Klappohrkatze auf Reisen
Mal in Frankreich war, und Karl VIII . starb hier, nachdem er sich an einem sehr niedrigen Türrahmen den Kopf gestoßen hatte. (Das habe ich nicht erfunden! Und es rangiert definitiv ganz unten auf der Liste der Arten, wie ich persönlich von dieser Erde abtreten möchte.) Außerdem ist dies der Ort, an dem Norton zum ersten Mal in seinem Leben aus seiner Schultertasche sprang und weglief.
Amboise liegt unten am Fluss, und das umwerfende château thront hoch darüber. Vor der Schlossbesichtigung beschlossen wir die Stadt zu erkunden, denn meine Lieblingsbeschäftigung in Frankreich besteht darin, einfach herumzulaufen, die Leute zu beobachten und so viele pâtisseries wie möglich aufzusuchen. Janis probiert aus, wie viele Museen und Ruinen sie an einem Tag besuchen kann; meine Vorstellung vom Touristendasein besteht darin, ein Café mit viel Atmosphäre zu finden und den Tag damit zu verbringen, Espresso zu trinken und mich als Franzose aufzuführen. Für diesen unseren ersten Tag an der Loire einigten wir uns auf einen Kompromiss. Wir würden die Schlossbesichtigung machen, aber erst musste ich schlendern, trinken, essen und Franzose spielen. Norton begleitete uns natürlich überallhin. Beim Schlendern, Besichtigen, Cafébesuchen. Er fühlte sich ganz zu Hause.
Irgendwann suchten wir ein Postamt, um ein paar Ansichtskarten nach Hause zu schicken. Das bureau de poste von Amboise lag im belebtesten Teil der Stadt. Nachdem wir unsere Briefmarken gekauft und die Karten eingeworfen hatten, gingen wir wieder zurück in die Altstadt, aber bevor wir dort anlangten, bretterte ein riesiger Lastwagen an uns vorbei, laut hupend, und in genau dem Moment streifte ein Fahrrad mich beinahe und stieß mich ins Gebüsch. Ich war etwas erschrocken – vor allem von der durchdringenden Hupe des Lkw, der gar nicht einmal so nah war, nur laut – aber es schien alles in Ordnung, bis ich Janis schreien hörte. Ich drehte mich um, um zu sehen, warum sie schrie, griff in die Schultertasche, um mich zu vergewissern, dass Norton okay war, und begriff dann, warum sie kreischte – weil Norton aus der Tasche gesprungen war und die Straße hinunterlief. Er war bereits gute sechs Meter von uns entfernt und rannte, so schnell er konnte. Bevor Janis auch nur die Worte herausbrachte: »Fang ihn ein!«, war Norton um die Ecke gebogen und im Herzen einer mittelalterlichen Bergstadt verschwunden.
Eines muss ich über meine Beziehung zu meiner Katze sagen – ich war ihm gegenüber nie herablassend. Ich weigere mich zu glauben, dass er jemals etwas vollkommen Unpassendes tun würde. Ich meine nicht etwas Ärgerliches, etwa sich den ganzen Tag verstecken, ich meine etwas nachhaltig Unschickliches – etwa Weglaufen.
Janis ihrerseits geriet in Panik. Sie schrie immer noch, ich solle ihm hinterherlaufen, selbst nachdem ich sie darauf hingewiesen hatte, dass ich selbst in meinen besten Jahren nicht schnell genug war, um eine Katze einzufangen, die sich nicht fangen lassen wollte. Stattdessen atmete ich tief durch und sagte zu Janis, er werde hinter der nächsten Ecke ruhig darauf warten, dass ich ihn holte.
Immer noch ruhig ging ich mit ihr die Straße hinunter, über die Norton verschwunden war. Zusammen gingen wir – wir rannten nicht, sondern gingen, wenn auch in ziemlich flottem Schritt – die rund sechzig Meter bis zur nächsten Ecke … und dort, mitten auf der Straße, saß Norton und erwartete uns. Er hatte sich gelassen vor einer Reinigung aufgebaut und hatte einen Gesichtsausdruck, der uns ganz ohne Zweifel sagen sollte:
»Wo bleibt ihr denn? Ich warte auf euch.«
Er saß dort, bis ich zu ihm ging, ihn hochhob und ihn wieder in seine Tasche setzte.
Janis runzelte nur die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Er läuft nicht weg«, erklärte ich ihr.
»Nein, aber ich vielleicht«, sagte sie.
Ich streichelte meinen Kater, warf ihm einen raschen Blick zu, der ihm, wie er wohl wusste, sagen sollte, dass ich mir sehr viel mehr Sorgen gemacht hatte, als ich mir hatte anmerken lassen, und dann gingen wir hoch zum château von Amboise.
Es war spektakulär. Selbst Norton fand das (Janis erschrak allerdings jedes Mal zu Tode, wenn er sich in seiner Tasche umdrehte, um seine Umgebung genauer zu betrachten). Wir sahen Leonardos Grab und die Pläne und Modelle seiner frühen Erfindungen. (Wie kommt es eigentlich, dass jemand zu Beginn des 16. Jahrhunderts Entwürfe für ein Flugzeug und Automobil zeichnen konnte, ich aber nicht mein Faxgerät
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