Kleine Einblicke
starrte in die Mündung der Waffe, als der Typ es zu Ende bringen wollte und alles, was ich dachte war, 'Nein, ich will heute nicht sterben.' Das nächste, was ich wieder richtig gesehen habe, war dein Gesicht.“
„Oh je, noch ein Schock fürs Leben, was?“, versuche ich es mit Humor, weil ich einfach nicht weiß, was ich Adrian noch sagen soll. Es wird eine ganze Weile dauern, bis er den Schock wirklich verdaut hat, aber wir sind alle da und können ihm dabei helfen. Er muss uns nur lassen und ich hoffe, dass er das jetzt endlich verstanden hat.
Adrian sieht mich zuerst erstaunt an, dann fängt er zu grinsen. „Na ja, ich habe schon weitaus schönere Gesichter gesehen.“
Am liebsten würde ich ihn küssen, weil das Grinsen in seinem Gesicht echt ist. Stattdessen schnaube ich gespielt. „Tze. Dabei hast du viel mehr Falten und graue Haare als ich.“
„Darüber reden wir in vier fünf Jahren noch mal, wenn deine Zwillinge in der Pubertät sind“, stichelt Adrian und fängt tatsächlich an zu lachen, als ich gequält das Gesicht verziehe. Im nächsten Moment sieht er mich ernst an. Zu ernst für meinen Geschmack. „Scheiße, ich hätte dich echt vermisst, Kendall.“
Ich schüttle den Kopf. „Im Himmel? Glaube ich nicht. Wo doch so viele heiße Engel da oben unterwegs sind.“
Adrian lächelt und lehnt sich gegen mich. „Die wären aber nicht du gewesen.“
„Das stimmt. Keiner ist so gut wie ich“, ärgere ich ihn, was Adrian glucksen lässt, bevor er Einspruch erhebt.
„Außer Trey.“
Jetzt muss ich lachen. „Okay, außer David.“
„Nick?“
„Hm?“
„Ich hatte noch nie solche Angst“, gibt er kaum hörbar zu, was mich erleichtert seufzen lässt. Endlich spricht er es offen und vor allem nüchtern aus.
„Ich auch nicht“, gestehe ich, weil es die Wahrheit ist und weil Adrian jedes Recht hat, dass auch ich ehrlich zu ihm bin, bevor ich ihn zu mir auf den Schoß ziehe, um ihn festhalten zu können. Ich weiß zwar nicht, wer von uns das im Moment mehr braucht, aber Adrian stört sich nicht daran, dass ich ihn ziemlich fest halte, sondern legt im Gegenzug seine Arme um meinen Nacken, um das Gesicht dann an meiner Schulter zu vergraben.
„Ich liebe dich, Nicky.“
„Ich dich auch“, murmle ich in sein Haar und streiche über selbiges. Dabei fällt mir etwas ein. „Aber bilde dir ja nicht, dass ich dich nachher vor David beschütze, wenn er dich anbrüllt.“
Adrian seufzt. „Ist er sehr sauer?“
Ich grinse schief. „Er meinte gestern, er hätte dich in den letzten Wochen nur nicht erwürgt, weil er dich zu sehr lieben würde.“
„Oh je“, murmelt Adrian, denn deutlicher kann ich ihm gar nicht sagen, was für Mist er gebaut hat. Mal sehen, ob David ihm genauso schnell verzeiht wie ich.
Tristans Blick nach zu urteilen, als ich wie versprochen abends mit Adrian nach Hause komme, ist David offenbar gerade auf 180 oder eher darüber, so wie Tristan sich an die Kehle greift, Adrian mitleidig ansieht und dann die Augen sichtlich amüsiert zur Decke verdreht.
„Wollen wir es wissen?“, frage ich leise und ziehe meine Jacke aus, während Adrian sich unschlüssig in der offenen Haustür herumdrückt. Er ist nervös und ich denke, das tut ihm mal ganz gut.
Tristan seufzt und zieht Adrian ins Haus, bevor er die Tür schließt. „Wir haben geredet und ich glaube, er ist ein klitzekleines bisschen wütend auf dich“, meint er mit Blick zu Adrian und schmunzelt, als der statt eines Kommentars zu Boden sieht. „Na ja, eigentlich ist er ein bisschen mehr als wütend auf dich, aber das liegt eher daran, dass ihm zwischen besorgt sein und Angst um dich haben, wieder eingefallen ist, dass Adrian fast gestorben wäre. Also hat er beschlossen, unsere Küche zu ruinieren und zu kochen, was er, wie wir alle wissen, nicht besonders gut kann. Und das ist alles nur Adrians Schuld, weil, ich zitiere: 'Er sich ja immer wie ein Märtyrer aufführen muss, der am liebsten die gesamte Schuld der Welt mit sich herumträgt.', Zitat Ende.“ Tristan lacht, als Adrian das mit einem leisen, „Oh je.“, kommentiert. „Nach dem Satz hat er dann irgendwie den Faden verloren und wollte sich Kaffee machen, den er versaut hat und das ist auch Adrians Schuld, weil der ihm nie beigebracht hat, wie man vernünftigen Kaffee macht.“
„Ich hab's versucht“, murmelt Adrian und zeigt dabei den Anflug eines Lächelns, das mich schmunzeln lässt.
Die Erleichterung vergeht mir allerdings, als David im
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