Klatschmohn
Irgendwas muss da spannend sein«, versuchte Max mir das Frauenklogeheimnis aus der Nase zu ziehen.
Natürlich ging ich nicht darauf ein.
»Los, Max. Lass uns mal versuchen, in die heiligen Hallen der VIP-Lounge vorzudringen, Celebrity-Luft atmen! Wenn ich schon für >update< hier bin, werde ich mich mal an die Arbeit machen«, schlug ich vor.
Max hatte bereits einiges ausbaldowert. »Wir brauchen ein goldenes Bändchen, sonst geht gar nichts. Dort steht so viel Security herum, da kommt man anders nicht rein, es sei denn, wir überfallen die Kellner und zwängen uns in deren Uniformen, Bonny!«
»Nee, Clyde. Lass mal gut sein. Ich bin nicht scharf darauf, als peinliche Kolumnistin, die unbedingt in den VIP-Bereich wollte, einen Skandal zu verursachen! Dann muss ich eben über das super Buffet berichten.«
Damit blieb uns nur die Möglichkeit, ein goldenes Band zu organisieren, was leichter gesagt als getan war. Die einzige Chance war erniedrigend; jemanden anzuhauen, der aus dem Bereich nach Hause ging, und zu fragen, ob er uns sein Bändchen geben würde.
»Max, das mache ich nicht! Lieber sterbe ich vor Scham! Ich bin 30! Das geht nicht mehr unter Jugendsünde À la >Ich war jung und wusste nicht, was ich tat< durch.«
Er gab mir Recht und ging erstmal zur Bar, um Nachschub zu besorgen, was ungewöhnlich lange dauerte. Gerade wollte ich mich aufmachen, um ihn zu suchen, da kam er zurück, im Schlepptau eine attraktive Rothaarige, die sich als Pressebetreuerin eines Schauspielers herausstellte. Max hatte sie an der Bar kennen gelernt, ich vermutete nicht ganz zufällig, denn ich sah deutlich ihr goldenes VIP-Bändchen leuchten.
Max strahlte.
»Pia, das ist Katrin. Der Schauspieler, den sie betreut, und seine Frau sind nicht erschienen, und Katrin hat gerade gefragt, ob wir nicht Lust hätten, mit in den VIP-Bereich zu kommen. Sie hat noch zwei Bändchen übrig.«
Gar nicht schlecht, der Max!
Wir zogen die Bändchen über, gingen an der Security vorbei und betraten das Refugium der Stars.
Ein karger Raum mit halb abgeräumtem Buffet, Sitzgelegenheiten und einer Handvoll Menschen, die genauso berühmt waren wie ich und gelangweilt vor sich hin starrten. Es konnte sich nur um einen Irrtum handeln. Dieser V.I.P.-Bereich musste so unecht sein wie die roten Haare von Katrin.
Die hatte meinen Blick bemerkt und lachte.
»Bei dieser Veranstaltung gibt es immer Privatpartys vom Filmverleih oder dem Plattenlabel in eigens angemieteten Räumen in Hotels. Und da kommt wirklich fast kein Normalsterblicher rein. Da performen dann die Stars noch mal so für ihre Freunde, und diese Partys sind so, wie man sich das vorstellt, wohingegen hier doch alles zivilisierter zugeht, denn irgendwie schafft es immer ein Journalist, in den VIP-Bereich zu kommen, und nicht jeder steht auf das Motto: >Jede Publicity ist gute Publicity<.«
Das sah mir auch so aus. Nachdem nicht einmal der VIP-Bereich etwas hergegeben hatte und ich das sicher nicht in meiner Kolumne benutzen durfte, beschloss ich, nach Hause zu fahren.
Max, der sich blendend mit Katrin unterhielt, fragte, ob er mich bringen sollte.
»Nee, lass mal. Es reicht, wenn ich unhöflich bin und einfach gehe.
Außerdem scheint Katrin auf dich abzufahren. Bring mal lieber sie nach Hause.«
Max schüttelte den Kopf, begleitete mich zum Ausgang und setzte mich in ein Taxi.
Auf dem Nachhauseweg überlegte ich, was mich eigentlich an dieser Glanzwelt so fasziniert hatte. Leander, der Traummann in dieser Traumwelt. Es war nicht wirklich schwer, selbst für mich als Laienpsychologe, zu erkennen, dass ich mich wohl nicht der Realität stellen wollte und lieber irgendwelchen Hirngespinsten nachhing und dabei mein eigenes Leben verpasste.
Sonntagmorgen wachte ich auf, und siedendheiß fiel mir ein, dass wir Leonie Windler auf den Zahn fühlen würden.
Ich holte Max ab, der übernächtigt aussah.
»Na, noch Damenbesuch von Katrin gehabt? Ist es spät geworden?«, foppte ich ihn.
Er reagierte sauer.
»Mann, Pia, wann begreifst du, dass ich außer Frauen noch andere Dinge im Kopf habe? Nur weil ich flirte und mich ausgetobt habe, heißt das nicht, dass ich testosterongedopt durch den Tag laufe. Ich habe gestern, als ich zu Hause war, eine alte Pizza gegessen und die Nacht vor der Kloschüssel verbracht.«
Kein Wunder, dass er so blass war.
Ich hielt an einer Tankstelle und besorgte Cola und Salzstangen, die er dankbar verdrückte.
Geplagt von
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