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Klappohrkatze auf Reisen

Klappohrkatze auf Reisen

Titel: Klappohrkatze auf Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Gethers
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warf mir einen dieser französischen Blicke zu. Diesen Blick, der sagt:
    »Warum bestehen die Amerikaner immer auf diesen Fragen, wo doch nur die schlichte Wahrheit gefragt ist?« Und er wackelte mit dem erhobenen Finger, blickte auf den Hebel hinunter und wiederholte seine Warnung.
    »Ne touchez pas« , sagte er und schüttelte feierlich den Kopf.
    »Aber was passiert dann?«, fragte ich.
    Er schaute mich ungläubig an. »C’est très important« , flüsterte er. Das Flüstern sollte mir sagen, dass es sogar noch wichtiger war, als ich bereits geahnt hatte.
    »Ne … touchez … pas.« Dann folgten zehn Sekunden Pause, bevor er das Wort hinzufügte, das ich bereits vorausahnte. »Jamais.«
    Ich beschloss, es noch einmal zu versuchen.
    »Ich verspreche, ich werde ihn nicht anrühren«, sagte ich. »Ich schwöre es. Aber geben Sie mir doch einen Tipp. Was passiert dann?«
    Mein französischer Mechaniker zog seinen Overallreißverschluss zu, wischte sich die Hände am Hosenbein ab und kam zu mir herüber. Er legte mir die Hände auf die Schultern und sah mir gerade in die Augen.
    »Monsieur« , sagte er in einem Ton, würdig eines Staatsoberhauptes, das den Ausbruch eines Krieges verkündete. »Ich möchte Ihnen nur noch eines sagen.«
    »Ich glaube, ich weiß, was es ist«, sagte ich.
    Er drehte sich abrupt um, ging zwei Schritte Richtung Ausgang, dann wandte er sich wieder ruckartig zu mir um. Er streckte den Arm aus, streckte einen Finger aus und zeigte auf den Hebel im Wagen.
    »Ne touchez pas« , befahl er.
    »Jamais?« , fragte ich. Zufrieden – aber immer noch ernst und ohne Lächeln – nickte er.
    »Jamais« , bestätigte er und ging zum Essen.
    Ich habe diesen Hebel niemals touchiert . Und ich fand auch nie heraus, wozu zum Teufel er gut war. Ich weiß nur, dass ich den Rest des Jahres in Todesangst lebte, dass ein Fremder sich hinters Steuer dieses roten Citroëns setzen und einen interessanten Hebel zu seiner Rechten erblicken würde, und entweder würde dann irgendein armer Beifahrer durchs Dach katapultiert oder eine Stadt in China dem Erdboden gleichgemacht.
    Viel dringender war es jedoch jetzt, zu Janis und der Wohnung zurückzukehren, in der wir sie zurückgelassen hatten.
    Neben meinem mangelnden technischen Verständnis besitze ich auch den wahrscheinlich schlechtesten Orientierungssinn der Welt. Ich kann mich in New York City verlaufen – wo die Straßen durchnummeriert sind! –, Autofahren in Paris erwies sich daher als ein gewisses Abenteuer. In Paris gibt es nur Einbahnstraßen, die meist in genau entgegengesetzter Richtung zu der verlaufen, in die ich will, und die wenigsten Straßen behalten länger als ein oder zwei Blocks denselben Namen. Was es äußerst schwierig macht, sich fortzubewegen, wenn man nicht weiß, wo man hinfährt. Es ist schon schwer genug, zu fahren und gleichzeitig den Stadtplan zu lesen, aber besonders schwer ist es in Paris, wo einen alle zwei Sekunden jemand anhupt oder anschreit oder einem Gebäck zu verkaufen versucht.
    Eine ganz wichtige Lektion habe ich dabei aber doch gelernt: Katzen mögen in vielen, vielen Dingen wunderbar sein, aber das Lesen von Stadtplänen gehört nicht dazu.
    Für die zwanzigminütige Fahrt zur Wohnung brauchte ich zweieinhalb Stunden. Aber als wir endlich da waren, packten wir schnell, und sobald wir Janis beschwichtigt hatten, konnten wir auch aufbrechen.
    Und so, nur ein paar Stunden hinter dem Zeitplan, begannen wir unsere Fahrt gen Süden.
    ***
    Norton war noch nie durchs Loire-Tal – das Tal der Könige – gefahren und Janis übrigens auch nicht, also beschlossen wir, ein paar Tage die châteaux der Region abzuklappern und den dortigen ausgezeichneten Wein zu trinken.
    Als wir endlich begriffen hatten, wie man aus Paris herauskommt (ich glaube, ich ertrage es nicht zu berichten, wie oft ich tatsächlich um den Kreisverkehr am Arc de Triomphe herumfahren musste; sagen wir einfach, es war kein schöner Anblick), entschieden wir uns, die neunzig Kilometer bis Chartres zu fahren und von dort aus zu starten.
    Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass ich in keinster Art, Weise oder Hinsicht ein religiöser Mensch bin. Meine Beziehung zu meiner Kultur verläuft wie die zu den meisten anderen Kulturen – über das Essen und die Frauen. Daher komme ich, von einem Date mit einer Zahnhygienikerin namens Rachel einmal abgesehen, einer mystischen Erfahrung mit meinem eigenen kulturellen Erbe niemals näher als durch einen befriedigenden

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