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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Bewohner von Cool Britannia zum letzten Bus oder zur letzten U-Bahn vor null Uhr heimwärts dackeln zu lassen. Das alte Joch der Unterdrückung lauerte immer noch unter der kriecherischen Banalität des Alltagslebens.
    Anders Australien, da draußen erschien einem alles wieder echt und voller Leben.
    Die Raves hinter der Central Station in Sydney waren nur gut, um die Zeit zu überbrücken, in der man Verpflegung holen fuhr. Dann ging es zurück in den Busch zu den provisorischen Lagern àla Mad Max . Zum Wilden werden, bis zu dem Punkt kommen, wo man sich unter der Sonne zu einer Mischung aus Didgeridoo und Techno austranct. Weggehen und alles abstreifen, keine Autoritäten, um die man sich kümmern muss, frei, zu experimentieren, während der Kapitalismus sich selbst verschlingt.
    Darauf kam es nicht an.
    Sollten sie doch ruhig weiter alles kaputtmachen, Reichtümer aufhäufen, die sie nie verbrauchen würden. Die bedauernswerten Fotzen sahen nicht, worauf es wirklich ankam. Fünfzig Riesen die Woche für einen Fußballspieler. Zehn Riesen am Abend für einen DJ ?
    Verpisst euch.
    Verpisst euch und seid brav.
    Aber hier fühl ich mich sicher, hier sind nur gechillte Heads. Besser als die letzte Truppe, mit der ich oben im Megalong zusammen war. Eine Zeit lang war es spaßig, aber ich war nie groß darin, Freunde zu finden. Es heißt, Führungspersönlichkeiten kämen immer nach oben, ganz egal, welche Ideale oder demokratischen Systeme sie vorfinden. Tja, das mag wahr sein oder nicht, aber dass Arschlöcher immer nach oben kommen, ist bewiesen.
    Die Luft war kühl und klar, und es war feucht, trotzdem hab ich es als Glutofen in Erinnerung. Das Northern Territory im letzten Sommer. Die ganze Bruthitze um dich rum saugt die Flüssigkeit aus dir raus. Breath Thomson schaut mich nichtsdestoweniger an.
    Er hat ein Gesicht wie eine Muräne, echt wahr. Als ich auf dem Riff schnorcheln war, sah ich mich einer dieser fiesen Kreaturen Auge in Auge gegenüber. Das sind ganz gemeine Scheißviecher.
    Ich bin eine Bedrohung. Er sagt wortlos: Du bist der DJ , spiel deine Musik. Fordere mich nicht heraus, denk nicht, gib jeden Gedanken auf, ich kann für uns alle denken. Ich bin n verdammt obergeiler, charismatischer Führer.
    Nein, tut mir Leid, Breath. Du bist bloß n stinkender, reicher Crustie mit nem Sound-System. Du hast ein paar doofe Schnepfen gefickt, die selbst nicht wissen, was sie wollen, aber ham wir das nicht alle?
    Gott sei Dank bin ich ein Prolo. Viel zu zynisch, um mich von nem Idioten einseifen zu lassen, der sich wie ne Schwuchtel anhört.
    Der Love-and-Peace-Vibe verlor sich schnell, als die Autoritäten herausgefordert wurden. Es war nicht das Northern Territory, es war das Megalong Valley, aber in dem Sommer war es so heiß, dass es auch Alice Springs hätte sein können. Nein. Es war schwül und feucht.
    Ich kann nicht klar denken …
    Ich denke daran, dass ich mich schon immer als Außenseiter, als Nichtangepasster gefühlt hab. Selbst in der Posse, dem Tribe, der Crew war ich Außenseiter. Dann seh ich ihn wieder, Breath, dieses alles kontrollierende, manipulierende Arschloch. Er sagt einem immer »Ich verfolge keine Taktik«, und sogar wenn man total zugeschädelt ist, ist er noch so subtil wie ein Tritt in die Eier. Ich seh ihn wieder. Er lässt irgendnen Bibelscheiß in meine Richtung vom Stapel, dass ich wie Samson meine Kraft verlieren würd, weil ich meine weißen Haare abgeschnitten hab, die mir sowieso schon ausfallen, verfickt nochmal.
    Hätt er gern. Ich spiel den besten Set meines Lebens. Absolut blendend. Später ist er sickig. Dann kann er seine Wut nicht kontrollieren. Er sagt gewisse Dinge, und ich entziehe mich seinen Tiraden. Er kommt mir nach und zerrt an meinem Arm. »Ich rede mit dir!«, schreit er. Da reicht’s mir. Ich dreh mich um und verpasse ihm eine, einen Boxhieb, den Billy Birrell mir mal gezeigt hat. Es war kein richtiger Schlag, nicht von Birrellschem Kaliber, aber er reicht für Breath. Er stolpert zurück und fällt in einen Schockzustand und beginnt gleichzeitig zu jammern und Drohungen auszustoßen.
    Aber er wird nichts unternehmen.
    Auch wieder so ne zweifelhafte Szene, in die ich geraten bin. Da sieht man, wo einen Weltanschauungen hinbringen: Man verzichtet drauf, ein Heidengeld in Clubland zu machen, um gratis für Fotzen aufzulegen, die einen hassen.
    Aber eins muss ich Breath lassen, die Fotze wusste, wie man ein Feuer aufschichtete, oder besser gesagt, wie man uns

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