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Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Titel: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Brunner
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sondern auch mit den Unruhen der Zeit, die ein Durchkommen fast unmöglich machten – und schickt das Schreiben mit einem Boten. Bernhard von Clairvaux redet sich damit heraus, er würde schon persönlich kommen, wenn er wüsste, wo sich sein Briefpartner aufhielte – und schickt diese Nachricht mit einem Boten, der den Adressaten offenbar gefunden hat.
    Zuhause hatten viele Boten eine etwas größere Hufe (Hof, vgl. S. 222), weil sie ja auch das Pferd und einen zusätzlichen Knecht für die Zeit ihrer Abwesenheit durchfüttern mussten. Vom Botenlohn konnte ihnen wohl über die Reisespesen hinaus etwas geblieben sein. Ab dem 13. Jahrhundert wuchs dann die Schriftlichkeit derart an, dass die Boten wirklich nur mehr Transporteure von Poststücken wurden.
    Im Nachrichtenverkehr zu und zwischen geistlichen Institutionen, aber auch für den diplomatischen Dienst bei Fürsten und Königen wurden Geistliche eingesetzt, denen man verantwortungsvolle Verhandlungen anvertrauen konnte. Sie besorgten daneben den gelehrten Austausch, indem sie nicht nur Nachrichten, sondern auch Abschriften von gelehrtem Schriftgut transportierten, nicht selten auf Bestellung.
    Die Reisegeschwindigkeiten hingen von der Verfügbarkeit von Reit-, Last- und Zugtieren ab. Viele Jahrhunderte lang schaffte man im Schnitt etwa 30 km am Tag. Das galt noch für die Postkutschenzeit; danach waren Reisende gründlich durchgeschüttelt.Hält man sich das vor Augen, wird man weniger spotten, wenn sich die Zeitgenossen fürchteten, als auf einmal die Eisenbahn 30 km in der Stunde zurücklegen konnte. In Sonderfällen konnten bei ständigem Pferdewechsel viel höhere Geschwindigkeiten erreicht werden. Den Rekord unter den mir vorliegenden Daten hält ein Doge, der beschuldigt worden war, in Venedig einen Brand gelegt zu haben: Er brachte auf der Flucht mit Pferden in der Poebene an einem Tag angeblich 200 km hinter sich.
    Im frühen Mittelalter findet man noch gelegentlich zweirädrige Wagen zum Personentransport, aber bald fanden sich offenbar keine geeigneten Straßen mehr. Wagen dienten fast nur für den Nah verkehr, vierrädrige, lange Zeit mit Scheibenrädern, für schwere Lasten und zweirädrige Karren für das Heu.
    Ferntransporte wurden im Ersten Mittelalter vor allem mit Saumtieren erledigt. Auch Säumer waren recht angesehen, und es gab eigene Säumerlehen, wo vermutlich auch die Tiere gehalten wurden. In den Alpen ergaben sich daraus gegenüber der Römerzeit neue Routen: Für die Saumtiere waren Steigungen keine Schwierigkeit, solange sie Futter bekommen konnten. Man war mindestens eine Woche lang in den Bergen, und wenn man das Futter hätte mitnehmen müssen, wäre kaum mehr Platz für die Nutzlast übrig geblieben. Daher ging man auch über höhere Pässe, wenn die zuführenden Täler und Hochebenen genug Wiesen hatten, die im Sommer nicht austrockneten. Erst im 14. und 15. Jahrhundert wurden viele Straßen wieder so ausgebaut, dass man sie mit Fuhrwerken befahren konnte.
    Geht man den mittelalterlichen Säumerrouten in den Alpen nach, macht man eine erstaunliche Entdeckung: Sie führen fast alle durch Gebiete, in denen Alpenromanen ihre Sonderkultur erhalten konnten, von den Rätoromanen in der Schweiz über den bis ins späte Mittelalter romanischen Vinschgau bis zu den Ladinern südlich des Pustertales. Das sind keineswegs Rückzugsgebiete, wie lange Zeit behauptet wurde, sondern Bereiche, in denen man die Bevölkerung besonders schützte, weil sie für die Infrastruktur desüberregionalen Verkehrs unverzichtbar war. Auch die bis ins frühe Mittelalter nachweisbare Sonderkultur der Alpenromanen im Salzburger Raum war zum Teil durch Verkehrswege und Pässe bedingt.
    Eine Schlüsselstelle für die Reise nach dem Süden war das Eisacktal: Seit die Römerstraße zerstört war, musste man unterhalb von Klausen bei Kollmann (Barbian) das Tal verlassen, um über die Hochebene des Ritten nach Süden weiterzuziehen, und kam erst wieder bei Bozen ins Tal hinunter. Erst im Jahr 1313 wurde der Grundstein für die Kardauner Brücke gelegt und 1314 von Graf Heinrich von Tirol das Privileg zur Erbauung einer Straße durch das Eisacktal ausgestellt. Diese Straße sollte von Heinrich und Kathrein Kunter in Stand gehalten werden, so dass sie den Namen Kuntersweg bekam. Aber der «Kaiserweg» über den Ritten wurde noch lange weiter begangen.
Wasserwege
    Wo immer es ging, benutzte man für Reise und Warentransport die Wasserwege. Für Fahrten ins Heilige

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