Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
Kochsalzlösung. Und es dauert ein paar Stunden, bis sie sich im Blutkreislauf verteilt.« Dann sah er mich an, merkte, dass mir die Augen fast so weit aus dem Kopf quollen wie die Beule in Nortons Mittelteil, und fragte: »Alles in Ordnung bei Ihnen?«
»Ich glaube schon«, sagte ich. »Ich habe nur eine Frage.«
»Bitte«, sagte er.
»Wollen Sie sagen, dass ich diese Nadel in meine Katze stechen muss und tun, was Sie gerade gemacht haben?«
»Yep«, sagte Dr. Turetsky.
Und das war der Moment, als mir klar wurde, dass mein Leben sich ändern würde.
Drastisch.
Als ich Dr. Turetskys Praxis verließ, war ich wieder ein bisschen entspannter. Zum einen war ich zwar immer noch traumatisiert angesichts der Hinfälligkeit und Sterblichkeit meiner Katze, akzeptierte aber halbwegs die Tatsache, dass keine unmittelbare Gefahr bestand, ihn in das große Körbchen dort oben im Himmel laufen zu sehen. Außerdem versicherte Turetsky mir, falls ich nicht derjenige sein konnte/wollte/musste, der Norton die Nadel ins Fleisch stach, würde sich jemand finden, der es mir abnahm – gegen Bezahlung, versteht sich. Und so machte ich es in den nächsten Wochen. Ich muss zugeben, dass ich zunächst meine schlimme Schulter als Ausrede vorschob und behauptete, ich könne nicht gleichzeitig den Tropf aufhängen, Norton festhalten und die Nadel an der richtigen Stelle halten, weil mir dafür die Beweglichkeit fehlte. Aber die Wahrheit ist, dass es mir unvorstellbar war, Norton einen scharfen Gegenstand in den Körper zu stechen und ihn mit Kochsalzlösung vollzupumpen. Ich brachte es einfach nicht fertig. Ich war mir sicher, ich würde ihm wehtun, und das war das Schlimmste, was ich mir im Leben vorstellen konnte. Und – ich hasse es, das vor euch Katzenfanatikern zuzugeben, die ihr möglicherweise einen gewissen Respekt vor mir habt – ich war viel, viel, viel zu zimperlich.
Da. Ich gebe es zu. Ich war ein riesengroßes Weichei.
Ich weiß noch, wie ich damals in den ach so tollen Tagen der Sixties zu meinen Eltern sagte, sie müssten sich niemals Sorgen machen, ich könnte drogensüchtig werden, denn der bloße Gedanke, mir selbst eine Nadel in den Arm zu stechen – oder schlimmer noch, mir von irgendeinem mit Drogen zugedröhnten Hippie, der auf die Musik von Hot Tuna, ehemals Hot Shit, steht, eine Nadel in den Arm stechen zu lassen –, weckte in mir den Wunsch, dann doch lieber Richard Nixon zu wählen (okay, das ist ein bisschen übertrieben, aber sooo übertrieben auch wieder nicht). Ich hatte immer gedacht, falls ich Diabetes bekommen sollte und mir selbst Insulin spritzen müsste, wäre es das dann gewesen. Konnte ich nicht. Nein, nein. Niemals, absolut niemals.
Schlimmer noch, es war nicht nur meine Aversion gegen Spritzen. Ich weiß, ich war einfach kein geborener Pfleger. Ich wusste nicht, ob ich dazu fähig war. Ich fühlte mich unwohl in Gegenwart von Kranken und sogar noch unwohler, wenn jemand anders Schmerzen litt. Meine Logik lautete immer, dass ich genau deshalb Geld verdiente, um mir leisten zu können, dass sich jemand anders um solche Sachen kümmerte. Am nächsten war ich einer solchen Erfahrung gekommen, als mein Vater Krebs hatte. Aber selbst damals war ich, auch wenn ich die emotionalen Qualen durchmachte, die man beim Sterben und Tod seines Vaters erleidet, während der schlimmsten Zeit dreitausend Meilen weit weg und war erst wirklich da, als der schmutzige Teil vorbei war – und nur noch der traurige blieb.
Traurig, damit wurde ich fertig.
Das Übrige … na ja … das eher nicht.
Als es aber um Norton ging, versuchte ich es. Wirklich. Doch dieses Aufbäumen gegen meine Natur war eins der größten Fiaskos meines Lebens, katzenmäßig oder sonstwiemäßig gesehen.
Ich dachte über den Tropf und das Spritzen nach, und ich beschloss, ich könne es machen. Ich beschloss, ich müsse es machen. Turetsky hatte mir gezeigt, wie es geht, und später noch mal eine der Frauen, die in seiner Klinik arbeiteten. Es hatte eigentlich ganz einfach ausgesehen. Norton schien der Piekser auch nichts auszumachen. Und sie gaben mir sogar einen wertvollen Tipp: Sie sagten, manchmal sei die Flüssigkeit zu kalt, und das sei ein Schock für die Katze, wenn sie in ihren Blutkreislauf kam, deshalb sollte ich den Beutel ein paar Minuten in ein Becken mit heißem Wasser legen, um ihn anzuwärmen und den Prozess erträglicher zu machen.
Sobald ich also den Entschluss gefällt hatte, jetzt ginge es mit Volldampf – oder
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