Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
würde alles gut werden. Janis versicherte mir ständig, dass wirklich alles gut werden würde, aber mein normalerweise optimistisches Naturell ließ mich plötzlich im Stich. Als der Arzt mich am frühen Nachmittag des nächsten Tages anrief und mich bat mit Norton vorbeizukommen, war ich ein Wrack. Ich bat Janis nicht mitzukommen, aber sie ließ sich auch nicht bitten. Sie kam einfach mit, als ich mir Norton über die Schulter hängte, und begleitete uns zu unserer Unterstützung.
Bis wir an Dr. Turetskys Tierklinik angekommen waren – Norton heulte den ganzen Weg lang, wie üblich –, war ich sogar noch schlimmer dran als ein Wrack. Seit ich beschlossen hatte, dass er nunmehr schwer krank war, wirkte er auf mich plötzlich wie eine vollkommen andere Katze. Plötzlich dachte ich, er habe die Hälfte seines Körpergewichts verloren und sei zum Skelett abgemagert. Ich war überzeugt, dass das Maunzen, das ich mir anhörte, nicht einfach die übliche Ich-hasse-den-Tierarzt-Klage war, sondern schmerzerfüllt klang. Außerdem las ich eine Spur Verachtung in seinem Blick, hatte ich doch offenbar die beunruhigenden Symptome wochenlang ignoriert und ihn dehydrieren lassen. Als wir Turetskys Behandlungszimmer betraten, war ich schweißgebadet und fühlte mich um zehn Jahre gealtert.
Ich setzte Norton auf den Behandlungstisch, sah ihn einen misstrauischen Blick auf seinen alten Feind werfen und hörte dann Dr. Turetsky so ruhig wie möglich sagen: »Regen Sie sich nicht zu sehr auf, wenn ich Ihnen sage, was ich Ihnen gleich sagen werde, denn wir haben es sehr früh entdeckt, und es ist keine Tragödie, aber Norton leidet unter beginnendem Nierenversagen.«
Ich schnappte nach Luft. Dann noch einmal. Ich versuchte ruhig zu bleiben. Ich wollte denken: Na prima, jetzt habe ich die Nachricht gehört, und ich kann damit umgehen. Ich bin ein erwachsener Mensch, und ich kann definitiv damit umgehen.
Als ich die Diagnose hörte, ging mir Folgendes durch den Kopf: Nieren versagen. Nicht Nieren erkrankung . Versagen = hoffnungslos. Hoffnungslos = tot. O mein Gott, meine Katze stirbt!
Ich bewahrte meinen gefassten Gesichtsausdruck, obwohl ich sicher war, dass dies das Ende bedeutete. Ebenso sicher war ich, dass der Doc keine Ahnung hatte, wie erschüttert ich war, bis ich ihn sagen hörte: »Norton kommt schon wieder in Ordnung, aber ich glaube, Sie sollten sich besser setzen, damit Sie nicht umkippen.«
Zu meinem großen Kummer setzte ich mich, und Janis griff nach meiner Hand und drückte sie aufmunternd. Mein Herz raste, und ich spürte, wie ich zitterte. Norton saß immer noch auf dem Edelstahltisch und wirkte überhaupt nicht erschüttert.
»Wie lange hat er noch?«, fragte ich und rechnete mit der Antwort: »Zwei oder drei Tage«, aber Turetsky sagte: »Er wird nicht sterben. Ehrlich. Das ist sehr verbreitet bei älteren Katzen, und es lässt sich eine ganze Weile aufhalten.«
»Aufhalten?«, brachte ich heraus. »Heißt das ›heilen‹?«
»Nein«, erklärte Turetsky. »Nierenversagen ist nicht heilbar. Heilen können wir es nicht, aber wir können versuchen, dafür zu sorgen, dass es nicht schlimmer wird. Wir haben es extrem früh festgestellt, die Tests haben ergeben, dass einige Blutwerte höher sind als normal, aber nichts an seinem Zustand ist auch nur entfernt kritisch. Und Norton ist ansonsten ausgesprochen gesund. Ich habe schon Katzen gesehen, die mit dieser Sache vier oder fünf Jahre oder sogar noch länger lebten.«
Da Turetsky ganz offensichtlich der Meinung war, das seien gute Nachrichten für uns, begann er, mir sofort alles Mögliche zu erklären: was Nortons Blutwerte zu bedeuten hatten, welche Behandlung er erhalten würde und bestimmt noch vieles andere mehr, aber ich hörte im Grunde kein Wort davon. Ich starrte ins Nichts, strengte mich wirklich sehr an, dass mir nicht die Tränen in die Augen traten, und meine Gedanken waren verwirrt und traurig und schrecklich.
Ich weiß noch, wie ich denken wollte: Vier oder fünf Jahre, na ja, das ist eine lange Zeit, das ist in Ordnung, er ist schon dreizehn …
Und ich weiß auch noch, wie ich dachte: vier oder fünf Jahre?! Nein, nein, das ist nicht möglich, das ist nicht lange genug, ich will ihn noch viele, viele weitere Jahre haben …
Und dann weiß ich noch, wie ich dachte: Ich kann es nicht glauben. Meine Katze wird nicht ewig leben …
Irgendwann werde ich ohne Norton sein …
Während der besorgte Arzt weiterredete, gab ich mir alle Mühe zu
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