Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)

bereits verbraucht hatte, begann ich, jämmerliche kleine Geräusche von mir zu geben und ihn anzuflehen, sich einen anderen Vergleich auszudenken. Nachdem er mir die Schwierigkeiten geschildert hatte, die ich beim eigenhändigen Zähneputzen haben würde, beschloss ich, die Geschichte mit dem Reifen sei doch prima, und er möge bitte in Zukunft dabei bleiben.
    Alles in allem, auch wenn Janis vielleicht anderer Meinung wäre, wenn ich sie an dieser Stelle einen eigenen Absatz einfügen ließe, finde ich, dass ich den Schmerz und das Trauma (und das Abfinden damit, dass ich mich nach und nach auflöste und auseinanderfiel und bald wenig mehr als ein Haufen verrottender Abfall in dieser stinkenden, elenden Welt sein würde) mit großer Reife und Würde ertrug. Ich würde eventuell sogar so weit gehen, die Worte »königlicher Edelmut« zu verwenden. Als jedoch meine Katze krank wurde und ähnliche Anzeichen mittelalterlichen Verfalls zeigte, war ich völlig aufgelöst.
    Janis, Norton und ich waren über Weihnachten wieder nach Sizilien gereist, um die Tornabenes in ihrer Abtei aus dem 14. Jahrhundert zu besuchen, und als wir zurückkamen, fiel mir etwas Seltsames auf. Das Wasser in Nortons Wassernapf verschwand sehr schnell.
    Ich dachte mir erst einmal nichts dabei, aber nachdem das ein paar Wochen so gegangen war, erinnerte ich mich doch, dass meine Katze normalerweise nicht sonderlich viel Wasser trank. Zunächst dachte ich, meine Wohnung und mein Haus in Sag Harbor seien vielleicht überheizt und das Wasser verdampfe. Ich weiß, das klingt bescheuert (und auch ziemlich dämlich), aber ich kam einfach nicht auf die Idee, Norton könne pro Tag einen oder zwei komplette Näpfe voll Wasser aufschlecken. Das Nächste, was mir auffiel, war, dass nicht nur das Wasser in seinem Napf verschwand, sondern dass Norton plötzlich Wasser aus der Toilette trank. Zu allen Tages- und Nachtzeiten hörte ich das unverkennbare Geräusch einer Tierzunge, die so schnell wie möglich Wasser aufschlabberte, ging ins Badezimmer und sah, wie sich Norton in die Toilettenschüssel beugte und trank wie ein … na ja … wie ein hundsgewöhnlicher Hund . Ein oder zwei Tage lang tat ich nichts weiter, als darüber zu grübeln und es merkwürdig zu finden. Nun sollten Sie wissen, dass ich während unseres gesamten gemeinsamen Lebens meinen Kater genauso behandelt habe, wie ich selbst behandelt werden möchte (mit Ausnahme jener Fälle, wo ich ihn besser behandelte). Ich meine damit, dass meine Einstellung war, gut zu leben und mir das Leben so leicht wie möglich zu machen – und somit wollte ich, dass er ebenso gut lebte wie ich und ein ebenso leichtes Leben hatte. Eins der Dinge, die ich nicht für mich tat, war, häufig zum Arzt zu gehen. Ich bin kein Hypochonder, und ich bin kein sehr furchtsamer Mensch. Außerdem neige ich zum Fatalismus und denke im Allgemeinen, dass die Dinge schon ihren Lauf nehmen werden. Andererseits bin ich kein totaler Kretin und nicht darüber erhaben, Hilfe zu suchen, wenn Hilfe gebraucht wird. Nachdem ich also ein paar Tage über Nortons Verhalten gegrübelt hatte, wie ich auch über meines grübeln würde, wenn ich plötzlich anfinge, Wasser aus der Toilettenschüssel zu trinken, befand ich, da könne etwas nicht stimmen und es sei Zeit, mit ihm zum Tierarzt zu gehen.
    Seit seinen Kätzchentagen war Norton immer ein Glückspilz. Er war nicht nur selten krank, er hatte in Sag Harbor auch einen absolut sensationellen Tierarzt namens Dr. Jonathan Turetsky. Jonathan ist nicht nur ein sorgfältiger und liebevoller Arzt, sondern auch umwerfend gründlich. Immer, wenn ich Norton zu seinem alljährlichen Check-up brachte, kam ich nach Hause und sagte zu Janis, ich wünschte, mein Arzt wäre so gründlich bei seinen Untersuchungen und Analysen. Ich liebte Turetsky. Wie fast alle seine Patienten – zahlende Zweibeiner ebenso wie kranke Vierbeiner.
    Leider konnte Norton ihn nicht ausstehen.
    Das machte den guten Doktor wahnsinnig. Jahrelang hatte er Norton herzlich begrüßt, beruhigend auf ihn eingeredet, ihn wunderbar behandelt, sich aufrichtig um sein Wohlergehen gesorgt – und meine freundliche, charmante, perfekte Katze führte sich auf, als würde sie von einem dieser fliegenden Affen aus dem Zauberer von Oz untersucht. Turetsky brauchte nur in seine Nähe zu kommen, und Norton fauchte und kratzte und benahm sich wie Charles Bronson, als er in Gesprengte Ketten aus dem Tunnel entkommen will. Sie erinnern sich? Der