Kleider machen Bräute
ständig nur darum, was ganz Großartiges zu machen, oder? Im Leben sollte man Er folg an Qualität und Zufriedenheit im Job messen.« Simon runzelte die Stirn, doch bevor er etwas sagen konnte, fuhr Molly fort. »So wie in der Mode.«
»Mode?« Simon bemühte sich nicht, seine Überraschung zu verbergen.
»Ja! Modetrends kommen und gehen und verändern sich ständig. Entscheidend ist jedoch, worauf sie basieren – nämlich sich weiterzuentwickeln und dabei hohe Standards und Integrität zu wahren.«
»Sie sehen die Mod e -Branche als Beispiel für Integrität?«
Molly lächelte. »Nun, ich kenne ein… «
»Diese eitle, launische, überteuerte Modebranche?«
»Wie bitte?« Molly starrte demonstrativ auf seinen Strickpulli, was ihm aber nicht aufzufallen schien.
Das Flugzeug ruckelte wieder.
»Bizarre Klamotten für verhätschelte, spindeldürre Frauen?«
Molly überlegte, was sie darauf entgegnen sollte, während die Luft zwischen ihnen immer dicker wurde. Sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr seine Worte sie kränkten. Manche Leute waren wirklich so was von kleinkariert! Nur weil er offenkundig keine Ahnung von Mode hatte, hieß das noch lange nicht, dass Mode nichts wert war. Ganz im Gegenteil – für sie bedeutete Mode alles!
»Mal abgesehen von den Tausenden von Arbeitsplätzen, die sie schafft, dem Geld, das die Wirtschaft belebt, der eingesetzten Technologie, dem Einfluss auf das moderne Leben und …«
»Ich bin sicher, dass es Ausnahmen gibt …« Simons Miene wechselte von Verächtlichkeit zu der sich anbahnenden Erkenntnis, dass er wohl ins Fettnäpfchen getreten war.
»… den künstlerischen Herausforderungen!«, fuhr Molly fort. »All die kleinen Produzenten von Seide und Tweed, die Aufträge von tapferen Modeschöpfern erhalten, die genauso gut in Übersee kaufen könnten, ihren Prinzipien jedoch treu bleiben, weil …«
»Sie arbeiten in der Mode, stimmt’s?«, fragte er kleinlaut.
»… die Kunst des Schneiderhandwerks, über viele Jahre erlernt, seine positive Auswirkung auf das Selbstwertgefühl … ja, Simon, ja, ich arbeite in der Mode.« Sie deutete mit dem Kinn auf den schnarchenden Pascal. »Wir beide tun es.«
Es fühlte sich gut an, von Pascal und sich selbst so zu sprechen, als wären sie quasi Kollegen.
»Ich mache ein Teilzeitpraktikum bei einer Bekleidungsfirma in Yorkshire und versuche gleichzeitig eine Website ans Laufen zu kriegen, um meine eigenen Entwürfe zu verkaufen.«
»Das freut mich für Sie.«
Molly ignorierte den lahmen Kommentar. »Und eines Tages möchte ich in Paris arbeiten.«
»Tut mir leid«, sagte Simon aufrichtig. »Mein Fehler.«
»Vergessen Sie’s«, erwiderte Molly leichthin, nachdem sie ihn etwa zwanzig Sekunden auf diese Entgegnung hatte warten lassen.
Sie fragte sich, warum sie zuließ, dass ein Fremder so viel über sie erfuhr, und beschloss, dass es am besten wäre, aus dem Gespräch auszusteigen. Physisch konnte sie zwar nicht zu ihm auf Distanz gehen, ihm aber mit ihrer Körpersprache die klare Botschaft vermitteln, dass er keine Ahnung hatte und es deshalb nicht wert war, sich mit ihm zu streiten.
»Geht klar«, sagte er und rückte etwas von ihr ab. »Ich lasse Sie in Ruhe.«
Sie saßen nun so weit auseinander, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war – also nicht sonderlich weit.
Molly lenkte ein. »Um die Wahrheit zu sagen, habe ich mit Männern und Kameras auch so meine Probleme«, bekannte sie.
»Oh, könnten Sie das erklären?« Er lehnte sich wieder ein wenig näher zu ihr. »Wir sind nicht alle üble Kerle.«
Molly geriet tatsächlich in Versuchung. Doch obwohl sie ein starkes Bedürfnis verspürte, bei irgendwem über ihren Kummer wegen Reggie Dampf abzulassen, entschied sie, nicht dem Erstbesten, der ihr über den Weg lief, alles anzuvertrauen. »Ach nichts. Vergessen Sie’s.«
»Sie möchten also in Paris leben, ja?«, fragte er und war offensichtlich erleichtert, aus dem Schneider zu sein. »Schöne Stadt.«
»Allerdings.« Molly nickte. »Eines Tages, irgendwann … aber derzeit lebe ich in Yorkshire, in einer Kleinstadt bei Ripon. Ich habe gerade erst meinen Abschluss in Modedesign gemacht.«
Simon tat so, als würde er sich eine Pistole an die Schläfe halten und abdrücken. Molly kicherte.
»Keine Sorge, wir fangen nicht wieder davon an.«
»Waffenstillstand«, stimmte Simon zu. »Gut.«
»Hin und wieder entwerfe ich Kleidungsstücke für Freunde, um ein bisschen Erfahrung zu
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