Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
nicht von seiner Seite. Besonders Jenny verbrachte einen Großteil des Abends damit, ihn zu streicheln und ihm zu sagen, was für ein guter Junge er war. Nach und nach verlagerte sich die gesamte Party zum Bühnenbereich hin, denn dort waren Tony und Jenny – und sie waren dort, weil Norton dort war. Einer nach dem anderen kam herüber, um Tony zu einer weiteren brillanten schauspielerischen Leistung zu gratulieren, und dann wurde einer nach dem anderen gefragt: »Kennen Sie Norton schon?« (Und, ja, Sie haben völlig recht, absolut keiner wurde gefragt: »Kennen Sie Peter schon?«)
Nach ein paar Minuten konnte ich mich entspannen, und mir wurde klar, dass meine Katze mich nicht an ihrer Seite brauchte, also aßen und tranken Janis und ich und mischten uns unter die zweihundert Leute, die gekommen waren, um Sag Harbors neuestes Kulturhighlight zu unterstützen. Ab und an ging ich wieder nach vorne und sah nach meiner Scottish Fold, die, soweit ich es beurteilen konnte, sich wie im Himmel fühlte bei all dem Aufheben, das man um sie machte. Irgendwann spürte ich, wie mir jemand auf die Schulter tippte, und als ich mich umdrehte, sah ich, dass es Lauren Bacall war.
»Entschuldigung«, sagte sie mit liebenswürdigem Lächeln. »Darf ich Sie etwas fragen?«
Während Bilder aus Tote schlafen fest und Haben und Nichthaben vor meinem geistigen Auge flimmerten, tat ich mein Bestes, mich lässig zu geben, und sagte: »Natürlich.«
»Ja, also, die Frage ist folgende.« Ihr Lächeln wurde sogar noch liebenswürdiger, als sie eine Hand auf meine Schulter legte und herzlich sagte: »Ich weiß nicht, wer Sie sind, und ich weiß nicht, warum Sie hier sind. Aber wenn ich mit Tony Hopkins reden will, der ein alter, sehr lieber Freund ist … warum muss ich mich dann hinter Ihrer Scheiß-Katze anstellen? «
Ich sah nach vorne ins Theater. Da waren ungefähr fünfzig Leute, die versuchten, den Hopkins’ so nahe zu kommen, dass sie mit ihnen reden konnten. Jenny hielt Norton auf dem Arm, und Tony drehte der Menge den Rücken zu, während er ihn knuddelte und kraulte. Ich weiß, dass es bei dem ganzen Lärm unmöglich war, aber ich war mir fast sicher, dass ich Nortons Schnurren über der schwatzenden Menge hören konnte. Ich wandte mich wieder zu Lauren Bacall.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte ich zu ihr. »Glauben Sie mir. Das ist eine lange Geschichte.«
7. Kapitel
Eine Katze in mittleren Jahren
W ie sich herausstellte, gab es für meine Katze und mich noch eine Parallele auf unseren ohnehin eng miteinander verknüpften Lebenswegen.
Wir wurden beide ein bisschen älter.
Und spürten es.
Ein qualvoller, jämmerlicher Schmerz in der rechten Schulter stand am Anfang meiner Leiden, die für gewöhnlich mit dem Umstand einhergehen, dass man sein Alter eben nicht mehr mit dem einfachen Zahlwort »dreißig« benennen kann. Vielleicht sind Sie schon selbst darauf gekommen, dass Gelassenheit nicht zu den Dingen zählt, die den Leuten als Erstes einfallen, wenn sie mich zu beschreiben versuchen. Jedenfalls tat meine Schulter höllisch weh, und der Schmerz führte zu diversen Arztbesuchen, Röntgenuntersuchungen, MRT und schließlich einer Operation, die neben anderen unangenehmen, aber weniger ernsten Tatbeständen eine degenerative Arthrose zutage brachte. Dieser Operation folgte eine ganze Reihe von Physiotherapien (meist befand ich mich im selben Raum mit diversen Leuten, denen ein Lastwagen ein Bein zerschmettert hatte oder denen Maschinen, die ich niemals auch nur anrühren, geschweige denn per Hand bedienen würde, einen Arm abgerissen hatten, also blieb mir die doppelte Frustration, extreme Schmerzen zu leiden, aber mich viel zu sehr zu schämen, um zu jammern). Außerdem folgten noch mehr Arztbesuche, eine Unterhaltung mit einem der Ärzte über die generelle Heilungschance, in der mir die unangenehme Frage gestellt wurde: »Wie steht es mit Ihrer Schmerztoleranz?«, sowie einem weiteren Gespräch, das in der aufmunternden Aussicht gipfelte: »Na gut, das Ziel ist, Sie noch fünfzehn Jahre so schmerzfrei wie möglich zu halten, und dann bekommen Sie ein künstliches Schultergelenk, damit Sie selbst essen und sich die Zähne putzen können.«
Lieber nicht beschreiben möchte ich die Sitzung, in der dieser Arzt mir erklärte, mein Körper sei wie ein Autoreifen, der hunderttausend Meilen laufen konnte. Als er an den Punkt kam, an dem er mich darauf hinwies, dass ich ungefähr fünfzigtausend dieser Meilen
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