Kleine Fische zählen nicht
Nervenzusammenbrüche — alles Schwindel! Die Person wollte sich damit ein Alibi für die Nacht verschaffen, und Cool & Lam sollten es ihr liefern.«
»Das wäre heimtückisch geplanter Mord«, meinte Sergeant Sellers.
»Freilich«, sagte Bertha. »Damit erzählen Sie mir nichts Neues.«
»Ihr spuckt verdammt große Töne«, sagte ich, »und das nur wegen einer Fahrt mit dem Taxi. Ist denn der Fahrer überhaupt imstande, sie zu identifizieren?«
»Ich kann ihm nur raten, sein Gedächtnis ein bißchen anzustrengen, wenn er seine Lizenz als Taxifahrer behalten möchte«, sagte Sellers grimmig. »Also, Bertha, wie kommen wir an das Mädchen ran?«
Bertha sah mich an und zuckte mit den Schultern.
Sellers konzentrierte sich auf mich. »Dieser Latty-Mord ist ein heißes Eisen. Wir sind in einer heiklen Lage, weil wir das Haus beobachtet haben. Wir rechneten nicht damit, daß dort in den Abendstunden viel los sein würde. Gewöhnlich wird’s dort erst gegen ein, zwei Uhr morgens interessant, wenn die Begleiter ihre Mädchen abladen. Wir wollten ein paar Männer beschatten, verhören und ihnen eine Aussage abluchsen.«
»Na«, sagte Bertha, »Sie können... was, zum Kuckuck, ist das?«
»Was?« fragte Sellers.
Bertha zeigte auf die zwei Handtaschen. »Eine davon gehört Elsie, aber wem gehört die andere?«
Sellers stürzte sich auf Marilyns Handtasche.
»Es ist zum Auswachsen!« Bertha starrte mich wütend an. »Du hast dich also wieder mal einwickeln lassen.« Sie hievte sich aus dem Sessel, ging zur Badezimmertür hinüber und rüttelte an der Klinke. »Okay, Marilyn, kommen Sie heraus, aber ein bißchen dalli — Sie haben Besuch.«
Eine Minute lang tat sich nichts.
»Soll ich die Tür einschlagen und Sie rausholen?« fragte Bertha drohend.
Ein Riegel schnappte zurück, und Marilyn öffnete die Tür.
»Ist sie das?« fragte Sergeant Sellers.
»Ja, das ist sie«, antwortete Bertha.
»Okay. Wir werden den Taxifahrer suchen, damit er sie identifiziert. Los, Fräulein, Sie kommen mit.«
Sellers wandte sich an Bertha. »Für gewöhnlich schaffen wir’s auch ohne die Hilfe von Amateuren, aber diesmal haben Sie uns ein mächtiges Stück weitergeholfen, Bertha. Wir werden das nicht vergessen.« Er drehte sich um und betrachtete mich düster. »Und Ihren Anteil dran werden wir auch nicht vergessen, halbe Portion.«
»Soll das heißen, daß ich Ihnen einen guten Dienst erwiesen habe?«
»O ja, Sie haben sich wie üblich von Ihrer besten Seite gezeigt«, antwortete er sarkastisch.
»Wenn Sie nicht so voreilig gewesen wären, hätte ich viel mehr für Sie tun können.«
»Ich weiß, ich weiß — die alte Masche.« Sellers wandte sich Marilyn zu. »Kommen Sie, von jetzt an kümmert sich die Polizei um Sie.«
»Haben Sie einen Haftbefehl?« fragte ich.
»Sie wissen verdammt gut, daß ich keinen habe. Wir werden sie verhören und dem Taxifahrer gegenüberstellen.«
»Pfui! Sie haben nicht den kleinsten Beweis gegen sie bis auf die Aussage eines Taxifahrers, daß er in der Mordnacht irgendeine Frau vom Neddler Apartmenthaus zur Rhoda Avenue 762 gebracht hat. Eine derartige Aussage ist völlig wertlos.«
»Das behaupten Sie«, sagte Sellers.
»Sehen Sie ihn sich doch an«, sagte Bertha mit einem bösen Blick auf mich. »Was er da verzapft, geht gar nicht an Ihre Adresse. Er versucht dem Mädchen einen Wink zu geben. Sie hat ihm schon völlig den Kopf verdreht. Mein Gott, was Frauen mit diesem Burschen alles anstellen!«
Marilyn stand bleich und zitternd da.
»Na, nehmen Sie’s nicht so schwer, Miss«, sagte Sellers zu ihr, »und hören Sie nicht auf ihn. Uns liegt ebensoviel daran wie Ihnen, die Sache aufzuklären. Wir möchten den Schuldigen erwischen. Falls Sie der Schuldige sind, falls Sie einen Mord begangen haben, sind wir gegen Sie. Haben Sie den Mord nicht verübt, sind wir auf Ihrer Seite. Erzählen Sie uns die ganze Geschichte, sagen Sie die Wahrheit, legen Sie Ihre Karten offen auf den Tisch, und ich garantiere Ihnen eine faire, unparteiische Untersuchung. «
Marilyn sah mich an. Ich schüttelte den Kopf.
»Los, gehen wir«, sagte Sellers.
»Muß ich mitgehen, Donald?« fragte sie.
»Sie müssen mitgehen«, sagte Sellers. »Sie sind tief genug in den Fall verwickelt, um uns ein paar Fragen zu beantworten. Wir werden uns ein bißchen mit Ihrer Vergangenheit befassen, Sie dem Taxifahrer gegenüberstellen und sehen, ob Sie die Frau sind, die nach einem Taxi telefonierte und sich vor Jeanette
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