Kleine Frivolitäten
chemikalienverseuchten Grundstück hielt.
"Umweltterrorist!", schrie sie ihn an. "Sie kriegen ja schon Tetanie, wenn sie nur das Wort Unkraut hören!"
Einem Impuls folgend bückte Selina sich blitzschnell, rupfte eine handvoll Pusteblumen ab und blies ihrem Nachbarn die kleinen Samenschirmchen mitten ins Gesicht. Seine Reaktion war eine nicht druckfähige Kaskade an Schimpfwörtern gebündelt in einem bühnenreifen Wutausbruch, der ihn an den Rand eines Herzanfalls zu bringen drohte.
Seine Aufführung endete mit der Drohung, dass Selina "Sie schamlose Schlampe!" noch von seinem Anwalt hören würde. Dann stapfte er zu seiner Heckenschere zurück, schmiss sie an und begann wütend an seinen Kegelzypressen herumzuschneiden, was denen überhaupt nicht gut tat.
Mindestens ebenso erbost ging auch Selina wieder an ihre Arbeit. Als kurz darauf der Motorlärm verstummte und sie neugierig aus dem Fenster lugte, sah sie den Nachbarn mit vor Wut verzerrtem Gesicht um eine seiner Zypressen springen und dabei kräftig gegen den Stamm treten. Schaden konnte er der Pflanze damit nicht mehr, er hatte sie bereits mit der Heckenschere total verhunzt.
Ha, das kam davon, wenn man sich nicht beherrschen konnte!
Allerdings würde sein Zorn auf Selina jetzt noch heftiger lodern. Sie mochte gar nicht an das Straßenfest denken, zu dem sie heute Abend eingeladen war. Sicher nahm der blöde Nachbar das Fest zum Anlass, alle anderen Anrainer gegen sie aufzuhetzen.
Sollte sie überhaupt hingehen?
Ja, entschied Selina drei Stunden später, als draußen die ersten Bierzeltgarnituren aufgestellt wurden. Sie war nicht der Typ, der feige den Kopf einzog. Sollte der Blödmann da drüben ruhig stänkern, sie würde sich nicht klein machen lassen.
Entschlossen verließ sie das Haus und bot den versammelten Nachbarn ihre Mithilfe an, die diese gerne annahmen. Zusammen mit den anderen Männern und Frauen stellte Selina Bänke und Tische auf, richtete das Büfett ein und packte die Bierkrüge aus, die der Getränkemarkt zusammen mit den fünf Fässern Bier angeliefert hatte.
Kaum stand alles parat, da verschwand die Herren einer nach dem anderen, mit einem gefüllten Krug in der Hand, in einem der Häuser.
"Fußball", sagte eine helle Stimme neben Selina, die dem Abzug verwundert zusah. "Dafür würde meiner sogar die Beerdigung seiner Mutter versäumen."
Selina wandte sich um und musterte die junge Frau, die neben ihr stand. Hübsch, war ihr erster Gedanke. Sehr hübsch sogar. Langes dunkles Haar umrahmte ein herzförmiges Gesicht, in dem zwei große blaue Augen leuchteten. Die vollen Lippen waren rot geschminkt, sie wirkten, als warteten sie nur darauf geküsst zu werden.
Die Figur war sensationell! In Selina keimte leichter Neid auf als sie die vollen Brüste sah, die das knallgelbe Top zu sprengen drohten. Ansonsten war die Frau schlank, mit schmaler Taille und runden Hüften, genauso wohl geformt und proportioniert, dass sie weiblich aber nicht fett wirkten. Und natürlich besaß sie auch superlange, superschöne Beine!
Wieso verteilt der liebe Gott seine Gaben bloß immer so ungerecht?, dachte Selina traurig. Ein paar Gramm dieser tollen Brüste und drei Zentimeter der Modelbeine hätte er ruhig an mich anmontieren können!
"Der Mann meiner Freundin Lisa hat sich sogar von seiner eigenen Hochzeitsfeier verdrückt, um die Eintracht spielen zu sehen", erzählte die junge Frau unbefangen weiter und streckte Selina ihre Hand entgegen. Natürlich eine perfekte Hand mit hübschen, rosa lackierten Nägeln! "Regine Willbrandt."
"Selina Kärntner." Erfreut ergriff Selina die dargebotene Rechte. Ihr Druck war fest aber nicht schmerzhaft.
"Wollen wir uns über die Bowle hermachen?" Regine schmunzelte verschmitzt. "Die Männer kommen sowieso erst wieder, wenn auch das letzte Interview über die Mattscheibe geflimmert ist."
Eine gute Idee, befand Selina. Gemeinsam gingen sie zum Büfett, nahmen sich Becher und füllten sie mit der Erdbeerbowle, die herrlich erfrischend schmeckte.
Langsam senkte sich Dunkelheit über die Stadt. Irgendjemand schaltete die bunten Lichterketten an, die die Männer von Laterne zu Laterne gespannt hatten. Auf dem Tisch brannten Windlichter, Musik dröhnte aus den Lautsprechern, heiß, wild, animierend.
"Wollen wir?", fragte Regine, wobei sie zu den anderen Frauen blickte, die ausgelassen auf der Straße tanzten.
"Warum nicht?" Selina grinste fröhlich. Die Bowle zeigte erste Wirkung, aber was machte es? Regine war
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