satinsessel darin stand, den er fast wie einen Thron benutzte.
In den beiden ersten Hotels, in denen wir übernachteten, verfuhr ich nach demselben System. Ich fuhr vor, ließ Janis mit Ihr-wisst-schon-wem im Wagen warten und fragte dann den Rezeptionisten oder Wirt, ob eine Katze bei ihnen übernachten dürfte. Jedes Mal bekam ich exakt dieselbe Auskunft.
»Warum nicht?«, lautete die Standardantwort. » Sie dürfen doch auch hier wohnen. Warum sollten wir eine Katze nicht aufnehmen?«
Ich muss sagen, ich fand diese Einstellung bemerkenswert gesund, und Norton tat das offensichtlich
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