Klappohrkatze auf Reisen
gerade zufrieden, aber auch nicht vollkommen unglücklich, mit Gangschaltung zu fahren und französisch zu sprechen.
Etwas anderes, mit dem wir nie gerechnet hatten, war das französische Postwesen.
Es kann zwei Wochen dauern, bis ein Brief oder Paket es von Amerika in einen kleinen Ort im Süden Frankreichs schafft. Einer der Gründe, wie wir schließlich herausfanden, ist, dass immer irgendwo jemand ist, der etwas mit der Postauslieferung in Frankreich zu tun hat und sich im Streik befindet. Als wir ein paar Wochen dort waren, bekamen wir gar keine Post mehr. Drei oder vier Tage hintereinander schauten wir in den Briefkasten am anderen Ende des Garten, und rien . Nix. Nicht mal die Herald Tribune . Schließlich nahmen wir unseren Mut zusammen und fragten im Postamt nach, und sie sagten uns, dass die Postleute in Avignon streikten. Da Avignon fünfzig Kilometer entfernt lag, könnte man sich fragen, was das mit uns zu tun hatte. Tjaaa … auf diese Frage bekamen wir nie eine wirklich zufriedenstellende Antwort. Wir konnten nur vermuten, dass (1) die meiste Post über das große Postamt von Avignon ging, bevor sie zum winzig kleinen Postamt von Goult geschickt wurde und dass (2), da Avignon wichtiger war als Goult oder irgendeine der umliegenden Ortschaften, die einheimischen Postboten des Lubéron herangezogen wurden, um in Avignon die Post auszutragen.
Dieser Streik dauerte zwei Wochen. Als er vorbei war, bekamen wir an drei aufeinanderfolgenden Tagen unsere Post, dann hörte es wieder auf. Am zweiten Tag (der zweiten Runde) ohne Post gingen wir wieder aufs Postamt, um zu sehen, was jetzt los war. Diesmal war Folgendes geschehen: Die Postboten von Avignon hatten ihren Streik siegreich beendet; sie bekamen Gehaltserhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen und weil die Postboten im Lubéron nun weniger verdienten als ihre Kollegen in Avignon, streikten sie.
Wenn die Postboten nicht streikten, taten es die Lastwagenfahrer, was bedeutete, dass keine Pakete ausgeliefert wurden. Wenn die Lastwagenfahrer nicht im Streik waren, dann waren es die Eisenbahner, was irgendwie schon wieder bedeutete, dass keine Pakete ausgeliefert wurden. Wenn die Eisenbahner nicht streikten, demonstrierten die Bauern gegen jenen Horror, der sich Euro Disney nennt, und blockierten alle Straßen und Bahnstrecken, sodass keine Pakete ausgeliefert werden konnten.
Eines Tages, als wir schon mehrere Monate in Goult waren, fiel uns wieder einmal auf, dass keine Post mehr kam. Wir pilgerten mal wieder zum Postamt (eine Pilgerreise von ganzen zwei Häuserblocks), um herauszukriegen, wer diesmal streikte. Kein Streik, sagte man uns. Aber unser Postbote hatte einen Unfall. Er war von seinem Motorrad – einem winzigen Roller, mindestens dreißig Zentimeter zu klein für seine langen Beine, mit dem lautesten Motor der Welt – gefallen und hatte sich das Schlüsselbein gebrochen.
»Ach, wie schrecklich«, sagte ich mitfühlend. »Bitte grüßen Sie ihn von mir. Aber was hat das damit zu tun, dass wir keine Post bekommen?«
Und erst dann wurde mir klar, dass es für Goult nur einen einzigen Postboten gab. Wenn er die Post nicht ausliefern konnte, konnte es niemand. Er war der Einzige, der wusste, wie die Briefe zu sortieren waren, er war der Einzige, der wusste, wo die Leute wohnten, und ich schätze, er war auch der einzige für den Job Geeignete, der ein Motorrad besaß.
Es dauerte zwei Wochen, bis wir wieder Post bekamen. Und der Postbote, ein schlaksiger, unglücklich wirkender Mann, sah, als er auf seinem Motorrad durch den Ort tuckerte, seinen Arm in einer unbequem aussehenden Schlinge, sogar noch ernster aus als sonst.
Norton war eine Zeit lang unser einziger Garant für einen einigermaßen geregelten Tagesablauf. Er war jeden Morgen zur gleichen Zeit wach und wartete an seinem Fressnapf, rollte sich jeden Tag an denselben zwei oder drei Stellen zusammen und miaute jeden Abend um dieselbe Zeit nach seinem Futter. Alles andere in Frankreich schien uns nach Lust und Laune zu funktionieren.
Eines Morgens wachten wir auf und entdeckten, dass irgendjemand ungefähr eine Tonne Steine hinter unser Haus gekippt hatte. Das erschien uns reichlich mysteriös, waren wir doch sicher, dass wir keine Tonne Steine bestellt hatten. Wir riefen unsere Vermieterin, Elisabeth, in Paris an, die die Sache ebenso mysteriös fand. Sie sagte, sie würde sich wieder melden. Eine Woche später war das Rätsel gelöst. Vor etlichen Monaten hatte sie mit einem maçon
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