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Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt
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abrupten Endes unserer gemeinsamen Nacht sitze ich mit blödsinnig-glückseligem Lächeln am Steuer. Als ich die Innenstadt hinter mir gelassen habe, biege ich in die Straße zum Noordhollands-Kanal ein. Da fällt mir ein, dass mein Handy noch aus ist. Vielleicht hat Bart ja eine SMS geschickt.

    Mit einer Hand krame ich das Handy aus der Tasche und stelle es an. Fünf aufdringliche Nachrichten von Olaf auf der Voicemail, alles Ankündigungen, dass er mit mir sprechen will. Das versetzt meinem Glücksgefühl einen ordentlichen Dämpfer.
    »Blödmann!«, murmle ich.
    Offenbar muss ich ihm noch mal ganz klar sagen, dass ich nicht mehr an ihm interessiert bin. Wahrscheinlich hat er das sowieso schon bemerkt, gestern Abend am Strandaufgang. Wie er es wohl aufnehmen wird, dass ich bei Bart übernachtet habe? Nicht gerade positiv, fürchte ich.
    Die ganze Fahrt über bin ich nervös, und als ich in meine Straße einbiege, werfe ich einen schnellen Blick auf die Autos am Straßenrand. Ich kann nirgendwo einen schwarzen Peugeot entdecken.
    Ich parke ein, steige aus dem Auto und gehe über die Straße. Mir ist irgendwie mulmig, als ich die Haustür aufmache. Meine Schritte auf den ausgetretenen Holzstufen klingen hohl und unheimlich. Vor meiner Wohnungstür zögere ich und starre das Holz an, als würde ich hoffen, dass mir auf einmal eine übernatürliche Gabe zufällt und ich weiß, was mich dahinter erwartet.
    Mit weichen Knien gehe ich noch eine Treppe höher und klingle bei Frau Bovenkerk.
    »Wer ist da?«, klingt ihre schnarrende Stimme hinter der Tür.
    »Ich bin’s, Sabine. Könnten Sie aufmachen, Frau Bovenkerk?«, rufe ich.
    »Ich komm schon, Kind. Augenblick.«
    Von einem Fuß auf den anderen tretend, warte ich und werfe verstohlene Blicke ins Treppenhaus. Die Tür geht auf, und Frau Bovenkerk lächelt mich an.
    »Guten Tag, mein Kind. Was kann ich für dich tun?«

    »Ich wollte nur wissen, ob in der Zwischenzeit wieder jemand an meiner Tür war«, sage ich.
    »Ich hab niemanden gehört«, sagt sie. »Aber dein Telefon, das hat ständig geklingelt.«
    »Und es hat auch niemand meinen Schlüssel von Ihnen haben wollen?«
    »Nein, niemand. Außerdem würde ich ihn sowieso nicht rausgeben.«
    Ich lächle. »Vielen Dank. Mehr wollte ich nicht wissen.«
    Neugierig guckt sie mich an. »Ist denn was passiert? Wirst du etwa belästigt?«
    »Ein bisschen«, sage ich.
    »Lass das Schloss austauschen«, rät Frau Bovenkerk. »Oder stell ein paar Stühle vor die Tür. Das mach ich abends immer. Bei mir kommt keiner rein! Und falls doch, hab ich immer noch den Baseballschläger von meinem Enkel unterm Bett liegen.«
    Kampflustig späht sie ins Treppenhaus, als hoffte sie, ein zwielichtiges Subjekt wäre auf dem Weg nach oben.
    »Übrigens, Kind, ich fahre nachher zu meiner Tochter, und da wäre ich froh, wenn du bei mir hin und wieder mal nach dem Rechten sehen könntest.«
    Vielleicht sollte ich bei ihr einziehen, denke ich und kann gerade noch ein Kichern unterdrücken.
    Beruhigt gehe ich nach unten und schließe meine Wohnung auf. Die Sonne scheint ins Wohnzimmer und taucht alles in eine warme Glut.
    Keine Blumen auf dem Tisch. Keine Überraschungen. Kein Olaf.
    Mit einem tiefen Seufzer lasse ich die Anspannung von mir abgleiten und schließe die Tür hinter mir ab. Duschen, saubere Kleider und eine Tasse Kaffee auf dem Balkon – darauf freue ich mich.

    Ich ignoriere den Anrufbeantworter, der mir zublinkt. Erst nach dem Duschen, als ich frisch und erholt bin, höre ich ihn ab.
    »Hallo, meine Schöne«, höre ich Barts tiefe Stimme. »Ich wollte dir nur rasch sagen, wie sehr ich es genossen habe, heute Morgen neben dir aufzuwachen. Zu schade, dass es mit unserem gemeinsamen Sonntag nicht geklappt hat, aber das holen wir so bald wie möglich nach, ja? Du bist jetzt noch nicht zu Hause, ich melde mich später noch mal bei dir.« Ein paar Kussgeräusche, dann ist die Nachricht zu Ende. Ich lächle, aber das Lächeln vergeht mir schnell, als eine Nachricht nach der anderen von Olaf folgt, allesamt vorwurfsvoll bis unwirsch im Tonfall. Ich lösche sie und kontrolliere, ob ich die Tür richtig zugeschlossen habe. Barts Nachricht lasse ich auf dem Band, damit ich sie später noch mal anhören kann.
    Den ganzen Nachmittag über sitze ich gemütlich auf meinem Balkon und lese. Abends schiebe ich eine Pizza in den Ofen. Salat und Tomaten habe ich noch, also brauche ich nicht rauszugehen. Vor dem Fernseher esse ich meine

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