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Klassentreffen

Titel: Klassentreffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Vlugt
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hören alle auf zu reden.
    Renée und Margot, ja, sogar Zinzy, alle gucken mich wie ertappt an. Ich lasse den Blick über die Gesichter gleiten, sage nichts und schalte meinen PC an. Möglichst ruhig und selbstsicher gehe ich zum Kaffeeautomaten im Flur, und gleich darauf steht Zinzy neben mir.
    »Ich hab nicht über dich gelästert«, sagt sie mit ernstem Blick. »Nicht dass du das denkst, weil ich mit den anderen zusammengesessen hab.«
    »Schon gut«, sage ich nur. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll. Ich kann zwar verstehen, dass Zinzy sich nicht traut, vor den anderen Partei für mich zu ergreifen, aber an ihrer Stelle hätte ich mich abgewandt und weitergearbeitet. Ich weiche Zinzys Blick aus und sage, dass ich mir noch einen Mandelkuchen am Süßigkeitenautomaten holen will.
    Am Lift treffe ich Ellis Ruygveen, die in der Personalabteilung arbeitet. »Du machst ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter«, grinst sie mich an.
    Ich verziehe den Mund zu einer Art Lachen.
    »Immer noch Probleme mit Renée?«, fragt sie.
    Verdutzt sehe ich sie an.
    »Wouter hat mit Jan gesprochen«, sagt sie.

    Jan Ligthart ist der Personalchef. Die wissen also auch schon Bescheid. Resigniert wende ich den Blick ab.
    »Mach dir nichts draus. Nicht alle halten so viel von Renée wie dein Chef«, versucht Ellis mich aufzumuntern. »Sie hat sich in der Personalabteilung beworben, aber auf mich hat sie keinen guten Eindruck gemacht.«
    »Sie hat sich beworben?«
    »Ich bin schwanger«, sagt Ellis lächelnd.
    Prompt starre ich ihr auf den Bauch, der tatsächlich ganz schön rund ist.
    »Nach dem Mutterschaftsurlaub will ich wiederkommen, aber nur Teilzeit«, sagt Ellis, »und da wir in der Personalabteilung sowieso Verstärkung brauchen, soll jetzt eine Vollzeitkraft eingestellt werden.«
    »Und auf die Stelle hat sich Renée beworben?« Ich löse mich von der Liftwand und sehe Ellis höchst interessiert an. »Kriegt sie den Job, was meinst du?«
    »Wenn’s nach mir geht, auf gar keinen Fall. Viel lieber würde ich mit dir zusammenarbeiten, Sabine. Willst du dich nicht bewerben?«
    Mein Blutdruck schnellt in ungeahnte Höhen. »Klar«, sage ich. »Das würde ich schon gern.«
    »Dann schreib einen Brief. Heute noch. Renée ist nämlich bisher die einzige geeignete Kandidatin. Abgesehen von dir.«
    »So toll geeignet bin ich auch wieder nicht. Renée ist schließlich Sekretariatsleiterin.«
    »Was-Leiterin?«
    »Sekretariatsleiterin.«
    »Seit wann denn das?«, fragt Ellis. »So was gibt’s bei uns doch gar nicht. Typisch Wouter: Denkt sich einfach eine Position aus, um seine Leute zu motivieren. Das hat er schon öfter gemacht. Aber zu bedeuten hat das rein gar nichts.«

    Wir sehen uns an. Auf einmal scheint mir der Tag nicht mehr so lang.
     
    »Da du jetzt wieder Vollzeit arbeitest, möchte ich gern ein paar Dinge klarstellen«, sagt Renée. Ihre Hände liegen zusammengefaltet auf dem Schreibtisch. »Deine Arbeitshaltung und dein Einsatz müssen sich drastisch bessern und … Hörst du mir überhaupt zu?«
    »Was?« Geistesabwesend sehe ich vom Bildschirm zu ihr hinüber.
    »Ich habe gesagt, dass deine Arbeitshaltung sich drastisch ändern muss. Außerdem finde ich …«
    »Ich hab Lust auf einen Kaffee«, sage ich und stehe auf. »Soll ich dir auch einen mitbringen?«
    Sprachlos guckt sie mir nach. Voller Schadenfreude hole ich mir am Automaten einen Becher Kaffee. Als ich wieder ins Sekretariat komme, sitzt Renée noch genauso da wie vorhin.
    »Sabine«, sagt sie kühl. »Wir führen hier ein Gespräch!«
    »Nein, du hast mich voll geschwallt«, sage ich. »Das ist was ganz anderes. Und von offizieller Seite hast du mir nichts, aber auch gar nichts zu sagen, also werde ich dir auch nicht zuhören. Kapiert?«
    Ich setze mich wieder an den PC und trinke einen Schluck Kaffee.
    Renée steht auf. »Ich werde mit Wouter reden«, sagt sie bestimmt.
    Ich lache.
     
    Nach sechs, als die anderen gehen, trödle ich herum. Kaum bin ich allein, schreibe ich rasch einen Bewerbungsbrief und einen Lebenslauf. Ich drucke beides aus, lösche die Dateien, stecke die beiden Blätter in einen Umschlag und gehe in die Personalabteilung. Ellis ist bereits weg. Jan ist noch da; seine
Jacke hängt über dem Stuhl, aber er selbst ist nicht am Platz. Ich lege den Umschlag auf seine Tastatur und gehe nach Hause.
    Abends ruft Olaf an, und ich erzähle ihm von meiner Bewerbung.
    »Den Job kriegst du«, sagt er spontan.
    »Das klingt

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