Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
in seine Tasche und brachte ihn hinüber ins Haupthaus, damit er sich alles ansehen konnte (Sie sind mittlerweile bestimmt von selbst darauf gekommen, dass meine Katze nichts verpassen sollte). Die Leute im Hotel waren absolut wild auf ihn. Alle kamen heraus, um ihn zu bestaunen. Der Manager hatte die beiden Bücher über ihn gelesen – er hatte sie von einem Freund geschenkt bekommen, lange bevor ich auf die Idee gekommen war, Norton hierherzubringen. Die Küchenchefin, Rachel, brachte eine in Schinken gewickelte Garnele, die mein Kumpel, versteht sich, auf der Stelle verschlang. Linda, die Dame an der Rezeption, erzählte mir, dass sie Hunde züchtete, aber kürzlich zum Katzenfan geworden war – und jetzt fünf Katzen besaß. Sie spürte, dass Norton krank war – vielleicht hatte ich mich verraten, als sie fragte, wie alt er sei, und mir die Tränen in die Augen stiegen, mir die Luft wegblieb und ich mich setzen musste. Das war wohl ein ziemlich eindeutiges Indiz. Er saß in seiner Tasche, halb drinnen, halb draußen, und sie streichelte ihn sachte und sagte ihm, wie schön er sei. Dann sagte sie, selbst wenn sein Körper sterben müsste, würde sein Geist weiterleben. Ich erwiderte, bei den Geistern von Menschen sei ich mir nicht so sicher – bei Nortons Geist aber stünden die Chancen meiner Meinung nach gar nicht schlecht. Sie klassifizierte mich sofort als Heiden – den Blick kenne ich mittlerweile –, aber sie verwendete es offenbar nicht gegen meinen Kater, denn sie streichelte ihn weiter und sprach mit ihm, und er war so glücklich, wie er nur sein konnte.
An diesem Abend wurde er eingeladen, im Speisesaal zu dinieren, was gegen alle strengen Regeln des Hauses verstieß, aber ich merkte, dass er mürrisch und müde war, also brachte ich ihn wieder in unser Zimmer. Ich nahm auch noch ein paar Shrimps in Schinken von der Küchenchefin mit, daher wusste ich, dass es Norton nicht unglücklich machen würde, ohne mich zu speisen.
Ich brauchte wohl auch mal eine Pause – es war ein bisschen wie das Reisen mit einem invaliden Großvater –, denn als ich allein im Restaurant saß, fühlte ich mich halb verhungert und so bedürftig nach ein wenig Ruhe wie seit langer Zeit nicht mehr. Ich aß hervorragend (das Restaurant des Clifton’s ist süperb; Höhepunkte des Essens waren frische regionale Gemüse und essbare Blüten, darunter eine Champagner-Stiefmütterchen-Soße – bitte keine dummen Witze –, mit der das Grapefruit-Sorbet zum Dessert übergossen wurde) und trank eine Flasche Rotwein aus Virginia. Ich wollte ungefähr sieben Flaschen trinken, begnügte mich aber damit, die eine bis auf den letzten Tropfen zu leeren.
Vor dem Dessert aber hielt ich es nicht mehr ohne meine Katze aus – also holte ich Norton und brachte ihn zum letzten Gang mit. Er saß unauffällig mir gegenüber auf seinem Stuhl. Er maunzte ein- oder zweimal, ich gab ihm zwei Teelöffel von der Champagner-Stiefmütterchen-Soße, die ihm gut mundete, und dann gingen wir zurück ins Zimmer, beide zufrieden.
Das Einzige, was mir im Clifton Sorgen machte, war das Bett. Es war schön und breit – aber auch gefährlich hoch für meinen gebrechlichen Norton. Ich wollte nicht riskieren, dass er heruntersprang und sich weh tat, aber egoistischerweise wollte ich ihn doch bei mir haben. Also schlief ich in dieser Nacht auf dem Rücken und hielt ihn in den Armen. Drei- oder viermal in dieser Nacht bewegte er sich und wollte herunter. Also trug ich ihn zu seinem Futter oder Wasser oder zum Katzenklo. Er tat, was er tun wollte, dann nahm ich ihn wieder auf den Arm, ging wieder mit ihm ins Bett und schlief wieder ein – bis er das nächste Mal herunterwollte. Wir schienen beide recht zufrieden mit diesem Arrangement.
Am nächsten Tag ging es Norton gut, also machten wir eine kleine Tour. Ich fuhr mit ihm nach Monticello, das meiner Meinung nach einfach jeder Mensch in Amerika gesehen haben muss. Was man nach einem Rundgang durch Jeffersons Haus empfindet, ist nicht nur ein Gefühl von Stolz, Ehrfurcht und historischer Perspektive. Was man vor allem empfindet, das ist ein Gefühl von totaler, absoluter Unzulänglichkeit.
Falls Sie sich jemals selbstsicher oder selbstzufrieden fühlen, denken Sie mal darüber nach: Thomas Jefferson ließ auf seinem Grabstein die drei Leistungen einmeißeln, auf die er am stolzesten war. Dass er Präsident der Vereinigten Staaten war, gehörte nicht dazu! Nur der Vollständigkeit halber, er entschied sich
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