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Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt
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Unterricht ganz unverfroren durchs Haupttor ging. Die Clique stand, wie gewohnt, unten an der Treppe. Sie rauchten und quatschten. Isabel sah hoch. Ihr Blick traf meinen, aber sie sagte kein Wort.
    Die Einladungen zu meiner Geburtstagsfeier glühten in der Schultasche. Erst hatte ich sie per Post schicken wollen, aber das fand ich dann doch irgendwie feige. Also nahm ich allen Mut zusammen und holte die sauber beschrifteten Umschläge heraus.
    »Nächste Woche hab ich Geburtstag«, sagte ich wie beiläufig. »Ich möchte euch gern zu einer Feier einladen. Schaut mal, ob ihr kommen könnt.«
    Rasch verteilte ich die Umschläge, hob grüßend die Hand und ging zu meinem Rad. Hinter mir blieb es still. Ich wagte mich nicht umzusehen, als ich vom Schulhof fuhr.
    Die nächsten Tage war ich sehr nervös. Mit meinem Vater ging ich einkaufen. Ich versuchte ihm beizubringen, dass ich auch Wein und Bier haben musste, damit das Fest ein Erfolg würde. Meine Eltern selbst tranken nur selten Alkohol. Trotzdem zeigte sich mein Vater überraschend verständnisvoll. Er stellte Bierdosen und ein paar Flaschen billigen Wein
in den Einkaufswagen und meckerte auch nicht, als ich teuren französischen Käse und Tatar anschleppte.
    Am Nachmittag vor dem Fest war Robin mit ein paar Freunden – ich glaube, Olaf war auch dabei – stundenlang damit beschäftigt, im Garten Lampions aufzuhängen und das Gartenhäuschen als Bar herzurichten.
    Sie stellten Fackeln auf, die wir bei Einbruch der Dunkelheit anzünden konnten, und ein Partyzelt für den Fall, dass es als Geburtstagsüberraschung einen Regenguss geben sollte.
    Ich war froh, dass Robin an diesem Abend ausging. Dass weder er noch seine Freunde mitbekamen, wie still es auf meinem Fest blieb.
    Am liebsten wäre es mir gewesen, meine Eltern wären ebenfalls ausgegangen, dann wäre mir ihr Mitleid erspart geblieben.
    Ich wartete wider besseren Wissen.
    Niemand kam.
     
    Fürs Geburtstagsfrühstück habe ich Croissants besorgt. Ich stelle den Backofen an und gehe unter die Dusche. Nach dem Abtrocknen schlüpfe ich in den Bademantel und schiebe das Blech mit den Croissants in den Ofen. Während ich mich anziehe, duftet es immer verlockender. Ich presse ein paar Orangen aus, gieße den Saft in ein Glas und stelle die dampfenden Croissants auf den Tisch. Das erste schmeckt lecker, vom zweiten wird mir schlecht. Früher als ich vorhatte, mache ich mich auf den Weg zur Arbeit.
    An Geburtstagen ist es bei uns in der BANK üblich, dass man etwas Süßes mitbringt oder eine Liste vom Konditor herumgehen lässt und Gebäck bestellt. Ich lasse lediglich meine Mappe mit den zu unterschreibenden Briefen herumgehen.

    Der Tag verläuft nicht eben erfolgreich. Je mehr Mühe ich mir gebe, desto mehr Fehler mache ich. Den ganzen Vormittag über zittern mir die Hände, und ich zucke jedes Mal zusammen, wenn jemand unerwartet meinen Namen sagt. Ich kann mich kaum auf die Arbeit konzentrieren und nehme alles um mich herum ganz genau wahr: die verstohlenen Blicke, den unterdrückten Seufzer, das Geflüster zwischen Renée und Roy.
    Am späten Vormittag treffe ich Olaf im Flur.
    »Hey!«, ruft er schon von weitem. »Herzlichen Glückwunsch!«
    Er kommt auf mich zu, nimmt mich in den Arm und küsst mich.
    »Ich hab für heute Abend bei De Klos reserviert!«
    Die gedeckten Farben im Flur scheinen sich aufzuhellen. Lächelnd gehe ich wieder ins Sekretariat, gleichzeitig mit Roy.
    »Warum ›herzlichen Glückwunsch‹? Hast du was zu feiern?«, fragt er.
    »Nein«, sage ich, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. »Nichts.«

KAPITEL 20
    Als ich um die Mittagszeit nach Hause komme, duftet es in meiner Wohnung noch nach Apfelkuchen. Meine Eltern haben mir eine Karte geschrieben: Wir wünschen dir alles Gute. Zu schade, dass wir nicht zusammen sein können. Aber bald sehen wir uns ja.
    Ich stelle die Karte auf die Kommode im Wohnzimmer. Da sehe ich, dass der Anrufbeantworter blinkt. Ich drücke auf die Abhörtaste und höre die tiefe Stimme meines Bruders. Während ich die Jacke ausziehe, Tee aufsetze, die Waschmaschine anstelle und mich im Bad frisch mache, lasse ich das Band immer wieder laufen, damit ich Robins Stimme ständig um mich habe.
    Ich bin gerade dabei, mich zu waschen, da läutet das Telefon. Ich lasse es klingeln und warte auf den Anrufbeantworter. Kurz darauf schallt Jeanines muntere Stimme durch die Wohnung: »Hallo Sabine. Alles Liebe zum Geburtstag! Wenn’s dir recht ist, komme ich heute Abend bei

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