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Klausen

Klausen

Titel: Klausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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das nicht gewollt habe? Diese Fragen wiederholten sich wie ein endloser Zirkel. Kati konnte all die Fragen nicht mehr hören, deshalb ließ sie die Neugierigen von ihrer Mitarbeiterin abwimmeln.Katis Auftritte in den Klausner Gassen während dieser Tage erinnerten mitunter an Pressekonferenzen. Gasser begegnete seiner Schwester auf der Höhe des Rathauses. Sie stand dort inmitten einer Menschentraube, Kameras wurden hochgehalten, immer wieder blitzte es, und die Mitarbeiterin war gerade dabei, sehr höflich irgendwelche Fragen zu beantworten. Gasser blieb in einiger Entfernung stehen und betrachtete das Geschehen. Kati nickte, lächelte, lachte, dann sagte sie zwei Sätze, dann lächelte sie wieder (alles das war hundertfach eingeübt), anschließend hob die Mitarbeiterin beide Hände, sprach das Schlußwort dieser Pressekonferenz, dann liefen beide weiter und verschwanden in Nussbaumers Wirtschaft. Gasser beobachtete, wie die Teilnehmer der Pressekonferenz noch eine Weile fasziniert in der Gasse standen. Viele waren hocherfreut, die berühmte Schauspielerin, die früher als Kind bei ihnen irgendwelche Dinge in ihren Läden gekauft hatte, hier wiederzusehen. Irgendwer war Lehrer und hatte Kati früher in den und den Fächern unterrichtet, es fand sich auch jemand, bei dem Kati früher angeblich im Turnverein gewesen war, und alle waren gleichermaßen erfreut und begeistert. Sie sei wie früher, sagten die einen. Sie sei ganz anders geworden, sagten die anderen. Nach einer Weile meinten einige (bei denen unvermittelt der Neid die Oberhand gewann), sie sei übrigens gar nicht so berühmt. Eine Mitwirkung in der Anwaltssendung des Schauspielers X bedeute nicht wirklich Berühmtheit, nicht im eigentlichen Sinn. Andere: Aber es seiein steiler Aufstieg. Eine alte Frau in einer Schürze behauptete, diese Gasser könne von Glück reden, daß X dort mitgespielt habe, denn ohne X wäre sie völlig unbekannt. Ein Nichts. Zudem könne sie X nicht das Wasser reichen. Nicht im entferntesten. Anton Kerschbaumer aus der Obergasse, jener, der seit Monaten sämtliche Artikel über Kati und insbesondere alle Photographien sammelte, denn er schwärmte für Kati, erhitzte sich gegen die alte Frau mit der Schürze, die es offenbar sehr mit X hielt. Kerschbaumer sagte, die Gasser habe nicht nur bereits jenseits ihrer Tätigkeit für das Fernsehen in zwei Spielfilmen mitgespielt (die allerdings keiner der in der Gasse Anwesenden kannte), sondern sie werde in einem Monat die Hauptrolle in einem Film des berühmten Regisseurs Soundso spielen, in Rom. Um was es denn in diesem Film gehe, fragten die Leute. Kerschbaumer: Es sei eine Liebesgeschichte, eine Liebesgeschichte in den fünfziger Jahren … Sie spiele, glaube er, in England, soweit er wisse. Moment, nein, er habe gerade neulich darüber gelesen, die Geschichte spiele doch vielmehr in Nizza … nicht in England … aber es handle sich hauptsächlich um Engländer in diesem Film, es habe auch etwas mit dem Krieg zu tun … Zwar hörte diesen wirren Aussagen Kerschbaumers niemand zu, einige zeigten ihm hinter vorgehaltener Hand sogar einen Vogel, aber dennoch hielten die meisten im Anschluß an diesen Vortrag Kati für eine ausgemachte Berühmtheit und für eine der wichtigsten neuen Schauspielerinnen des Landes. Dann gingen die Teilnehmerder Pressekonferenz auseinander, und Gasser, der sich diese ganze Diskussion über seine Schwester auf der Straße angehört hatte, betrat den Nussbaumer. Kati saß dort an einem separierten Tisch mit einer Reporterin. Augenscheinlich hatte sie einen Interviewtermin. Die Reporterin hatte ein Mikrophon auf den Tisch gestellt und fragte erneut all die Fragen, die Kati eben schon auf der Straße gestellt bekommen hatte. Es handelte sich bei der Frau um eine Vorarlbergerin. Die Fragen der Reporterin umkreisten vor allem eine Sache, die für sie offenbar sehr wichtig war und die sie vor allem interessierte, nämlich ob es der Wunsch von X gewesen sei, daß jener Kuß ins Drehbuch geschrieben werde, der finale Kuß, den er ihr, Katharina Gasser, gestern abend in ihren Armen sterbend gegeben habe. Diese Szene werde unsere Leserinnen naturgemäß sehr berührt haben, sagte die Österreicherin, viele Leserbriefe hätten sie schon im voraus erreicht, es sei naturgemäß immer schwer für unsere Leserinnen, Abschied von einem Charakter wie dem von X gespielten zu nehmen, dem so sehr die Sympathien seiner weiblichen Zuschauer gegolten hätten. Gasser musterte seine

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